e g g e n d o r f e r s Humoristische Blätter.
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Nißgunst.
Läuerin <welche sich in der Stadt eine Fli-genleimdiite gekanft, bcin,
Uustritt aus dem Raufladcn): „H?etZ, tvedl, ös rtctlkete tlkllck N I t)ös
kuufet i jo inoane Muck'n dahoam!"
Das Gtück.
Lui Märcherl vorr Or. T h. Airchrrer.
/V^.s war in den Tagen, da der Fliedcr blnhte und das war
eine fröhlichc, herrliche Zeit.
Iung Iochen aber kain iveinend ans dcr Schnle
nach kjause.
„kvas gicbt's denn Iochen?" fragte die Großmutter und
strich ihm das Flachshaar aus der Stirn, „bist Du unartig ge-
wesen?"
„Ach, nein, Großmutterl" heulte Iochen, „neinl"
„Nun also, was gab es dcnn?"
„M, alle die schönen Märchen, dle Du mir erzäl)lt l,ast, sind
nicht wahrl der Lehrer sagte esl" Dabei blickte Iochen ,»it
seinen senchten Rinderaugen zur Großmutter empor und setzte
traurig lfinzu: „und der mnß es doch am besten wissen, nicht
wcchr?"
„Ia wohl, Iochen, der iveiß es am bestcn. Aber was liegt
daran, daß die Märchen nicht watzr sind?"
„Ia" sagte Iochen und die Ttzränen rannon ihm wieder
an den kvangcn herab, „dann kann ich ja auch keine Prinzessin
bekommen, wie der Schneidergeselle, der Sieben anf einen Schlag
erschlug, und kann nicht gliicklich werden l"
„B du närrischer Iunge, 2nl" rief die Großmutter „2u
kannst dechalb doch glücklich werden auch ohne jlrinzessin, nnr
mußt Du das Gliick findenl"
„kvirklich?"
„Ia, gewißl"
„klnd wo ist das Glück, Großmutter?" fragte Iochen, in-
dem cr sich dic Ltzränen mit dem Aermel aus den Augen wischte.
Dic Großmutter aber blickte sast ivefimütig lächelnd zu ihm
binab und meinte: „Ia, wo ist es wcchl, Iochen? Nicht hier
und nicht dort uud doch überall, wo es einer zn finden weißl
lllußt es eben suchenl"
Das Glück.
„Das rvill ich l" sagte jung Iochen „das will ich; ist es
vielleicht dort im lvalde, weißt Du, wo Du gesagt hast, daß
das Märchen wohnt?"
„Rann sein, Iochen, kann seinl" versetzte die Großmutter
„aber jeht trockne deine Thränen und komm', das Mittagbrot
wartetl"-
„Ia, es war in den Tagen, da der Llieder blühte, und jnng
Iochen ging das Gliick suchen. Selbstredend suchte er es in
dem 'valde: denn die Großmuttcr hatte ja gesagt, daß es da
wohl zu finden sei.
G, wie schön war cs hier l Das helle, frische Laub leuchtetc
im Sonnenscheine, und überall ringsum waren Blüten an Blüten:
Blüten auf den Bänmen, Blüten im Grasc, Blüten selbst auf
den wcg gestreut — den er ging. In den Zweigen sangen
die vögel, schillerndc Fliegen summten und surrten von Blume
zn Blume, über dcn kveg liefen geschäftige Aäfer, ja einmal
sogar eine kecke Goldamsell
V, wie schön war es hier l Und was das Bächlein da
im Grase alles zu erzählen wußte! Aber das wollte jung
Iochen gar nicht anhören. !vas das Bächlein erzählen mochtc,
waren ohnehin uichts als Märchen, und die waren ja Lügen!
Und jung Iochen ging und ging l Der tvald wurde immer
dichter und rauschte geheimnisvoll über seinem bsaupte. Vb er
wohl hente das Glück finden würde? Und wenn auch heute
nicht, dann wird er morgen wieder ... — Aber was ist das?
Iung Iochen blieb mit einem Male wie angewurzelt stehen.
vor ihm saß unter einer mächtigen uralten Liche eine schöne
^rau. Ueber ihrem kjaupte glitzertc cin blauschimmernder Stern
und ein schlankes Rch ruhte surchtlos zu ihren Füßen.
