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Meurer, Moritz
Pflanzenformen: vorbildliche Beispiele zur Einführung in das ornamentale Studium der Pflanze; zum Gebrauche für Kunstgewerbe- und Bauschulen, Technische Hochschulen und höhere Unterrichtsanstalten sowie für Architekten und Kunsthandwerker — Dresden, 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.43158#0388
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Vorwort
ZU
ABTEILUNG V (TA FEL 67-74).
Laubknospen und Sprossen.
Mit dem Namen Knospe bezeichnet man nicht bloss die Form der noch nicht geöffneten
Blume, sondern überhaupt alle noch in der ersten Entwickelung begriffenen Sprossen der Pflanzen, wie
z. B. die Laubknospen und die Knospen der Blumenstände.
Ihre Erscheinung wird im wesentlichen und je geschlossener die Knospe ist um so mehr, durch
die umhüllenden und das Wachstum des Sprosses schützenden und fördernden Hilfsorgane gebildet,
welche die Pflanze nach geleistetem Dienste häufig als dann überflüssig abstreift. Solche Hilfsorgane,
äusser den schon erwähnten Blattscheiden, Deck-, Hüll- und Vorblättern, sind die Blüten-
scheiden und Spelzen, die Schuppen der Zapfen und Kätzchen sowie die Knospen-
schuppen der Holzpflanzen. Öfters verwachsen einzelne Blattformen dieser Organe und zwar entweder
nur teilweise, wie in den Hüllen der Kopfblütler, oder zu einer geschlossenen Bildung wie in der
Becher- und Napfform der weiblichen Blüten und der Früchte mancher Laubbäume (Eiche, Rotbuche).
Aber auch getrennt bilden sie durch die enge Gruppierung ihrer konkaven Einzelformen um den ein-
geschlossenen Spross für das Auge eine ornamentale Gesamtform.
Die Knospenschuppen sind die Niederblätter an den Zweigen der Bäume und holzartigen
Pflanzen: kleine derbe, lederartige Gebilde, welche während des Winters die Knospe gegen Kälte
schützen. Die Spelzen bilden die schmalen, trockenhäutigen Schutzblättchen im Blütenstand der
Gräser. Die Blütenscheide besteht aus einem einzigen meist scheidenförmigen Vorblatt, welches
bald den ganzen Blütenstand, wie die Kolben der aronartigen Gewächse oder eine Einzelblüte, wie beim
Schneeglöckchen und der Narzisse umgiebt.
Diese umhüllenden Organe geben in ihrer verschiedenartigen Ausbildung, sobald sie den
Sprossenkern vollständig decken, die äussere Gliederung der Knospe in ihrem ersten Stadium; all-
mählich aufbrechend und sich zurücklegend, lassen sie zunehmend die ihre Hülle sprengenden Sprossen
sehen, welche in immer geteilteren und reicheren Formen zu Laubblättergruppen, Verzweigungen und
Blütenständen auswachsen.
Die Architektur der Pflanze, das geometrische Schema ihrer Organe, die Regelmässigkeit
symmetrischer und sonstiger Anordnungen in der ganzen Verzweigung wie in Einzelbildungen lässt
sich an den Knospen und jugendlichen Sprossen am deutlichsten erkennen; mit dem zunehmenden
Wachstume steigern sich die mannigfachen Hindernisse, welche sich einer gleichmässigen Weiterent-
wickelung der Pflanzen entgegenstellen, Hindernisse welche neben andern Ursachen, hauptsächlich in
 
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