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Maria. Auch hier wieder die Matrone, die in ihrem
Schmerz ihr runzliges Gesicht in beide Hände preßt. Der
gleichmäßig aufgestützte, ganz en tnee gesehene Kopf
bildet den Höhepunkt der Bewegung.
Der Gram im durchfurchten Gesicht des Joseph von
Arimathia, dem man die körperliche Anstrengung des
Tragens ansieht, der gespannte Schmerz im Antlitz des
Nicodemus, die Verzweiflung der Maria Magdalena, über
deren Trost Johannes sich seinem eigenen Schmerz nicht
hingeben darf: das sind ebensoviel Grade wie Personen.
Hier hat wieder der Künstler wie im ,Kentaurenkampsi
das Geheimnis gelöst, mit wenigen Figuren eine ganze
Masse zu veranschaulichen. In diesen sünf Menschen sieht
man gleichsam die ganze treue Gemeinde um Christus
geschart.
Im Bildabschnitt, der durch die Figur des Gekreuzigten
geht, bricht Böcklin mit der üblichen Überlieferung: auch
im religiösen Bild wie in der Landschaft ein Vorkämpfer
des neuen Bildabschnittes.
Den eigentlichen Abschluß der religiösen Darstellungen,
zugleich die Erfüllung feines Programms für räumliche
Kunst, die der reife Meister sich geträumt hatte, sollte er
nicht ausführen: die ,Fresken für das städtische
Museum zu Breslau'. Von den geplanten Bildern
blieb, wie Kap. XIII berichtet, nur der Entwurf für
die erste Wand. Was Böcklin von großen monumentalen
Plänen in sich trug, konnte er nur auf Tafelbildern zum
Ausdruck bringen.
Das , Altarbild der Frau Marie MeyerGst
vielleicht der höchste Ausdruck dessen, was Böcklin gern in
den Wandbildern ausgesprochen hätte. Zugleich ein wert-
volles Beispiel, wie Böcklin die Gegenstände klassischer
Kunst mit neuem Leben erfüllte. Zunächst in der Farben-
 
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