Beinahe wäre jung Iochen sofort wiedcr davon gelaufcn,
aber die Frau winkte ihn lächelnd zu sich. Lr wagte es denn
nähcr zu treten und sie genauer anznsehen: aus dem schönen
Gesichte blicktcn ihn ein Paar brauner träumerischer Augen so
gütig an, daß er sich ein kjerz nahm und sragte:
„Bist Du das Gliick?"
„Ia, so nennt man michl" sagte das schöne kvesen „aber
komm' her zu mir und fürchte Dich nicht!"
„G, ich fürchte mich nicht vor Dirl" erwiderte jung Iochen
freudig und setzte sich neben sie ins Gras. „Du bist ja das
Glück: wie könntest Du böse seinl"
Sie faßte ihn bei der tsand und blickte sinnend in die Ferne.
Aber jung Iochen konnte nicht lange still sitzcn: „Sage
doch" sprach er lebhaft, ihr in das Gesicht blickend, „kannst Du
mich glücklich machen?"
„Dich glücklich machcn?" vcrsetzte sie „freilich."
„Aber wie? wic? was soll ich thun, was wirst Du mir
geben, damit ich glücklich sei?"
„Nichts werde ich Dir gebenl" sprach das Gliick „aber ich
will Dir sagen, was Du thun mußt, um es zu werdenl"
„Ach, beginne, bitte l"
„Aber Du darsst nicht an mir zweiseln und mußt alles
glanben, sonst muß ich Dich verlassen!"
,,2a, ja alles — fange nnr an!"
„Gut deun l" bcgann das Glück „weit hinter diesem kvalde
und den sernen Bergen, die in goldigen Dunst getaucht sind,
steht auf steilen Felsen ein herrliches Schloß. lhell glitzern und
gleißen die goldenen Areuze und Anaufe weithin über die um-
gebenden lvälder in das Land hinaus nnd die Fenster glänzen
im Sonnenscheine, als wären sie eitel Feuerl"
Iung Iochen hörte aufmerksam zu, und hätte sich um
alles in der lvelt auch nicht ein einziges lvort entgehen lassen.
„In diesem Schlosse", fuhr das Gliick fort „wohnt cinc
schöne Prinzessinl"
„Prinzessin?" fragte Iochen mißtrauisch.
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Nißgunst.
Läuerin <welche sich in der Stadt eine Fli-genleimdiite gekanft, bcin,
Uustritt aus dem Raufladcn): „H?etZ, tvedl, ös rtctlkete tlkllck N I t)ös
kuufet i jo inoane Muck'n dahoam!"
Das Gtück.
Lui Märcherl vorr Or. T h. Airchrrer.
/V^.s war in den Tagen, da der Fliedcr blnhte und das war
eine fröhlichc, herrliche Zeit.
Iung Iochen aber kain iveinend ans dcr Schnle
nach kjause.
„kvas gicbt's denn Iochen?" fragte die Großmutter und
strich ihm das Flachshaar aus der Stirn, „bist Du unartig ge-
wesen?"
„Ach, nein, Großmutterl" heulte Iochen, „neinl"
„Nun also, was gab es dcnn?"
„M, alle die schönen Märchen, dle Du mir erzäl)lt l,ast, sind
nicht wahrl der Lehrer sagte esl" Dabei blickte Iochen ,»it
seinen senchten Rinderaugen zur Großmutter empor und setzte
traurig lfinzu: „und der mnß es doch am besten wissen, nicht
wcchr?"
„Ia wohl, Iochen, der iveiß es am bestcn. Aber was liegt
daran, daß die Märchen nicht watzr sind?"
„Ia" sagte Iochen und die Ttzränen rannon ihm wieder
an den kvangcn herab, „dann kann ich ja auch keine Prinzessin
bekommen, wie der Schneidergeselle, der Sieben anf einen Schlag
erschlug, und kann nicht gliicklich werden l"
„B du närrischer Iunge, 2nl" rief die Großmutter „2u
kannst dechalb doch glücklich werden auch ohne jlrinzessin, nnr
mußt Du das Gliick findenl"
„kvirklich?"
„Ia, gewißl"
„klnd wo ist das Glück, Großmutter?" fragte Iochen, in-
dem cr sich dic Ltzränen mit dem Aermel aus den Augen wischte.
