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Meurer, Moritz
Pflanzenformen: vorbildliche Beispiele zur Einführung in das ornamentale Studium der Pflanze; zum Gebrauche für Kunstgewerbe- und Bauschulen, Technische Hochschulen und höhere Unterrichtsanstalten sowie für Architekten und Kunsthandwerker — Dresden, 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.43158#0265
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Vorwort
ZU
ABTEILUNG III (TA F E L 46-59).
Blüten, Blutenknospen und Fruchtformen.

Unser grösster Dichter war es, dessen sinniger Naturbetrachtung sich erschloss, was wissen-
schaftliche Untersuchung zögernd bestätigte: dass die Organe der Blüte nur umgewandelte Blattformen
darstellen. Wie die Keimblätter, Laubblätter, Stütz- und Hüllblätter, die Knospenschuppen und
sonstigen Blattformen sich am Stengel für ihren jeweiligen physiologischen oder statischen Zweck
umbilden, so formen die Organe der Blüte das Blattthema für die Bedingungen der Fortpflanzung in
zweckdienlicher Weise um: die äusseren zur Unterstützung und zum Schutz, die inneren zum eigent-
lichen Dienst der geschlechtlichen Vermehrung.
Die Organe der Blüte ordnen sich in 4 Blattkreise, welche sich von aussen nach innen (unten
nach oben) gerechnet als Kelchblätter, Blumenblätter, Staub¬
blätter und Fruchtblätter ausprägen. (Die nebenstehende Text¬
zeichnung zeigt die Reihenfolge der Blütenkreise, welche in der Natur
nur selten durch bemerkbare Zwischenräume (Zwischenknotenstücke)
getrennt sind, in schematisch auseinander gezogener Weise.] In manchen
Blüten fehlen einzelne oder auch mehrere Blattkreise.
Kelch und Blumenblätter sind den Laubblättern noch am
ähnlichsten, namentlich zeigen die Kelchblätter Verwandtschaft mit den¬
selben. Während aber die Laubblätter aufwärts des Schaftes ihren
Rand meist reicher gliedern, tritt bei den Kelch- und noch mehr bei


den eigentlichen Blumenblättern eine Vereinfachung desselben ein. Das
Blattfleisch wird dünner, Scheide und Stiel des Laubblattes fehlen, nur

das Blumenblatt hat öfter einen kurzen stielartigen Ansatz, den »N a g e 1«,

mit welchem es im Kelche einsetzt (vergl. umstehende Textzeichnungen). Im Gegensatz zur Verein-
fachung der Einzelform der Blätter steigert sich die farbige Erscheinung in den Blumenblättern zur

höchsten Wirkung.
In den Staubblättern, Staubfäden — den männlichen Geschlechtsorganen (Andröceum) —
ist der Blattstiel meist deutlich entwickelt, die Blattfläche aber in den Staubbeutel verwandelt, welcher

entsprechend den beiden Blatthälften der Laubblätter links und rechts der Mittelrippe je ein
»Fach« bildet.

Die Fruchtblätter zeigen noch grössere Umwandlung der Laubblätter; sie sind meist voll-
ständig zu einem Gebilde, dem Stempel oder Pistill dem weiblichen Organ FGynöceum] der Pflanze)
 
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