das schon in der „Lise“ beginnt und in der „Loge“, zumal in der
männlichen Gestalt des Bildes, fortgesetzt wird, zum Stil erhoben.
Das junge Fleisch erscheint noch fester in dem losen Hauch des
Kleides und im Duft des braunen Haares. Die bläuliche Gaze läuft
fast mit dem Hintergrund zusammen und raubt dem Umriß die
Schärfe. Die rosa Schuhe sind fast das einzig Greifbare an Farbe,
und trotzdem wirkt das Bild farbiger als alle Vorgänger. Wenn
man vor ihm die alten Engländer nennt, um die Wirkung zu deuten,
so muß man sich gleichwohl klar sein, daß hier etwas entfernt
Gainsborough-artiges auf ganz anderen Wegen entstand. Während
Monet und Pissarro sich im Kriegsjahre nach London zurückzogen,
wurde Renoir Soldat. Er sah die Themse erst mehrere Jahre
später und hat als echter Franzose nie Gefallen an dem Lande
der bedeckten Sonne gefunden. Die Beziehung des Meisters zur
Schule Gainsboroughs ist ganz zufälliger Art und geht mehr auf
die Vorgänger der Engländer zurück als auf einen ihrer Meister.
Auch die Farbe der „Loge“ mag an den Meister der „Miß Siddons“
erinnern, weil die Farbenkultur, von der es Zeugnis ablegt, not-
wendigerweise auch die Mittel der Engländer umfaßt. Man findet
darin geradeso gut Watteau, Velasquez und die Venezianer. Aber
daneben ist in diesem Bilde und in allen Bildern Renoirs ein
Element wirksam, das man weder in Velasquez, noch bei den
Venezianern, am wenigsten bei den alten Engländern findet.
Die „Loge“ und die „Danseuse“ leben in unserer Erinnerung
als Werke, die mit allem Raffinement des Handwerks ausgestattet
sind. Zumal die „Loge“, zu deren Üppigkeit schon das Motiv nicht
wenig hinzufügt. Sie erscheint wie eine Sammlung aller vorher
erlangten Resultate. Jedesmal, wenn man vor dem Bild selbst
steht, ist man genötigt, von diesem Eindruck allerlei abzuziehen.
Kein alter Meister hat sich mit so geringen Mitteln begnügt.
Gerade die Farbe, die in unserer Erinnerung einen immer größeren
Aufwand entfaltet, ist auffallend einfach. Die Palette beschränkt
sich auf das Schwarz und Weiß-Grau, auf das verschossene Blau
und das blasse Rosa und ein wenig bräunliches Gelb. Die von
dem Hauptkontrast abweichenden Farben treten so wenig hervor,
daß man nahezu von einer Schwarz-Weiß-Wirkung reden könnte.
Man mag die Weichheit, mit der die zurücksitzende Gestalt des Herrn
gegeben ist, wie das duftige helle Grau das Weiß des Plastron um-
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männlichen Gestalt des Bildes, fortgesetzt wird, zum Stil erhoben.
Das junge Fleisch erscheint noch fester in dem losen Hauch des
Kleides und im Duft des braunen Haares. Die bläuliche Gaze läuft
fast mit dem Hintergrund zusammen und raubt dem Umriß die
Schärfe. Die rosa Schuhe sind fast das einzig Greifbare an Farbe,
und trotzdem wirkt das Bild farbiger als alle Vorgänger. Wenn
man vor ihm die alten Engländer nennt, um die Wirkung zu deuten,
so muß man sich gleichwohl klar sein, daß hier etwas entfernt
Gainsborough-artiges auf ganz anderen Wegen entstand. Während
Monet und Pissarro sich im Kriegsjahre nach London zurückzogen,
wurde Renoir Soldat. Er sah die Themse erst mehrere Jahre
später und hat als echter Franzose nie Gefallen an dem Lande
der bedeckten Sonne gefunden. Die Beziehung des Meisters zur
Schule Gainsboroughs ist ganz zufälliger Art und geht mehr auf
die Vorgänger der Engländer zurück als auf einen ihrer Meister.
Auch die Farbe der „Loge“ mag an den Meister der „Miß Siddons“
erinnern, weil die Farbenkultur, von der es Zeugnis ablegt, not-
wendigerweise auch die Mittel der Engländer umfaßt. Man findet
darin geradeso gut Watteau, Velasquez und die Venezianer. Aber
daneben ist in diesem Bilde und in allen Bildern Renoirs ein
Element wirksam, das man weder in Velasquez, noch bei den
Venezianern, am wenigsten bei den alten Engländern findet.
Die „Loge“ und die „Danseuse“ leben in unserer Erinnerung
als Werke, die mit allem Raffinement des Handwerks ausgestattet
sind. Zumal die „Loge“, zu deren Üppigkeit schon das Motiv nicht
wenig hinzufügt. Sie erscheint wie eine Sammlung aller vorher
erlangten Resultate. Jedesmal, wenn man vor dem Bild selbst
steht, ist man genötigt, von diesem Eindruck allerlei abzuziehen.
Kein alter Meister hat sich mit so geringen Mitteln begnügt.
Gerade die Farbe, die in unserer Erinnerung einen immer größeren
Aufwand entfaltet, ist auffallend einfach. Die Palette beschränkt
sich auf das Schwarz und Weiß-Grau, auf das verschossene Blau
und das blasse Rosa und ein wenig bräunliches Gelb. Die von
dem Hauptkontrast abweichenden Farben treten so wenig hervor,
daß man nahezu von einer Schwarz-Weiß-Wirkung reden könnte.
Man mag die Weichheit, mit der die zurücksitzende Gestalt des Herrn
gegeben ist, wie das duftige helle Grau das Weiß des Plastron um-
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