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Meggendorfer-Blätter, München
Auch ein Grund.
— „So oft ich den Kerl da drüben anschaue, muß ich trinken, weil er ein so saures Gesicht macht."
Gelungene Abwehr.
1 girier den Choristen des N.schen Theaters gärte es. Sie wollten schon
lange bei dem Direktor Regenhart eine Ausbesserung ihrer Bezüge
durchsetzen, und heute sollte bei der vormittägigen Probe die Geschichte zum
Ulaxpen kommen. Flüsternd standen die Leute in kleinen Gruppen beisammen
und tauschten ihre Meinungen aus. Kaum war der mit heimlichem Bangen
erwartete Direktor eingetreten, so näherte sich ihm der Aelteste als Wort-
führer und brachte in wohlgesetzten Worten das Anliegen seiner Kollegen
vor. Da kam er aber schön an: „was, die Herren verlangen bei den
jetzigen schlechten Zeiten auch noch Erhöhung ihrer Gagen? Glauben
Sie denn, daß ich mir mit Ihrer Tätigkeit Reichtümer erworben habe, um
ein solches Ansuchen an mich zu stellen? Es tut mir leid, aber ich muß
Ihre Bitte rundweg ablehnen."
Auf eine gutwillige Gewährung ihrer Forderung hatten die Choristen,
die Zähigkeit ihres Direktors wohl kennend, nicht gerechnet und sich deshalb
entschlossen, gleich zum äußersten Mittel zu greifen und ihn dazu zu zwingen.
Der Wortführer ergriff also nochmals das Wort, um in höflichem, aber
bestimmtem Tone zu sagen: „perr Direktor, wir haben beschlossen, wenn
wir heute abend nicht Ihre Zusage haben, daß Sie unser bescheidenes
Verlangen bewilligen, unfern Dienst einzustellen."
Der Direktor erblaßte, warf dem Sprecher einen wütenden Blick zu
und schoß zur Türe hinaus. Gleich darauf hörte man das Telephon klingeln;
Direktor Regenhart hatte perrn Löwenberg, einen mit allen Salben gerie-
benen Agenten aufgerufen, um ihn um Rat zu fragen.
Der Abend kam und die Erregung der beteiligten Kreise stieg, wird
der Direktor nachgeben oder nicht? Diese Frage beschäftigte viele, denn
von dem Erfolge der Choristen hing es ab, ob auch andre, bei dem Theater
beschäftigte Berufe mehr verlangen würden. Plötzlich verbreitete sich die
Nachricht, daß eine größere Anzahl Leute, die niemand kannte, eingetreten
sei und sich im Zimmer des Direktors versammle. Die Gesichter der Choristen
wurden lang; der Direktor hatte wahrscheinlich Wege gefunden, das Un-
glaubliche wahr zu machen und sich im Laufe des Nachmittags Ersatz zu
schaffen. Die Bestürzung war allgemein, als der Direktor hereinkam und
mit kalt lächelnder Miene die Worte hinwarf: „wer auf der Forderung
Der gefundene Stempel.
Meggendorfer-Blätter, München
Auch ein Grund.
— „So oft ich den Kerl da drüben anschaue, muß ich trinken, weil er ein so saures Gesicht macht."
Gelungene Abwehr.
1 girier den Choristen des N.schen Theaters gärte es. Sie wollten schon
lange bei dem Direktor Regenhart eine Ausbesserung ihrer Bezüge
durchsetzen, und heute sollte bei der vormittägigen Probe die Geschichte zum
Ulaxpen kommen. Flüsternd standen die Leute in kleinen Gruppen beisammen
und tauschten ihre Meinungen aus. Kaum war der mit heimlichem Bangen
erwartete Direktor eingetreten, so näherte sich ihm der Aelteste als Wort-
führer und brachte in wohlgesetzten Worten das Anliegen seiner Kollegen
vor. Da kam er aber schön an: „was, die Herren verlangen bei den
jetzigen schlechten Zeiten auch noch Erhöhung ihrer Gagen? Glauben
Sie denn, daß ich mir mit Ihrer Tätigkeit Reichtümer erworben habe, um
ein solches Ansuchen an mich zu stellen? Es tut mir leid, aber ich muß
Ihre Bitte rundweg ablehnen."
Auf eine gutwillige Gewährung ihrer Forderung hatten die Choristen,
die Zähigkeit ihres Direktors wohl kennend, nicht gerechnet und sich deshalb
entschlossen, gleich zum äußersten Mittel zu greifen und ihn dazu zu zwingen.
Der Wortführer ergriff also nochmals das Wort, um in höflichem, aber
bestimmtem Tone zu sagen: „perr Direktor, wir haben beschlossen, wenn
wir heute abend nicht Ihre Zusage haben, daß Sie unser bescheidenes
Verlangen bewilligen, unfern Dienst einzustellen."
Der Direktor erblaßte, warf dem Sprecher einen wütenden Blick zu
und schoß zur Türe hinaus. Gleich darauf hörte man das Telephon klingeln;
Direktor Regenhart hatte perrn Löwenberg, einen mit allen Salben gerie-
benen Agenten aufgerufen, um ihn um Rat zu fragen.
Der Abend kam und die Erregung der beteiligten Kreise stieg, wird
der Direktor nachgeben oder nicht? Diese Frage beschäftigte viele, denn
von dem Erfolge der Choristen hing es ab, ob auch andre, bei dem Theater
beschäftigte Berufe mehr verlangen würden. Plötzlich verbreitete sich die
Nachricht, daß eine größere Anzahl Leute, die niemand kannte, eingetreten
sei und sich im Zimmer des Direktors versammle. Die Gesichter der Choristen
wurden lang; der Direktor hatte wahrscheinlich Wege gefunden, das Un-
glaubliche wahr zu machen und sich im Laufe des Nachmittags Ersatz zu
schaffen. Die Bestürzung war allgemein, als der Direktor hereinkam und
mit kalt lächelnder Miene die Worte hinwarf: „wer auf der Forderung
Der gefundene Stempel.