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Meggendorfer-Blätter — 61.1905 (Nr. 745-757)

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Nr. 751
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https://doi.org/10.11588/diglit.28176#0085
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(Lin (Zskimo-Abenteuer.


— „Arine, arme Landsmännin,
wie kann man sich nur so versteigenI
Trost habe ich ihr zugesprochen, aber
leider kann ich sie nicht retten, weil
ich gar keine pilfsmittel habe. Doch

must ich ihr auf alle Fälle einen heißen
Grog kochen, den ich der Armen
an einem Seil hinunterlasse. Bei


Professors nebenan* — wieder diese Kilians I — Find meine Kunden und haben noch
niemals geklagt, da werden doch auch Ihnen, Frau — Fischer* — hier stöhnte die Frau
Professor wieder schmerzlich — ,meine Semmeln groß genug sein!* Damit zog der Grobian
rasselnd das Schiebefenster herab und ließ mich stehen. Ich war, wie Du Dir denken kannst,
außer mir."
„Arme Frau I Und bist Du sonstwo noch gewesen?"
„Ja, Alois, ich war auch in der Redaktion des Adreßbuches, damit auch da die nötige
Blenderung vorgenommen werde. Aber die Leute meinten, ich hätte eher kommen müssen,
das Adreßbuch sei bereits im Druck. Ich erwiderte, bei einigem guten willen würde sich
die Sache schon noch machen lassen und versprach, mich dafür erkenntlich zu zeigen. Das
könne ich nicht bezahlen, war die höhnische Antwort, und die Aenderung koste mehr, als der
ganze Professor wert wäre. Der ganze Professor! pörst Du?"
„Sei ruhig, meine Hildegard, das war nicht so böse gemeint, denke ich. Komm! Du
hast Dich so abgehetzt und wirst hungrig sein."
„Ja so — Du hast recht, wir haben noch nicht einmal gegessen! Aber ich habe
rein gar keinen punger." —
Ls war eine späte Dinerstunde, zu welcher sich jetzt die beiden niederließen. Ls
gab Brot und Käse, denn der Festbraten war nicht genießbar.
Aber Frau Hildegard sollte heute nicht zur Ruhe kommen. Kaum hatte sie sich der
nötigen Pausarbeit angenommen, als sie vom Geldbriefträger abgerufen wurde, der die
fälligen Zinsen von ihrer Schwester brachte und (Pachtung verlangte.
Dann mußte sie Toilette machen, denn sie war zu einem Nachmittagskaffee eingeladen.
Sie hatte zwar schon das „Gute" an, aber der Kopf mußte hoch frisiert und in das graue
paar eine Schleife verwebt werden, denn sie wollte heute als Frau Professor einen ihrer
Stellung angemessenen Lindruck machen.
„Lieber Alois," sagte sie, indem sie sich zum Gehen anschickte, „ich werde wohl heute
etwas länger bleiben. Die Verhältnisse werden es so mit sich bringen. Leb wohl, mein
Professorchen I"
Als sie fort war, setzte sich Alois in seinen alten Sorgenstuhl und begann über den
heutigen Tag nachzudenken. Der Professortitel hatte ihn sehr erfreut, und erst seine Frau
— die war einfach toll vor Glück geworden. Aber wenn er alles recht überlegte, so hatte
ihnen bisher die neue würde doch auch schon manches Ungemach gebracht.
während er noch sann, wurde die Glocke der Vorsaaltüre gezogen. Doch der Professor
rührte sich nicht. Lin banges Gefühl hielt ihn zurück, wie eine Ahnung kommenden
Unheils lag es auf ihm.
Aber da klingelte es noch einmal.
vielleicht konnte es sich doch um etwas Dringliches handeln. ... Lr sprang auf,
eilte hinaus und öffnete.
Sein Schneider stand vor ihm.
„Diener, perr Professor, ich komme nur, Ihnen meine untertänigsten wünsche aus
Anlaß Ihrer wohlverdienten Ernennung zum Professor ergebenst anzuzeigen. Ich Habemir
erlaubt, gleich Stoffproben und Maß mitzubringen, da Sie doch einen Frackanzug haben müssen."
„Linen Frackanzug?" meinte Alois verwundert.
„Ja, ganz gewiß, perr Professor, Sie haben ihn nötig, wenn Sie vom Fürsten in
Audienz empfangen werden."
„In Audienz?"
„Aber sicher — Sie müssen dein Fürsten doch Ihren Dank für die Ernennung aussprechen!"
„Ach was?"
„Müssen Sie — inüssen Sie — das haben sie alle tun müssen — Professor Grunz-
mann, Professor Kilian und alle." —
„wissen Sie das bestimmt, perr Ruppert?" fragte der Professor unsicher.
„Aber ja, ganz gewiß! Vielleicht werden Sie morgen schon befohlen. — Eile tut
not! Ich muß mich dazuhalten, daß ich noch fertig werde," drängte der Schneider geschäftig.
„Ja, wenn es denn sein muß, dann nehmen Sie Maß — und sputen Sie sich, daß
ich nicht in Verlegenheit komme."
„Wohl, wohl, perr Professor, Sie können sich auf mich verlassen. Noch in dieser
Stunde werde ich alles zuschneiden."
Das Maßnehmen ging überaus schnell vor sich, und ehe sich der Professor noch recht
besinnen konnte, war der Schneider auf und davon.
Als sich Alois Fischer wieder allein überlassen war, begann er ernstlich darüber nach-
zudenken, daß ein neuer Frackanzug doch große Anforderungen an seinen Geldbeutel stellen
würde. Lr war gewiß zu voreilig gewesen, was würde seine Frau dazu sagen!
Aus diesen Grübeleien weckte ihn ein neues Klingelzeichen, wieder hatte er das
beklemmende Gefühl eines nahenden Ungemachs. Nun, diesmal würde er sicherlich nicht öffnen.
(Fortsetzung SeNe 83)
 
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