Dic Großmutter aber blickte sast ivefimütig lächelnd zu ihm
binab und meinte: „Ia, wo ist es wcchl, Iochen? Nicht hier
und nicht dort uud doch überall, wo es einer zn finden weißl
lllußt es eben suchenl"
Das Glück.
„Das rvill ich l" sagte jung Iochen „das will ich; ist es
vielleicht dort im lvalde, weißt Du, wo Du gesagt hast, daß
das Märchen wohnt?"
„Rann sein, Iochen, kann seinl" versetzte die Großmutter
„aber jeht trockne deine Thränen und komm', das Mittagbrot
wartetl"-
„Ia, es war in den Tagen, da der Llieder blühte, und jnng
Iochen ging das Gliick suchen. Selbstredend suchte er es in
dem 'valde: denn die Großmuttcr hatte ja gesagt, daß es da
wohl zu finden sei.
G, wie schön war cs hier l Das helle, frische Laub leuchtetc
im Sonnenscheine, und überall ringsum waren Blüten an Blüten:
Blüten auf den Bänmen, Blüten im Grasc, Blüten selbst auf
den wcg gestreut — den er ging. In den Zweigen sangen
die vögel, schillerndc Fliegen summten und surrten von Blume
zn Blume, über dcn kveg liefen geschäftige Aäfer, ja einmal
sogar eine kecke Goldamsell
V, wie schön war es hier l Und was das Bächlein da
im Grase alles zu erzählen wußte! Aber das wollte jung
Iochen gar nicht anhören. !vas das Bächlein erzählen mochtc,
waren ohnehin uichts als Märchen, und die waren ja Lügen!
Und jung Iochen ging und ging l Der tvald wurde immer
dichter und rauschte geheimnisvoll über seinem bsaupte. Vb er
wohl hente das Glück finden würde? Und wenn auch heute
nicht, dann wird er morgen wieder ... — Aber was ist das?
Iung Iochen blieb mit einem Male wie angewurzelt stehen.
vor ihm saß unter einer mächtigen uralten Liche eine schöne
^rau. Ueber ihrem kjaupte glitzertc cin blauschimmernder Stern
und ein schlankes Rch ruhte surchtlos zu ihren Füßen.
Beinahe wäre jung Iochen sofort wiedcr davon gelaufcn,
aber die Frau winkte ihn lächelnd zu sich. Lr wagte es denn
nähcr zu treten und sie genauer anznsehen: aus dem schönen
Gesichte blicktcn ihn ein Paar brauner träumerischer Augen so
gütig an, daß er sich ein kjerz nahm und sragte:
„Bist Du das Gliick?"
„Ia, so nennt man michl" sagte das schöne kvesen „aber
komm' her zu mir und fürchte Dich nicht!"
„G, ich fürchte mich nicht vor Dirl" erwiderte jung Iochen
freudig und setzte sich neben sie ins Gras. „Du bist ja das
Glück: wie könntest Du böse seinl"
Sie faßte ihn bei der tsand und blickte sinnend in die Ferne.
Aber jung Iochen konnte nicht lange still sitzcn: „Sage
doch" sprach er lebhaft, ihr in das Gesicht blickend, „kannst Du
mich glücklich machen?"
„Dich glücklich machcn?" vcrsetzte sie „freilich."
„Aber wie? wic? was soll ich thun, was wirst Du mir
geben, damit ich glücklich sei?"
„Nichts werde ich Dir gebenl" sprach das Gliick „aber ich
will Dir sagen, was Du thun mußt, um es zu werdenl"
„Ach, beginne, bitte l"
„Aber Du darsst nicht an mir zweiseln und mußt alles
glanben, sonst muß ich Dich verlassen!"
,,2a, ja alles — fange nnr an!"
„Gut deun l" bcgann das Glück „weit hinter diesem kvalde
und den sernen Bergen, die in goldigen Dunst getaucht sind,
steht auf steilen Felsen ein herrliches Schloß. lhell glitzern und
gleißen die goldenen Areuze und Anaufe weithin über die um-
gebenden lvälder in das Land hinaus nnd die Fenster glänzen
im Sonnenscheine, als wären sie eitel Feuerl"
Iung Iochen hörte aufmerksam zu, und hätte sich um
alles in der lvelt auch nicht ein einziges lvort entgehen lassen.
„In diesem Schlosse", fuhr das Gliick fort „wohnt cinc
schöne Prinzessinl"
„Prinzessin?" fragte Iochen mißtrauisch.