Meggendorfer- y u ino ri stisch e Blätter.
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Der pfisfige Lepp.
5epp, der gerne, wie so viele andere Sepp's nnd Nichtsepp's
ins lvirtshans gina und dann dart Stiefei bckain, die nicht wic-
der herausgehen wollten, wurdc fast jedcn llbend, imnier wenn
es ihin ain besten schinefitc, von sciner acstrengen Lhehalfte in
sehr energischcr kvcise zur bseiinkehr ausgcfordert. Lange griibelte
cr hin und her, wio diesein „schreienden" Nebeistande abzuhelfen
wäre, cndlich kain ihni ein Gedaukc: 'venn dio kritische Zeit
dcs „Abholens" herannahtc, iies; sich §epp gleich siinf Ariigel
Bier bringen nnd erwartetc seine holde Gattin-auf eincin
schwer erreichbaren Bauinastc siycnd.
(Liir Kartettlruufistück.
Humorcsle von Dlio Behrend.
o strenge der Mberst von Lrause im Dicnst war, so liebens-
wiirdig zeigte cr sich i»i kaineradschaftlichen Oorkehr init
seinen Gffizieren, und fiir klcine leichtsinnige Schwachen
seiner Licntenants hattc er stets ein wohlwollendes verständnis.
Nnr in einer Sacho kannte er keine Nachsicht, und das war das
ksazardspiel.
Nicht, als wenn ihm die Ncigung hierzu nnbegreislich ge-
wesen wärc — nein, im Gegenteil — in seinen jungen Iahren
hatte cr selbst leidenschaftlich gespielt. Aber durch diesc Leidenschaft
wäre cr nm ein tsaar dem vollständigen Ruin entgegengefiihrt
wordcn, wenn es ihm nicht noch mit nnendlichen Schwierigkciten
gelungcn wäre, sich iiber wasser zu halten; fiinszehn Iahrc
Lin Aartenkunftsiück.
hatte er gebraucht, die Folgen ciner einzigen Spielnacht zu
überwindcn, und er hatte eine heilsamc Lehre daraus gezogen.
So oft ihn seit jener Nacht auch das alte Fieber wieder
gepackt hatte, er war stets standhaft geblieben, wenn auch
nicht immer ohne Aufwendung seiner ganzen Selbstbeherrschung;
nur zu einer Partie Skat, aber höchstens um einige Pfennig,
war ihm hie nnd da eine Aarte in die lhand gekommen.
weil er nun so dic verderblichste aller Leidenschasten und
ihre gefährlichen Lockungen aus eigener schlimmer Lrsahrung
kannte, deshalb und nicht nur, weil höheren Vrts cin verbot
vorlag, suchte er seine jungen Vffiziere davor zu bewahren.
Lr strafte ohne Rücksicht, wenn ihm von eincm zu Vhren kam,
das; er lsazard gespielt hatte, und ost nahm er eine geeignete
Gelegenheit wahr, wieder uud wiedcr das Spiel zu untersageu
uud von diesem verderblichsten Teufcl ciudringlich zu warnen.
Doch dieser Teufel ist oft mächtiger, als selbst ein strenger
vorgesetzter, und so geschah es auch, daß trotz aller verbotc
in einem lsinterstübchen des Ratskellers bisweilen eine kleine
Bank gelegt wurde. Dcr Gberst hatte hiervon wind bekom-
men und stellte sich gelegcntlich als anscheinend arglosen Be-
sucher zu cinem Glasc Bier ein, war aber noch nie imstande
gewesen, das geringste verdächtige zn cntdecken. Dies lag
indes allein daran, daß die lserren Licutenants ihre vorsichts-
maßregeln getroffen hatten und stets rechtzeitig vom wirtc
gewarnt wurden.
Lines Abends saßen sie auch wieder bei einem gemütlichcn
lliaeao, als das warnungssignal, ein heller Glockenschlag
an der Zimmerdecke, crtönte. Im Nu vcrschwand alles Geld
und was sonst den verräter spieleu konnte, vom Tische, und
als sich cin wenig später dic Thür öffncte, saß eine gauz harm-
losc Gcsellschaft beim Lier, quer voran der Lieutenant v. ttlk-
witz, der Rcgimeutsadjutant, zwei Spiele Aarten zwischen den
ksändcn.
