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Meurer, Moritz
Pflanzenformen: vorbildliche Beispiele zur Einführung in das ornamentale Studium der Pflanze; zum Gebrauche für Kunstgewerbe- und Bauschulen, Technische Hochschulen und höhere Unterrichtsanstalten sowie für Architekten und Kunsthandwerker — Dresden, 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.43158#0474
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Kunst zu verwenden, mit welcher Sicherheit und welchem Geschmack er sie der Struktur, dem Organis-
mus und den technischen Bedingungen der Kunstformen anzupassen wusste. Dieses stilistische Ver-
mögen steigerte sich in der hellenischen Kunst zu einer Höhe, welche auch von der Renaissance nicht
wieder erreicht wurde; trotz der feinfühligen Beobachtung, mit welcher die letztere den Reiz und das
Leben der natürlichen Formen in ihr Ornament zu übertragen wusste, ist sie der Antike doch nicht
ebenbürtig in dem Vermögen einer vollendeten Übersetzung ihrer Vorbilder in die Bedingungen
der Kunstformen.
Das Schwinden der Pflanzen- und Tiersymbolik aus Religion, Gebräuchen und Kunst hat sicher
viel dazu beigetragen, dass der moderne Künstler nicht in dem Masse wie der Grieche die natürlichen
Erscheinungen in ihrem Zusammenhänge mit den Kunstformen anzuschauen gewohnt ist. Um so mehr
muss uns Nachgebornen die Kunst an und für sich zu einer künstlerischen Betrachtung der lebenden
Formenwelt zurückführen, aus welcher der ehrlich Suchende noch heute dieselben ornamentalen Schätze
heben kann, wie der Künstler des Altertums.
»Die Erkenntnis der bildnerischen Gesetze der Griechen,« deren Lehre mit Recht noch immer
das Grundelement unserer tektonischen und kunstgewerblichen Erziehung bildet, wird aber — um einen
Satz Böttichers auch in Bezug auf die Stilisierung der Naturformen anzuwenden — »den werkthätigen
Sinn zur Erfindung neuer, ursprünglicher Bildungen befruchten und ebensowohl die gedankenlose,
schematische Nachahmung antiker Formen beseitigen, als auch vor jeder widersinnigen Formengebung
bewahren.«
 
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