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Meier-Graefe, Julius [Hrsg.]; Renoir, Auguste [Ill.]
Auguste Renoir — München, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.27183#0093
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Girardon. Bleireliefs in den Gärten von Versailles.

III.

Renoir war zu einer eigenen reichen Form gelangt, hatte sie
in zahlreichen Meisterwerken gesichert, und endlich nahten die
ersten Zeichen des Erfolges. Der „Salon“ öffnete sich ihm, wenn
auch immer noch widerstrebend, und zu den Enthusiasten waren
einige vermögende und einflußreiche Liebhaber dazugekommen,
die den Künstler stützten. In diesem Moment gab er seiner Kunst
eine Richtung, die sich zu den bisher erreichten Resultaten nahezu
in Gegensatz stellte, allen Anschauungen seines Kreises, zumal
den Maximen des Impressionismus widersprach und keinem Pariser
Liebhaber genehm sein konnte. Mehr als alles andere bestätigt
dieser kühne Versuch, der zu einer zweiten Reihe von Meister-
werken führte, den Optimismus des Meisters.

Diese Entwicklung umfaßt die Etappen von dem „Moulin de la
Galette“ zum „Dejeuner des Canotiers“ von 1881; von dem
Gruppenbild der Familie Charpentier zu dem der Kinder Berard
von 1884, in der Berliner Nationalgalerie; von den weichen
Fleischstudien der siebziger Jahre zu den „Baigneuses“ von
1885, in der Sammlung Blanche in Paris. Man könnte noch
viele andere Zwischenglieder nennen. Das Stück enthält die Er-
füllung der Ahnungen, die man schon an die Werke des Debü-
tanten knüpfen konnte, einen in seiner Vollkommenheit in der
französischen Kunst unserer Tage alleinstehenden Ausgleich zwischen
den beiden Faktoren, die Courbet ungeeint ließ, der Materie und
der Arabeske. Der Geist Delacroix’ schwebt über der bisher durch-
laufenen Bahn. Die folgende Entwicklung steht unter Ingres’ Ägide.

Renoir hatte die Auflösung der Formen seiner ersten Zeit
erreicht und ihr Grau zu einer sprühenden Materie umgewandelt.
So hatten es, jeder auf seine Art, alle Impressionisten gemacht.
Renoir erkannte die Gefahren dieser notwendigen Entwicklung und

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