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Meurer, Moritz
Pflanzenformen: vorbildliche Beispiele zur Einführung in das ornamentale Studium der Pflanze; zum Gebrauche für Kunstgewerbe- und Bauschulen, Technische Hochschulen und höhere Unterrichtsanstalten sowie für Architekten und Kunsthandwerker — Dresden, 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.43158#0272
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Abt. in. Tafel 46. Cyklische Blüte (schematisiert).
Kremsbeere (Phytolacca decantra).
Die ersten der folgenden Blütenbeispiele sind in senkrechten und wagerechten Projektionen
gegeben. Nicht nur für das projizierende Zeichnen nach der Natur, sondern auch für das Kopieren dieser
Darstellungen bedarf es einiger Kenntnis der Projektionslehre, wenigstens einer entsprechenden
Anleitung des Lehrers. Für die Horizontalprojektion werden die Grössenverhältnisse der einzelneh
Blütenkreise durch entsprechende koncentrische Kreislinien fixiert und nach Feststellung der gleich-
winkeligen Teilungen die Achsen der einzelnen alternierenden Organe gezogen. Aus der Horizontal-
projektion sind die Breitenverhältnisse der Blütenkreise und die Berührungspunkte der einzelnen
Blütenachsen mit diesen Kreisen für die Vertikalprojektion durch senkrechte Linien zu übertragen.
Mit Hülfe von Horizontalen wird dann der gleichmässige Höhendurchmesser der einzelnen Blattkreise
festgestellt.
Den schematisierenden Projektionsdarstellungen folgen einige perspektivische Konstruktionen
von Blüten. Es ist selbstverständlich, dass auch die Blüten nicht perspektivisch konstruiert sondern
frei gezeichnet werden sollen, es wird aber wie beim perspektivischen Zeichnen des Laubblattes
notwendig sein, dass der Lehrer dem Schüler an ein paar Beispielen mit Hilfe der Konstruktion
die Begriffe der perspektivischen Verkürzungen näher bringt, indem er ihm so z. B. die jeweilige per-
spektivische Verschiebung der in verschiedenen Höhen liegenden Blattkreise einer halb von oben ge-
sehenen Blüte durch Konstruktion der sie umschreibenden, sich mehr oder weniger zu Ellipsen oder
Linsen verschiebenden Kreislinien zeichnerisch erklärt. Die Manipulation der perspektivischen Kon-
struktion der Blüte aus ihrer Projektion heraus graphisch darzustellen ist hier nicht der Platz; sie wird
ausserdem durch die blosse Zeichnung dem Schüler nicht klar und muss desshalb ihre Vorführung
dem Lehrer selbst überlassen bleiben.
Die Horizontal- und Vertikalprojektion der vorliegenden Tafel giebt in der iöfachen Vergrös-
serung einer cyklischen Blüte die beiden Hauptmomente für die künstlerische Blütenform: die
Hohlform der Blütenhülle und die konvexe Vollbildung des Fruchtknotens. Die Blütenhülle ist in vor-
liegendem Beispiele wie bei den meisten Dikotyledonen fünfgliedrig, aber nur durch einen Blattkreis
verteten, die Fruchtblätter zehnteilig, die Staubfadenkreise sind weggelassen.
Die beigefügte Textillustration giebt in schematischen Grundrissen cyklischer Blüten die ver-
schiedene Lage der Blumenblätter zu einander an. Die oberste Reihe der Figuren sowie die untere
linke Figur entspricht vier verschiedenen Arten wirklich quirlständiger Blumenblattstellungen und zwar
Fig. 1 den Blüten mit flach aneinanderstossenden, Fig. 2 den Blüten mit eingebogen, Fig. 3 mit aus-
gebogen zusammenstossenden Blumenblättern. In Fig. 4 bedecken sich die Blätter je auf der einen
Seite. Die letzten beiden Figuren geben das Schema der schraubenförmig an die Blütenachse ansetzen-
den Blütenblättern: die Zwischenräume der Ansätze sind zwar minimal, jedes Blatt ist aber als einem
Knoten entspringend anzusehen. Fig. 5 zeigt eine Entwickelung der fünf Blumenblätter innerhalb einer
Umdrehung (entsprechend der Blume dieser Tafel); Fig. 6 die Blattstellung innerhalb einer zweimaligen
Umdrehung um den Blütenboden; sie entspricht der 2/s Schraube, welche wir bei dem Ansätze der
Laubblätter am Stengel kennen lernen werden. Diesem Schema folgt die Blumenblattstellung des
Helleborus auf Taf. 55. Die Zahlen der Textzeichnungen geben die Reihenfolge der Blattansätze
an, welche sich im Bilde der Blüte durch die Art der gegenseitigen Bedeckung ihrer Einzelblätter
ausspricht.
 
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