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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 24.1896 (Nr. 262-274)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16562#0099
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Mcggei,dorfers huinoristische Blätt^r

95

Baltbasar Nebelkrähe.

lcinds zu verschaffcn und schlug
gierig den Buchstabcn „N" nach

— rcrgcblich! §s gab nur eiue
Nebclkrähe in der U?elt uud
das war ich! Ich wiirdo der
tliärtyrer mcines Namcns wer-
den. —

Das ist aber leichtcr gcsagt
als gethan. — Ich war zum
Iiingliug herangewachsen und
hatte als solcher großcs Iute-
resse fiir dic jüngcre Damcn-
welt. — Täglich begegnetc ich
eiucm jungcn iNädchen, ivelches
mir außcrordcntlich wohl gefiel;
sic errötetc jedesmal, wenn sie
mich erblickte, uud ich hattc ge-
hört, daß dics ein gutcs Zeicheu
sei und eiue Ermutiguug siir
dcn mäiinlicheii Teil bedcutc.

Lpäter traf ich sie in Loireen
nnd öffentlichen Gärten und
mcincm inneren Drango folgcnd
nähcrtc ich mich ihr. — lltit
eiucm undcutlichen Gemurmel
stellte ich mich vor; fie führte !
mich sittsam an den Tisch, wo I
ihre Lltern saßcn; ich wiedcr- ^
holtc mein Gemnrmel, wurde
crsucht jdlatz zn nehmen und !
bald saßen wir in angcuehmer !
l.Interhaltung. — In seliger
Nergcssenhcit vcrlebte ich einige ^
glückliche Stunden, erst beim
Abschied gab cs mir wieder
cinen Stich durchs kserz. —

„Lebcn 5ie wohl, liebes csräu-
lein Fcli!", — so hieß sie näni-
lich mit vornameu, wie ich ge-
hört hatte. „Gleichsalls, Iserr

— ch". — „Na gnten Abend,
kserr — eh l?" — „Lassen Sic
sich mal wieder seheu, wir siud
schr oft hier, lscrr — eh!" —

„Mie heißt cr eigeutlich? !"
gehcn alle drei zuglcich fragcn.

Aber was nun! Sollte ich schreiben? Dann war uatnrlich
alles aus. Uebrigens kannte ich wcder Namen noch Adresse.
Dcr Alte hatte wohl in der erstcn Uebcrraschuug vergcssen mcinc
vorstellung zu erwiedern. Lndlich beschloß ich, das Utädchen
noch einmal aufznsnchcn und zugleich für iuimer Abschied zu
nehmen.

An einem der crstcn Abende trafcn wir uns iu demselben
Garten. „Fräulein Feli", begann ich, „es mntz sciu! ^twas
Fürchterliches trennt uns für ewig l" Lrst sah sie uiich vcr>tört
an; dann wnrde sie fcuerrot uud seuktc den Blick. ,stt cs
vielleicht — der Name — ?" flüsterte sie.

„lsa, Sie wissen also? — Nnn denn, ja, es ist mcin Name —"

„Ihr Name?! Utein Namel"

„Mein Namc, Ihr Name — mein Fräulein, verwechscln
-ie um Gotteswillen die Namcn nicht, es wiirde Ihr Unglück
seiu!"

Aenoiiimage.

Aber was ist dcun los, Schönwitz?" - „Na, von Damcntour komme ichl"

— hörte ich noch im tveg-
Ich vcrschwand schleunigst.

„Das ist noch sehr die Frage," mcinte sie ganz leise. „Sie
müsseii fürchterlich heißen," erwiderte ich erschüttert; „aber das
allein kann mich retteul Seien wir offen", schric ich wild, um
mir Utut zu machcn und packte ihrcn Arm, „heraus damit l ich
hcißc — Balthaser — Nebclkrähe!!"

„Gphelia Gänseklein l" fliisterte sie verschämt — wir lagen
uns in den Armenl —

So wurde sie meine Frau, Vphelia Nebelkrähc, geborene
Gänscklcin. —

tvie wundcrbar sind des Schicksals tvegel

Drucksehtcr.

Aus eiuer volkserzähluug.

. . . Als die Frau ihrcm Utannc vorwürfe machte, daß er
erst so spät aus dem tvirtshause heimkomme, antwortcte er
garnichts, sondcrn zeigte nur ein sehr getränktes Gesicht.
 
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