Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Meurer, Moritz
Pflanzenformen: vorbildliche Beispiele zur Einführung in das ornamentale Studium der Pflanze; zum Gebrauche für Kunstgewerbe- und Bauschulen, Technische Hochschulen und höhere Unterrichtsanstalten sowie für Architekten und Kunsthandwerker — Dresden, 1895

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43158#0266
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
verwachsen, an welchem ein unterer bauchiger Teil, der Fruchtknoten und ein oberer gestreckter:
der Griffel unterscheidbar sind. Die Zusammensetzung aus mehreren Blättern und deren Zahl ist an
den Mittelrippen und an den Nähten erkennbar, welche die einzelnen Blätter verbinden. Das Pistill
bildet die Achse der Bltite und bei den endständigen Blüten die Fortsetzung der Stengelachse. Bei
den seitenständigen Blüten steht es in einem Winkel zum Stengel.
Die Blattkreise der Blume »alternieren« d. h. der nächstinnere (höhere) Kreis steht immer
genau in den Zwischenräumen des vorhergehenden. Die gemeinschaftliche Achse, auf welcher sie ent-
springen ist der Frucht- oder Blütenboden.
Die Blüten haben entweder eine regelmässig strahlenförmige (cyklische) oder eine
symmetrische Form. Bei den cyklischen (rosettenartigen) Blüten liegen die vier verschiedenen
Blumenorgane innerhalb koncentrischer Kreise, d. h. alle Blattachsen der einzelnen Blattkreise bilden
vom Mittelpunkt aus gleich lange Strahlen, welche in gleichen Winkeln von einander abstehen. Die
Blätter der einzelnen Blattkreise sind gleich geformt und setzen wie die Blätter am Pflanzenstengel
entweder in einer Ebene: quirlständig oder in Schraubenstellungen, dann aber so dicht überein-
ander an, dass sie in einer Ebene zu entspringen scheinen. Während die Blumenblätter der quirlstän-
digen Blüten daher gleichmässig aneinander stossen, überdecken sich die Blätter der schraubenförmigen
je nach der Richtung und Gestaltung der Schraube (vergl. Zeichnung im Text der folgenden Tafel). Die
meisten zweisamenblättrigen Pflanzen haben Fünfteilung ihrer Blüten, bei den einsamenlappigen herrscht
die Dreiteilung vor.
Die symmetrischen (zygomorphen) Blüten sind nicht regelmässig strahlenförmig, sondern
zweiseitig entwickelt. Sie lassen sich durch eine ihre Mitte senkrecht durchschneidende Ebene
(Mediane) in zwei Hälften teilen, von denen die eine immer das Spiegelbild der anderen ist. Während
die cyklischen Blüten meist als Endbildungen des Pflanzenschaftes und seiner Verzweigungen auftreten
und ihre Blütenkreise in Bezug auf die Senkrechte des Stengels als horizontale Erscheinungen wirken,
so stellen sich die symmetrischen Blüten als vertikale Bildungen von vorwiegend seitlicher Anord-
nung an den Pflanzenachsen dar. Sie zeigen entsprechend ihrer, in derselben Ebene mit dem Stengel
liegenden vertikalen Mediane, verschiedenartige Entwickelung der einzelnen Teile ihrer Blattkreise in
Beziehung auf das Oben und Unten. Die Achsen der Blütenorgane sind von ungleicher Länge und
ihre Endpunkte liegen nicht mehr innerhalb verschiedener Kreislinien, sondern innerhalb elliptischer
oder eiförmiger Umfassungslinien. Namentlich spricht sich in den Kelch- und Blumenblätterformen die
Verschiedenheit der Bildung zwischen den oberen und unteren Blumen- und Kelchblättern aus. Auch
die Staubfäden sind von ungleicher Länge und das Pistill bildet, wenn man die Blüte im Profil betrachtet,
meist eine einfache oder doppelte Kurve. (Vergl. Tafel 57.)
Während die Stengelblätter vorwiegend als Einzelerscheinungen und nur bisweilen wie z. B. in
den flachliegenden Grundblätterrosetten als Gruppenbild wirken, spricht bei der Blume infolge ihrer
Endlage und ihres Quirlstandes nie das einzelne Blatt, sondern nur die Blattgruppierung zum Auge.
Die Blüte fasst die aus dem Gebote des Gleichgewichts hervorgegangene strahlenförmige Anord-
nung der unter ihr stehenden Sprosse freiliegend und übersichtlich zusammen, indem sie aus der
kreisförmigen Reihung ihrer Einzelorgane, welche oft bis zur Verschmelzung fortschreitet, ein als
 
Annotationen