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Meggendorfer-Blätter — 61.1905 (Nr. 745-757)

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Nr. 757
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https://doi.org/10.11588/diglit.28176#0161
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s56

Isieggendorfer-Bläller, Aiünchen



begünstigte. Die Frau Direktor behauptete sogar, Frau Müller
habe in schamloser weise, nur um zu triumphieren, diesen
Zufall bei den Haaren herbeigezogen, ihm mindestens stark unter
die Arme gegriffen.
Kurzum, es sei, wie es wolle, die Hauptsache war, daß eines
Mittags zwischen elf und zwölf Uhr aus dem Kammerfenster der
Müllerschen nicht ein delikater, getrüffelter Fasan oder Edelkrebse,
von denen drei aufs Hfund gehen, herausschauten, sondern ein
glückstrahlender, junger Doktor und eng an ihn geschmiegt seine
Braut, die ungezogene Range von einer Auguste Müller, die
achtzehnjährige Tochter des In¬
genieurs, die sich soeben verlobt hatte.
Das war freilich ein Meister¬
schuß, denn Frau Direktors Aelteste
zählte bereits fünfundzwanzig
Jahre und machte schon keine Bälle
mehr mit.

sie sich gegenseitig ein paarmal im Monat zu Tisch. Und jeder
sieht strenge darauf, daß man sich nicht lumpen läßt. — Man
muß sich zu helfen wissen.

Ze nachdem.
Junge Frau (zu ihrem Gatten): „Hast Du schon einmal Sehn-
sucht nach dein Tode gehabt?"
Er: „Wessen Tod meinst Du denn?"

Venüht.

Als am selbigen Abend die
beiden alten Herren sich wieder-
sahen, da schnitten die zwei recht
betrübte Gesichter.
„Was hat's denn heute bei Dir
zu Mittag gegeben?" fragte Müller
den Direktor.
„Einen Krach mit Rindfleisch
und versalzenen Spinat," erwiderte
dieser trübselig lächelnd.
Müller nickte traurig mit den:
Kopf. „Ja, ja, es wär' zu schön
gewesen. Schade, es waren doch
herrliche Zeiten. Jammerschadel
wir müssen rein wieder 'was er-
finden."
„Ach," seufzte der Direktor,
„nur einmal -blüht im Leben der
Mai. So billig kriegen wir's nimmer.
Ich werde heut' mein Fenster ver-
hängen lassen."
„warum denn? wir bleiben
doch deswegen hoffentlich die
Alten?"
„Das wäre das Höhere, wenn
wir uns darüber noch grauere
Haare wachsen ließen, als wir schon
haben. Aber, hör 'mal, um eines
bitt' ich Dich. Du darfst es mir
nicht übel nehmen."
„Na, und?"
„Erweise mir den Gefallen
und tu mir den Doktor von der
Auslage heraus. Er verdirbt mir
das einzige, was ich noch habe,
die schönen Erinnerungen."
„Gut," sagte der Ingenieur
lachend, „das wird gemacht."
Bald darauf verfiel indessen
der erfindungsreiche Ingenieur auf
einen teilweisen Ersatz. Jetzt laden

Fritz: „weißt Du, was ich glaube?"
Schwester: „was denn, Fritz?"
Fritz: „wenn ich nicht im Zimmer wär', möcht' der Herr Referendar Dich sicher küssen."
Schwester: „Auf der Stelle gehst Du hinaus, Du ungezogener Jungel"

Verantwortlicher Redakteur: Ferdinand Schreiber jr. Druck von I. F. Schreiber, beide in Eßlingen bei Stuttgart
In «Oesterreich-Ungarn für Herausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in Wien I.
Verlag von I. F. Schreiber in München und Ehlingen.
 
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