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Meggendorfer-Blätter — 61.1905 (Nr. 745-757)

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Nr. 749
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Meggen-orfer-Blätler, München


Ihre erste Nährt.

p^rau Stadtrat Werner war eine junge, hübsche, geistig voll-
O kommen normale Frau, aber sie litt an einer fixen Idee: sie
wollte nicht fahren, wedermit derEisenbahn, noch mit der Droschke,
noch mit dem Rad oder dem Automobil, noch sonst einem Vehikel.
Denn eine Wahrsagerin hatte ihr prophezeit, sie würde einmal
durch Fahren zu Schaden kommen, und ihre beste Freundin
hatte seinerzeit durch scheue Pferde einen schweren Unfall erlitten.

Darum also wollte Frau Mathilde nicht fahren, und ihr
Gatte, ein zur Fülle neigender, bequemer Herr, litt darunter
außerordentlich.
Daß wegen dieser Marotte seiner Frau die Hochzeitsreise
unterblieben war, bedauerte er am wenigsten, aber daß ihn
Mathilde zu stundenlangen Spaziergängen zwang, das ging ihm
auf die Dauer ganz gegen den Strich. Und so hatte er denn
eines Tages seiner Gattin
das versprechen abgerungen,
wenn sie erst einmal ohne
Unfall gefahren sei, wolle
sie für immer von ihrer
törichten Abneigung lassen
und Fahrgelegenheiten be-
nützen wie andre vernünftige
Menschen auch. Das hatte
sie ihm denn auch zugesagt,
mit dem listigen Hinter-
gedanken allerdings, daß es
ja ganz von ihr abhinge, es
zu diesem ersten Male nie-
mals kommen zu lassen.
Doch hier kam der Zu-
fall, der oft stärker ist, als
alle Frauenlist, dem bedräng-
ten Gatten zu Hilfe und
zwar auf folgende weise.
An einem schönen Som-
mertage ging das junge
paar, wie gewöhnlich, spa-
zieren. Da Frau Mathilde
vom Gehen etwas ermüdet
war, trat man in eine
Weinhandlung und kaufte
ein Fläschchen stärkenden
Malaga, das die Frau Stadt-
rat in ihren hellseidenen
Pompadour, der ihr vor-
trefflich zu dem gleich-
farbigen Sommerkleidchen
stand, steckte. Da sie aber
doch nicht so ohne weiteres
von dem belebenden Getränk
genießen konnte, so machte
man unterwegs noch einmal
Halt und zwar in einer
Konditorei, um dort etwas
zu ruhen. Und während dann
Frau Mathilde unter den
aufgehäuften Süßigkeiten
verschiedenes für ihr noch
süßeres Naschmäulchen aus-
suchte, hielt ihr der auf-
merksame Gatte das Täsch-
chen mit dem stärkenden
Malaga. Allein es genügt
nicht, daß Gatten aufmerk-
sam sind, sondern sie haben
auch die Pflicht, das zu be-
zahlen, was ihre besseren
Ehehälften einkaufen. Und
in Erkenntnis dieser galan-
ten Pflicht legte der Stadt-

Unnröglich.

„wenn's mit dem Malen nichts ist, dann studiere doch, Rosa; Chemie zum Beispiel!"
„Unmöglich, lieber Papa — da könnten ja meine Freundinnen denken, ich wollte auf einem
Umwege das Rochen lernen I"
 
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