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DER ANFANG

Die Kunst verändert sich, wie sich Häuser und Kleider, Sitten
und Ideale verändern, und ein und dasselbe Kunstwerk ver-
ändert sich, gleichsam als ob immer noch weiter daran gearbeitet
würde, auch wenn es längst hinter Glas und Rahmen hängt.
Unsere Gedanken und Anschauungen arbeiten daran wie früher
der Wille des einen, des Künstlers, fügen hinzu, saugen daran,
ziehen ab. Anders stehen die Zeitgenossen des Künstlers zu
ihm, anders die folgende Generation, wieder anders die nächste.
Es ist eine Bewegung in dieser Veränderung, die man wie eine
Kurve zeichnen könnte, und auch sie hängt irgendwie mit dem
Gang der Zeit zusammen, der sich in der Veränderung der Sitten
und Anschauungen, der Häuser und Kleider erkennen läßt, aber
identifiziert sich keineswegs immer mit ihm. Man bemerkt, wie
das, was einer schuf, langsamer oder in anderer Richtung geht
als die Zeit, die immer schneller dahinrast. Vielleicht bleibt es
gar stehen, während sich die Zeit immer weiter von ihm entfernt,
und oft glaubt man, es stehe, während in Wirklichkeit die Zeit in
ungeheurem Bogen darum kreist wie die Erde um die sich be-
wegende Sonne.

.Wo waren wir, als Manet bei Couture lernte? wo waren wir,
als er starb? wo ist man heute? Nur sehr langsam stieg der
Wert, als Manet lebte; schneller, als der frühe Tod manchen
Gegner versöhnte; rapide, als wir ihn bei uns entdeckten. Und
während er Deutschland nahe scheint, ist er weit von Paris und
gleicht einem Vogel, der sehr hoch in den Lüften kreist, von
dem man nicht sagen kann, ob er noch höher steigt oder sinkt,
weil die Entfernung zu groß ist. Und viel Sterngucker, die der
Nacken schmerzt, gewöhnen sich ab, hinaufzublicken, und schauen
sich nach näheren Gestirnen um.

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