Zeitschrift für Humor und Aunst
69
begleiten zu lassen oder sie zu begleiten? Ja, Rüchen I
Fällt ihm gar nicht im Traume ein. In keiner Gesell-
schaft, in keinem Theater, nirgends ist er zu fassen, kein
Bekannter kennt ihn . . . Praxis übt er auch nimmer aus.
Tin Narr könnt' man werdenI Ich habe mir schon den
Roxf zerbrochen, wie ich die Geschichte anpacken könnte —
das Mädel soll außerdem reich sein."
„Ich kenne ihn weiter auch nicht. Er soll schon früher
menschenscheu und ein richtiger Bücherwurm gewesen sein.
So 'ne Art umgestürzter Aktenkasten. wenn man ihn nur
wenigstens bei diesem Zipfel erwischen könnte?"
„Ich hab' schon daran gedacht, ich will ihm 'mal auf
die Bude steigen, er wohnt in seiner Villa draußen, und
ihn um Rat fragen in irgendeiner Sache."
Der Assessor schüttelte den Ropf. „Da wirst Du glatt
ausrutschen, Verehrtefter, so wie ich ihn kenne. Er kompli-
mentiert Dich hinaus, stell' ich mir vor. Außerdem riecht
er sofort den Braten, wenn Du Dich als Leutnant präsen-
tierst, wittert die Absicht und wird verstimmt. Aber warte
'mal. was wird geschmissen, wenn ich Dir das Geschäft
vermittle?"
„Geschäft," sagte der Leutnant entrüstet, „davon ist
keine Rede, aber am Tage meiner Verlobung zahl' ich drei
Rörbe Sekt, Shylock!"
„Drei Rörbe Sekt, am Tage der Verlobung, und Dein
Wort als Bürge — gut. Ich will mir's überlegen," er-
widerte der Assessor. „Ich werde Dich in drei Tagen Antwort
wissen lassen. So lange also warte mit einem eventuell
projektierten Selbstmord, Antonio." Damit empfahl er sich.
Am selben Abend schon suchte der theatralische Assessor
seinen Freund Marberg wieder auf. „Nun, spitze Deine
Ohren," sagte er, „und höre, was mein Genius mir zu-
flüsterte. Umhülle Deine Rnochen dieser Tage mit einem
schlichten, gut bürgerlichen Gewand. Dein Paupt aber
bedecke mit einem Strohhut. Und in solcher Verkleidung
— kein Mensch wird Dich als Offizier erkennen — ziehe
gegen Mittag hinaus vor die pütte, wo sie, die Un-
vergleichliche, die Luft mit ihrem Atem würzt.
Dorten, allwo geschrieben steht: ,vor dem punde wird
gewarnt*, schleudere mit kühnem Wurf Deinen put über
den Zaun, als ob die Windsbraut ihn Dir von Deiner
Denkerstirne gerissen hätte. Denselben put, den Du heute
nacht, um ihm einen guten Geruch zu verleihen, mit duftenden
Würsten gefüllt, aufbewahrt hast. Dämmert Dir ein Licht?"
„Unsinn," murrte der Leutnant.
„Ja, so etwas begreift nur das Gehirn des psycho-
logisch Entsiegelten. Merk also auf! Der pund stürzt sich
auf Deinen put und wird ihn, so die Götter gnädig sind,
mit einem Biß ruinieren. Davon überzeugst Du Dich und
dann läutest Du Sturm. Alles weitere ist Sache der Technik."
Der Assessor lehnte sich, im Triumph die Arme kreuzend,
zurück und maß seinen Freund mit überlegenen Blicken.
„Eigentlich ist das ein feiner plan," meinte nach-
sinnend der Leutnant. „Aber, aber . . . was ist der Schluß-
effekt? wir werden allerdings, wenn alles klappt, bekannt,
wenn aber der Alte fünf Mark berappen muß, denn an-
ständig mag er ja sein, wird er unter Umständen sehr
unangenehm und wirft mich erst recht und zwar mit Ver-
gnügen hinaus. Das hast Du wohl übersehen, Schlaumeier?"
Der Assessor lachte geringschätzig. „Das ist der Ein-
wurf eines kindlichen Gemütes, das jenseits aller Menschen-
kenntnis und Wissenschaft lebt. Ich wette die drei bewußten
Rörbe mit Dir, es wird ganz anders kommen."
„wieso?"
„Folge mir oder laß es bleiben, Reden hat keinen Sinn." Mit
diesen Worten zündete er sich eine Zigarette an und war um keinen
Preis mehr auf das Thema zurückzubringen. —
Nach längerem Zaudern entschloß sich Leutnant Marberg am
nächsten Tage, der Weisung seines Freundes trotz aller Bedenken
zu gehorchen.
Fatales Zusammentreffen.
