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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 24.1896 (Nr. 262-274)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16562#0114
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Meggendorfers L) u mo ri sti s ch e Blätter.



>wch zögernd und hielt ihn am Knapflach fest, „u>isern jdlan
teilst T>n den andern nicht nüt, gelt! INich wiirden sie ja doch
nnr auslachen, besonders Knrt nnd Ldi, — kannst Du denen
nicht sagen, es sei dringend nötig, vielleicht meil — weil ein
Schlaganfall oder sonst so was zu befurchten wäre?"

Ieht lachte Franz laut auf. „Gleich ein 5chlaganfalli
habaha! Du bist gut, tliiidel, Du kannst so bleiben! haha!"

„Lache so viel Du willft!" meinte Lieschen und klinkte
gleichmiitig istre Zimmerthiire auf, „aber hentc Abend esse ich mich
nochmal ordentlich satt, ätsch I" —

Am andern lliorgen j)unkt 7 Ahr erschien die junge
Dame richtig, aber auffallcnd blaß, beim sogenanntcn Ainder-
frnhstiirk, welches eine Stunde friister, als das der Lrwachsenen
stattfand und dessen Bestandteile auch etwas frugaler waren.

Franz saß schon im Großvaterstnlst am oberen Ende des
langen Tischos und schorzte gut gelaunt mit den beidon Iungen
nnd dor neunjäbrigen Grete herum, während er nebenbei den
Iagdhund fntterte.

„Na, wie siehst donn Du ans!" rief Ldi, welcher nebst
seinem etivas jiingeren Bruder Aurt in der schönsten Bliito der
Flegeljahre stand, seiner Schwester zu, welche gcdriickt den leeren
Ltuhl ncben ihrem vetter einncchm. „kjast Du Dich vielleicht
heutc morgen schon mit dem Lingemachten befreundct, ha?"

„Dummer Iungel" tönte es vorächtlich zu ihm lstnnber.
„Guten Aiorgen, Franzl" stnsterte sic dann wehmütig.

„Gutcn Aiorgen, Lieschcn!" rief der Doktor mnnter und
schenkte ihre Tasse voll Aaffee, „Dir ist das friihe Aufstehen in
den Akagen gefastren gelt?"

„BI; nein, dnrchaus nicht!" murmelte diese, „nein, danke,
keine Milch!"

„Bichts da, schön Aiilch genommen!" ermabnte Franz, „der
schwarze Aaffec ist gar nichts fiir Deine erregbaren Berven.
„So, noch'n bißchen meffr, so, jetztl Lach doch mal, Lieschen,
was hast Du denn nur heute?" frug er bosorgt.

„Ich weis; gut, was ihr felstt!" schrie die vorlanto Gretc,
„sie hat bloß zu viel gegessen, heute Bacht--"

„Glcich bist Du still, Du freches Ding!" rief Lieschcn gercizt
aus, „ich sag's dcm Papa, warte nnr!"

„Sie hat die ganze Bacht iiber gcgessen!" sichr Grete un-
beirrt fort, „ich lag schon im Bett, als sie schlafen ging und
da sah ich, daß sie einen ganzen Tellcr voll Butterbrote mit
Murst darauf bei sich hatte. Ich sagte nichts und sie bot mir
auch keins an, aber als es dunkel war, hörte ich sie noch lange
essen und cinmal ist es ihr auch scblecht gcworden I"

Die Brüder schlugen ein unbändigcs Gelächter an, in welches
der Doktor miteinstimmte.

„Aber Licschen, was fängst Du dcnn auch für Sachen an!"
rief er endlich atemlos.

„lveil -- weil ich doch — mager — werden soll!" schluchzte
sein Bäschen tief gedemütigt in ihr feuchtes Taschentuch hinein.

„Deshalb ißt du die Bacht durch Butterbrote?" lachte der
Doktor. „Dn bist ein Griginal!" —

So ähnlich ging's die Tage über weiter, das arme Lieschen
wurde von jedermann gehänselt, trotzdem sic sich selber mit
dieser Lutfettungskur ein wahres Martyrium auferlegt hatte.
Aber als neulich Ldi dem jungen Aröner vom benachbarten
Gut, welcher ihr Tischherr war, über den Tisch herüber zurief:
„Passen Sie doch bitte ein wenig auf die Liese auf, daß sie nicht
zuviel ißt, sie wird nämlich von Franz entfettetl" nnd sie unter
halbunterdrücktem Gelächter der ganzen Tafelrunde die Flucht !
ergriff, da wurde es ihr schließlich denn doch zu bunt und ihr ^
ganzer Groll kehrte sich gegen Franz, welcher an allem schuld ^

war. Aber den wolltc sie ordcntlich an der Basc hcrumführen,
den (lZuacksalber, das stand bei ihr fest. —

Beini gemeinschaftlichen Lssen that sie alles was cr an-
ordnete. Sie aß wenig Suppe, gar kein Brot, nmging mit
Todesverachtung alle Ljülsenfrüchte und das Aonfckt bcim Bach-
tisch, aber in ihrem Zimmor hielt sie sich für alles schadlos.
Im Dorfe hatte sie sich heimlich einon großen Laib Brot zu
ihrem alleinigen Gebrauch erstanden, den vcrstecktc sie in ihrcr
lfutschachtel, nachdem sie cin fenchtes Tuch nm das Brot ge-
wickelt hatte, damit es lange frisch blieb. Was so dazu gehärte,
holte sie ebenso heimlich aus der Dorratskammer, und so wurde
denn das guto Lieschen zum großen Leidwcsen des Doktors
statt schlankcr immer rundlicher.

Akit dem Gefühl der Sättignng zog aber anch wieder ihre
friihere Zuneigiing für Franz in ihr cherz ein, cr meintc es
schließlich ja nur gut mit ihr. Und es war so nett morgens
beim Frühstück, wo er den vater, sie die Auitter spielte; dann
die Ausflüge, die sie miteinander nnternahmen, - bald ging's
in das nächstc Areisstädtchen, wo sie Franzens ^»lnmd, den
Pfarrer besuchen durfte und wo es so herrlicho Lierkuchcn mit
Apfelmns gab - oder er führte sie in den Mald, wo ein kleines
„Gelage" wie Franz sagte, veranstaltet wurde; er sorgte für
das Feuchte, dio Uinder und Lieschen hatten die vcrpstichtnng
für das Fntter zn sorgen. „Franz kann sehr nett seinl"
meinte sie dann, wenn er ein Auge zu ihrem dritten Brötchen
zudrückte. (Schluß folgi.)

„Reiche Aiädels gestern auf Balll Ltwas angebissen?"
„Sage Jhnen, bin mir vorjekommen wie Vblate im
Ioldfischjlasl"

Redaktion: lNax Schreiber. Druck und verlag von I. F. Schreiber, bcide in Lßliugeu bei Stuttgart.
Geschäfksstelle iir Miinchen, Cornelinssterche 19.
 
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