Beim Lrschcincn ihres Aommandcurs fuhrcn alle stramm
in die lsöhe.
„Gutcn Abend, mcine lscrren," begrüßte sie v. Brausc.
„Guten Abend, läerr Vberst", klang es im Lhor zurück,
und dcr Nächste spraug hinzu, dem vorgesetzten beim Ablegen
des tttantels behülflich zu scin.
„Danke Ihnon sehr — abcr, bitte setzcn Sie sich doch,
mcine lserren — und licber Brenke, klingeln Sie einmal, ich
möchte ein Gläschen in Ihrer Runde trinken; die Aellnerin
scheint mich noch nicht bemcrkt zu haben. — was treiben
Sie heutc dcnn? Lassen Sie sich durch mich nicht stärcn —
fahren Sie rnhig sort, ich schließe mich an."
„wir waren grade dabei, Aartenkunststücke zu machen,
lserr Vberst," cntgegnete der kecke ttlkwitz. Lr war als guter
Adjutant und vor allem als schncidiger Reiter bei seinem
Uommandeur sehr in Gunst, wenn er auch als ein etwas leichtes
lserrchen galt. Auch die Frau Aommandeur sah ihn gern, und
Fräulein Alärchen vollends war, trotzdem sie erst fünfzehn Jahre
zählte, schon vollstäudig weg in den jungen, foschen ttlanen,
der jeden Tag zu ihrem vater ins ljaus kam.
„Also Aartcnkuuststücke", sagte der Vberst und blickte
doch ein wenig mißtrauisch auf dem Tisch umher und über
die Gesichter der Lieutenants. Aber unschnldig schauten alle
drein, wie die neugeborenen Ainder. „Da sind Sie natürlich
wieder ttteister, Ulkwitz? ttiachen Sie nur weiter."
„wenn ljerr Vberst gestatten — ich produzierte grade das
voltcschlagen."
Iierlich nahm er einen Pack Aarten in die rechte lsand
und zeigte sie einem etwas entfernter sitzenden Aameradeu.
„welche Aarte liegt unten, jdlank?"
„Aaro Zehn", erwiderte dieser richtig, doch bevor er noch
ausgesprochen hatte, hörte man ein kurzes, scharses Ulappen
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Der pfisfige Lepp.
5epp, der gerne, wie so viele andere Sepp's nnd Nichtsepp's
ins lvirtshans gina und dann dart Stiefei bckain, die nicht wic-
der herausgehen wollten, wurdc fast jedcn llbend, imnier wenn
es ihin ain besten schinefitc, von sciner acstrengen Lhehalfte in
sehr energischcr kvcise zur bseiinkehr ausgcfordert. Lange griibelte
cr hin und her, wio diesein „schreienden" Nebeistande abzuhelfen
wäre, cndlich kain ihni ein Gedaukc: 'venn dio kritische Zeit
dcs „Abholens" herannahtc, iies; sich §epp gleich siinf Ariigel
Bier bringen nnd erwartetc seine holde Gattin-auf eincin
schwer erreichbaren Bauinastc siycnd.
(Liir Kartettlruufistück.
Humorcsle von Dlio Behrend.
o strenge der Mberst von Lrause im Dicnst war, so liebens-
wiirdig zeigte cr sich i»i kaineradschaftlichen Oorkehr init
seinen Gffizieren, und fiir klcine leichtsinnige Schwachen
seiner Licntenants hattc er stets ein wohlwollendes verständnis.
Nnr in einer Sacho kannte er keine Nachsicht, und das war das
ksazardspiel.
Nicht, als wenn ihm die Ncigung hierzu nnbegreislich ge-
wesen wärc — nein, im Gegenteil — in seinen jungen Iahren
hatte cr selbst leidenschaftlich gespielt. Aber durch diesc Leidenschaft
wäre cr nm ein tsaar dem vollständigen Ruin entgegengefiihrt
wordcn, wenn es ihm nicht noch mit nnendlichen Schwierigkciten
gelungcn wäre, sich iiber wasser zu halten; fiinszehn Iahrc
Lin Aartenkunftsiück.
hatte er gebraucht, die Folgen ciner einzigen Spielnacht zu
überwindcn, und er hatte eine heilsamc Lehre daraus gezogen.