— „Donnerwetteri Bin ich ein Pechvogell Dort kommt mein
Schneider, dem ich noch drei Anzüge schuldig bin, g'rad' auf
mich losgesch wommenl Dem muß ich um jeden Preis aus¬
weichen! Jetzt nur geschwind untertauchen, bis er-
vorüber ist!" — —
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begleiten zu lassen oder sie zu begleiten? Ja, Rüchen I
Fällt ihm gar nicht im Traume ein. In keiner Gesell-
schaft, in keinem Theater, nirgends ist er zu fassen, kein
Bekannter kennt ihn . . . Praxis übt er auch nimmer aus.
Tin Narr könnt' man werdenI Ich habe mir schon den
Roxf zerbrochen, wie ich die Geschichte anpacken könnte —
das Mädel soll außerdem reich sein."
„Ich kenne ihn weiter auch nicht. Er soll schon früher
menschenscheu und ein richtiger Bücherwurm gewesen sein.
So 'ne Art umgestürzter Aktenkasten. wenn man ihn nur
wenigstens bei diesem Zipfel erwischen könnte?"
„Ich hab' schon daran gedacht, ich will ihm 'mal auf
die Bude steigen, er wohnt in seiner Villa draußen, und
ihn um Rat fragen in irgendeiner Sache."
Der Assessor schüttelte den Ropf. „Da wirst Du glatt
ausrutschen, Verehrtefter, so wie ich ihn kenne. Er kompli-
mentiert Dich hinaus, stell' ich mir vor. Außerdem riecht
er sofort den Braten, wenn Du Dich als Leutnant präsen-
tierst, wittert die Absicht und wird verstimmt. Aber warte
'mal. was wird geschmissen, wenn ich Dir das Geschäft
vermittle?"
„Geschäft," sagte der Leutnant entrüstet, „davon ist
keine Rede, aber am Tage meiner Verlobung zahl' ich drei
Rörbe Sekt, Shylock!"
„Drei Rörbe Sekt, am Tage der Verlobung, und Dein
Wort als Bürge — gut. Ich will mir's überlegen," er-
widerte der Assessor. „Ich werde Dich in drei Tagen Antwort
wissen lassen. So lange also warte mit einem eventuell
projektierten Selbstmord, Antonio." Damit empfahl er sich.
Am selben Abend schon suchte der theatralische Assessor
seinen Freund Marberg wieder auf. „Nun, spitze Deine
Ohren," sagte er, „und höre, was mein Genius mir zu-
flüsterte. Umhülle Deine Rnochen dieser Tage mit einem
schlichten, gut bürgerlichen Gewand. Dein Paupt aber
bedecke mit einem Strohhut. Und in solcher Verkleidung
— kein Mensch wird Dich als Offizier erkennen — ziehe
gegen Mittag hinaus vor die pütte, wo sie, die Un-
vergleichliche, die Luft mit ihrem Atem würzt.
Dorten, allwo geschrieben steht: ,vor dem punde wird
gewarnt*, schleudere mit kühnem Wurf Deinen put über
den Zaun, als ob die Windsbraut ihn Dir von Deiner
Denkerstirne gerissen hätte. Denselben put, den Du heute
nacht, um ihm einen guten Geruch zu verleihen, mit duftenden
Würsten gefüllt, aufbewahrt hast. Dämmert Dir ein Licht?"
„Unsinn," murrte der Leutnant.
„Ja, so etwas begreift nur das Gehirn des psycho-
logisch Entsiegelten. Merk also auf! Der pund stürzt sich
auf Deinen put und wird ihn, so die Götter gnädig sind,
mit einem Biß ruinieren. Davon überzeugst Du Dich und
dann läutest Du Sturm. Alles weitere ist Sache der Technik."
Der Assessor lehnte sich, im Triumph die Arme kreuzend,
zurück und maß seinen Freund mit überlegenen Blicken.
„Eigentlich ist das ein feiner plan," meinte nach-
sinnend der Leutnant. „Aber, aber . . . was ist der Schluß-
effekt? wir werden allerdings, wenn alles klappt, bekannt,
wenn aber der Alte fünf Mark berappen muß, denn an-
ständig mag er ja sein, wird er unter Umständen sehr
unangenehm und wirft mich erst recht und zwar mit Ver-
gnügen hinaus. Das hast Du wohl übersehen, Schlaumeier?"
Der Assessor lachte geringschätzig. „Das ist der Ein-
wurf eines kindlichen Gemütes, das jenseits aller Menschen-
kenntnis und Wissenschaft lebt. Ich wette die drei bewußten
Rörbe mit Dir, es wird ganz anders kommen."
„wieso?"
„Folge mir oder laß es bleiben, Reden hat keinen Sinn." Mit
diesen Worten zündete er sich eine Zigarette an und war um keinen
Preis mehr auf das Thema zurückzubringen. —
Nach längerem Zaudern entschloß sich Leutnant Marberg am
nächsten Tage, der Weisung seines Freundes trotz aller Bedenken
zu gehorchen.
Fatales Zusammentreffen.
— „Donnerwetteri Bin ich ein Pechvogell Dort kommt mein
Schneider, dem ich noch drei Anzüge schuldig bin, g'rad' auf
mich losgesch wommenl Dem muß ich um jeden Preis aus¬
weichen! Jetzt nur geschwind untertauchen, bis er-
vorüber ist!" — —