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Meier-Graefe, Julius [Hrsg.]; Renoir, Auguste [Ill.]
Auguste Renoir — München, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.27183#0009
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AUGUSTE RENOIR

Man kann den Namen Renoir nicht aussprechen, ohne sich
einer Vorstellung melodiöser Rhythmen hinzugeben. Von Fragonard
gilt dasselbe. Vielleicht hat schon diese gemeinschaftliche Eigen-
schaft der Namen den Brauch begünstigt, die beiden Künstler
zusammen zu nennen. Renoir gilt als der Fragonard unserer Zeit.
Man will ihn mit dem Namen, der im Lande der Liebhaber als
einer der höchsten Ruhmestitel gilt, ehren. Es wird zu untersuchen
sein, wieweit er den Titel verdient, und wieweit der Titel ihn
verdient. Sicher trifft der wohlklingende Beiname eine tatsächlich
bestehende Beziehung. Renoir ist eine Verbindung der Gegen-
wart mit dem Dixhuitieme, und zwar die deutlichste, so deutlich,
daß man an eine Absicht des Vermittlers glauben könnte. Er ist
keineswegs die einzige.

Wer wird je ergründen, was die großen Anarchisten unserer
Zeit dem krausen Stil einer scheinbar so fernen, so feindlichen
Vergangenheit verdanken? Wer schreibt die Geschichte des
Barocks im 19. Jahrhundert? Jenes wenig greifbaren Barocks, das
Delacroix’ ganzes Oeuvre wie eine gewaltige Woge bewegt, das
dem Naturalismus Courbets widerstand und von Manet vergeblich
bekämpft wurde, das Rodin in Höhen und in Untiefen trieb, in
Monets besten Bildern die Pinselstriche kräuselte, in Cezanne zu
dem phantastischen Bau seiner Mystik wurde, van Gogh zu in-
brünstigen Visionen hinriß und noch in den verhaltenen Empfindungen
der Jüngeren, eines Bonnard, eines Roussel spielt, wie flache Lachen
des Meers auf sandigen Dünen.

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