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Meurer, Moritz
Pflanzenformen: vorbildliche Beispiele zur Einführung in das ornamentale Studium der Pflanze; zum Gebrauche für Kunstgewerbe- und Bauschulen, Technische Hochschulen und höhere Unterrichtsanstalten sowie für Architekten und Kunsthandwerker — Dresden, 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.43158#0086
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Abt.i. Tafel i. Laubblätter mit streifennerviger Berippung.
Laubblatt mit Fiedernerven.

Rohrschilf, Phragmites (Vorderseite). Weiss wurzlige Maiblume, Convallaria polygonatum
(Rückseite, vergrössert). Edelkastanie, Castanea vesca (Rückseite; alle drei Blätter schematisch
dargestellt).
A. Laubblätter mit streifennerviger Berippung. Als streifennervig bezeichnet man die

Berippung, wenn die seitlichen Rippen nebeneinander gelagert mit der Mittelrippe und unter sich un-
gefähr parallel laufen. Sie ist vorwiegend den Pflanzen eigentümlich, welche ein Keimblatt (einen
Samenlappen) haben: Monokotyledonen. Ihre Blätter haben im Gegensatz zu den Pflanzen mit
zwei Samenlappen (Dikotyledonen) selten einen Stiel; sie setzen mit breiter Grundfläche (Basis)
am Stengel an, denselben scheidenartig teilweise oder röhrenartig ganz umgebend. Die Blattscheide
geht in diesem Falle unmittelbar in die Blattfläche über. In folge der streifennervigen Rippenlage
findet keine Auszackung des Blattrandes statt. Diese Blätter sind stets symmetrisch.

gradliniger.

Die mittlere Figur der Tafel zeigt die gradlinig nach oben konvergierende
Berippung einer Grasart. Von dem unteren, den Schaft cylindrisch umgebenden Teile
des Blattes ist nur ein Stück zu sehen. An der Stelle, wo sich die eigentliche Blattfläche
vom Stengel loslöst, baucht sich das Blatt aus; die seitlich neben der geraden Mittel-
rippe liegenden Nerven verengern ihre Zwischenräume nach dem Blattrande zu und ver-
feinern sich, wie die Mittelrippe in ihrem Verlaufe nach oben. Der Blattrand folgt der
konvergierenden Richtung der Rippen: das Blatt hat lineale Form. (Vergl. das Beispiel
des grössten europäischen Grases: das Pfeilrohr Tafel 66.)
Die linke F igur der Tafel giebt ein Beispiel bogenförmig konvergierender
Streifennervatur im Blatte der weisswurzligen Maiblume (Salomonsiegel). Die Blatt-
rippen, welche aus dem Schafte in dichten Parallellagerungen in das Blatt übergehen,
verengern ihre Stellung und verfeinern sich nach dem Blattrande zu. Bis gegen die
Mitte des Blattes verbreitern sich ihre Zwischenräume, nach der Spitze des Blattes hin
nehmen sie wieder ab. Im Fussteile sind die Rippen geschwungen, im Kopfteile
Der äussere Rand (Limbus) entspricht genau der Rippenlage.




Bogenförmig divergierende Streifenberippung zeigen die Blätter MrPfeilwurz (Textzeich-

nung) ; diese Art der Rippenanordnung wird häufig bei stilisierten Blattformen angewendet, welche mit
breiter Basis ansetzen: so z. B. beim stilisierten Akanthusblatt des Kapitells und beim Konsoldeckblatt.

B. Laubblätter mit winkelnerviger Berippung. Winkel nervig nennt man die Blatt-
berippung, wenn die Seitennerven in einem ausgesprochenen Winkel von verschiedenen Punktender
Mittelrippe abzweigen, indem sie sich mehr oder weniger gegen den Blattrand bewegen. Diese Art
der Berippung ist den meisten Pflanzen mit zwei Samenlappen zu eigen. Winkelnervige Blätter gliedern
ihren Rand in mehr oder minder ausgesprochene Lappungen und Zackungen, Buchtungen und
Einschnitte und zwar um so stärker, je weiter die Rippen auseinander liegen oder divergieren
und je mehr dieselben gegen den Blattrand zu im rechten Winkel stehen.
Im wesentlichen bilden die winkelnervigen Blätter ihre beiden Blattseiten symmetrisch, bisweilen
aber nur ebenmässig. Ganz ungleichmässige Bildung zeigt z. B. das Schiefblatt, in geringerem Grade
findet sie sich bei den Blättern mancher Laubhölzer, wie z. B. beim Maulbeerbaum, der Linde, Ulme
und Haselnuss. In diesen Fällen (siehe das Beispiel der Haselnuss im Text zu Tafel 21) ist es vor-
wiegend der Fussteil der Blätter, welcher unsymmetrische Form aufweist.
 
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