So oft ihn seit jener Nacht auch das alte Fieber wieder
gepackt hatte, er war stets standhaft geblieben, wenn auch
nicht immer ohne Aufwendung seiner ganzen Selbstbeherrschung;
nur zu einer Partie Skat, aber höchstens um einige Pfennig,
war ihm hie nnd da eine Aarte in die lhand gekommen.
weil er nun so dic verderblichste aller Leidenschasten und
ihre gefährlichen Lockungen aus eigener schlimmer Lrsahrung
kannte, deshalb und nicht nur, weil höheren Vrts cin verbot
vorlag, suchte er seine jungen Vffiziere davor zu bewahren.
Lr strafte ohne Rücksicht, wenn ihm von eincm zu Vhren kam,
das; er lsazard gespielt hatte, und ost nahm er eine geeignete
Gelegenheit wahr, wieder uud wiedcr das Spiel zu untersageu
uud von diesem verderblichsten Teufcl ciudringlich zu warnen.
Doch dieser Teufel ist oft mächtiger, als selbst ein strenger
vorgesetzter, und so geschah es auch, daß trotz aller verbotc
in einem lsinterstübchen des Ratskellers bisweilen eine kleine
Bank gelegt wurde. Dcr Gberst hatte hiervon wind bekom-
men und stellte sich gelegcntlich als anscheinend arglosen Be-
sucher zu cinem Glasc Bier ein, war aber noch nie imstande
gewesen, das geringste verdächtige zn cntdecken. Dies lag
indes allein daran, daß die lserren Licutenants ihre vorsichts-
maßregeln getroffen hatten und stets rechtzeitig vom wirtc
gewarnt wurden.
Lines Abends saßen sie auch wieder bei einem gemütlichcn
lliaeao, als das warnungssignal, ein heller Glockenschlag
an der Zimmerdecke, crtönte. Im Nu vcrschwand alles Geld
und was sonst den verräter spieleu konnte, vom Tische, und
als sich cin wenig später dic Thür öffncte, saß eine gauz harm-
losc Gcsellschaft beim Lier, quer voran der Lieutenant v. ttlk-
witz, der Rcgimeutsadjutant, zwei Spiele Aarten zwischen den
ksändcn.
Beim Lrschcincn ihres Aommandcurs fuhrcn alle stramm
in die lsöhe.
„Gutcn Abend, mcine lscrren," begrüßte sie v. Brausc.
„Guten Abend, läerr Vberst", klang es im Lhor zurück,
und dcr Nächste spraug hinzu, dem vorgesetzten beim Ablegen
des tttantels behülflich zu scin.
„Danke Ihnon sehr — abcr, bitte setzcn Sie sich doch,
mcine lserren — und licber Brenke, klingeln Sie einmal, ich
möchte ein Gläschen in Ihrer Runde trinken; die Aellnerin
scheint mich noch nicht bemcrkt zu haben. — was treiben
Sie heutc dcnn? Lassen Sie sich durch mich nicht stärcn —
fahren Sie rnhig sort, ich schließe mich an."
„wir waren grade dabei, Aartenkunststücke zu machen,
lserr Vberst," cntgegnete der kecke ttlkwitz. Lr war als guter
Adjutant und vor allem als schncidiger Reiter bei seinem
Uommandeur sehr in Gunst, wenn er auch als ein etwas leichtes
lserrchen galt. Auch die Frau Aommandeur sah ihn gern, und
Fräulein Alärchen vollends war, trotzdem sie erst fünfzehn Jahre
zählte, schon vollstäudig weg in den jungen, foschen ttlanen,
der jeden Tag zu ihrem vater ins ljaus kam.
„Also Aartcnkuuststücke", sagte der Vberst und blickte
doch ein wenig mißtrauisch auf dem Tisch umher und über
die Gesichter der Lieutenants. Aber unschnldig schauten alle
drein, wie die neugeborenen Ainder. „Da sind Sie natürlich
wieder ttteister, Ulkwitz? ttiachen Sie nur weiter."
„wenn ljerr Vberst gestatten — ich produzierte grade das
voltcschlagen."
Iierlich nahm er einen Pack Aarten in die rechte lsand
und zeigte sie einem etwas entfernter sitzenden Aameradeu.
„welche Aarte liegt unten, jdlank?"
„Aaro Zehn", erwiderte dieser richtig, doch bevor er noch
ausgesprochen hatte, hörte man ein kurzes, scharses Ulappen