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Meurer, Moritz
Pflanzenformen: vorbildliche Beispiele zur Einführung in das ornamentale Studium der Pflanze; zum Gebrauche für Kunstgewerbe- und Bauschulen, Technische Hochschulen und höhere Unterrichtsanstalten sowie für Architekten und Kunsthandwerker — Dresden, 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.43158#0070
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Konservierung der
Pflanzenformen:

durch Trocknen,

in Spiritus,

durch Impräg-
nation,

durch galvano¬
plastischen Über¬
zug.

Ergiebt sich daraus schon die Notwendigkeit, einzelne Teile der Pflanze zu konservieren, so
zwingt vor allen Dingen das Aufhören der oberirdischen Lebensthätigkeit der Pflanze im Winter zur
Anwendung von mancherlei Hilfsmitteln, um sich die notwendigsten Formen dauernd zugänglich zu
halten. Beim Unterricht kommt dabei noch hinzu, dass die bis zu einem gewissen Grade gebotene Reihen-
folge des Studiums ihrer Organe nicht mit der zeitlichen Folge ihrer Entwickelung, mit dem Wachsen
und Welken der Pflanze in Übereinstimmung zu bringen ist. Der wesentlichste Hinderungsgrund für
ein ausschliessliches Studium der lebenden Pflanze liegt für den Schüler jedoch in der Schwierigkeit,
die nicht bloss beweglichen, sondern oft zu kleinen, bisweilen auch minder regelmässig entwickelten
Formen richtig zu erkennen und darzustellen und weiter in dem Umstande, dass das Element der Farbe
verbunden mit der Transparenz der Formen das Sehen der Licht- und Schattenwirkung und damit der
ganzen plastischen Erscheinung der Pflanze in hohem Grade erschwert. Diese Gründe machen die
Herstellung von Unterrichtsmitteln unumgänglich, welche diese Missstände durch gegenseitige Er-
gänzung beseitigen.
Eine Reihe wichtiger Pflanzenformen, namentlich der von Haus aus weniger saftigen Gewächse,
bewahren auch in getrocknetem Zustande ihren plastischen Gehalt in einem Grade, dass sie für das
Studium auf lange Zeit geeignet bleiben. So lassen die Schäfte der Doldenträger, der Rohre, Gräser
und vieler gerade in Bezug auf ihr Skelett instruktiver Pflanzen erst in trockenem Zustande ihre
Gliederung sehr deutlich sehen; manche Gewächse, wie gewisse Distelarten, die Erygnien u. a. trocknen
sogar in ihrer Gesamtform so regelmässig, dabei aber auch so farblos ein, dass ihre plastische Er-
scheinung sich in diesem Zustande sehr viel besser erkennen lässt, als im Leben. Mehr oder minder
unverändert erhalten sich die jungen Knospen der Laubhölzer, wie der Esche, der Syringe, die Blüten
vieler Kompositen mit ihrem Hüllblätterkranze, die Zapfen, Kolben, Samenkapseln und Fruchtformen
mit harten Schalen, die Blätter der Palmenarten und mancher Farne, die Zweige der meisten immer-
grünen Laubhölzer u. s. w.
Sehr zweckmässig ist in vielen Fällen die Konservierung einzelner Pflanzenteile in Spiritus,
welcher auch die zartesten Keim- und Blütenbildungen mit der Zeit fest und unbeweglich macht: selbst
solche fein ausladende Organe wie Staubfäden und Pistille lassen sich dadurch dauernd erhalten. Es
erfordert allerdings, nach jedesmaligem Gebrauche die Objekte sofort wieder einzulegen, weil sonst
nach Verflüchtigung des Weingeistes die Zersetzung eintritt. Der Nachteil, dass durch diese Kon-
servierungsart die Farbe der Natur verloren geht, wird durch den Vorteil der vermehrten Sichtbarkeit
der Form ersetzt. Dieser Umstand wird vermieden durch die Erhaltung vermittelst Eintauchens ein-
zelner Teile (namentlich für Blüten mit Vorteil anzuwenden) in geschmolzene Mischungen von Stearin,
Paraffin und ähnliche überziehende, den Luftzutritt abschliessende und damit die Fäulnis verhindernde
Substanzen. Zum Gelingen dieser Procedur ist nötig, Stoffe zu wählen, welche bei geringstem Hitze-
grade schmelzen, beim Erkalten aber genügende Festigkeit behalten, weil die Pflanze bei zu hoher
Temperatur verwelkt, im andern aber sich nicht genügend festigt. Eine lange Verwendbarkeit im
Unterrichte ist diesen Modellen allerdings nicht eigen, wie denn überhaupt alle derartigen Konserven
vorsichtig zu behandeln sind. Auch die Imprägnierung der Pflanze mit chemischen Flüssigkeiten nach
vorhergegangener Luftentziehung erzielt in besonderen Fällen gute Resultate, ist aber für den Künstler
selbst ein zu kompliziertes Verfahren. Eine andere bis zu einem gewissen Grade recht brauchbare
und wie die letztere seit Jahren im Handel verwertete Konservierungsart ist das auf dem Wege der

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