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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Der Weg zur Krone: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,1: Ostfildern, 2012

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34718#0247
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Herrschererhebungen des Spätmittelalters

nämlich stark formelhaft, wenngleich die Erfurter Peterschronik und die Gesta Boe-
mundi Archiepiscopi Treverensis ebenfalls von der besonderen Festlichkeit der Krö-
nung berichten.^
Wo genaue chronikalische Berichte fehlen, hilft zumindest für die Umstände des
königlichen Einzugs die Erinnerung eines Augenzeugen weiter. Was keiner der zeitge-
nössischen oder späteren Chronisten auch nur berichtete, ist so aus der mehr als ein
halbes Jahrhundert später festgehaltenen Aussage des Grafen Ruprecht von Virneburg
wenigstens in Grundzügen zugänglich, nämlich dass der König in die Stadt einritt und
dann vor der Marienkirche abstieg.^ Der eigentliche Inhalt der Erklärung betrifft je-
doch die darauffolgenden Geschehnisse, da der Herr von Falkenburg das Pferd des Kö-
nigs ergriff und es mit Gewalt in seine Herberge brachte, später jedoch dem Herrn von
Alfter als Marschall von Köln zurückgab.^ Dies ist der erste Beleg für den auch bei
späteren Krönungen auftretenden Brauch, das beim Einritt des Königs verwendete
Pferd bestimmten Personen als Spolium zu überlassen.^" Uber das Verhältnis von Ein-
zug und Krönung lassen die nur sehr spärlichen Erinnerungen des Grafen keine ge-
sicherten Aussagen zu, so dass nur vermutet werden kann, dass die Weihe unmittelbar
nach der Ankunft in Aachen geschah.^
Ansonsten mangelt es jedoch nicht nur an historiographischen Nachrichten über
die weiteren Geschehnisse in Aachen, sondern auch von den Anwesenden und Beteilig-
ten selbst fehlen anders als bei den vorhergehenden Krönungen jegliche Berichte oder
Bekanntmachungen. Zwar waren mit den drei rheinischen Erzbischöfen und einem der
Markgrafen von Brandenburg vier der sieben Kurfürsten persönlich anwesend,^ doch

337 Cronica S. Petri Erfordensis moderna, S. 305:... cum gion'a et Sonore et sotemUtate deMta est corowa-
tus; hiernach Chronici Saxonici Continuatio (Thuringica) Erfordensis, S. 466, verkürzend: wart
er mit grozew erer; gecrowet; Gesta Treverorum. Gesta Boemundi archiepiscopi Treverensis, S. 475:
... cum soHempnz'tate magna.
338 Fahne (Hg.), Codex Diplomaticus Salmo-Reifferscheidanus, Nr. 424, S. 308, nach einem Trans-
sumpt aus dem Jahre 1653:... do der rdmz'scde Königs Adotf pon Nassanpe geöodrn zu Aacden: einrt/tt,
nnd uor den: Münster a/stand. Siehe für den Text auch GtERSBERG, Erbmarschallamt, S. 320, mit
leichten Abweichungen in der Schreibweise.
339 Fahne (Hg.), Codex Diplomaticus Salmo-Reifferscheidanus, Nr. 424, S. 308.
340 Vgl. hierzu zusammenfassend unten, Kapitel 6.7.1. Die Erinnerung des Grafen Ruprechts III.
von Virneburg (nnd wir uns des waü ^ersinnen) ist trotz des großen zeitlichen Abstandes durch-
aus glaubwürdig, da sowohl die Anwesenheit des Herrn von Falkenburg als auch von Rup-
rechts Vater Ruprecht II., der seinen jungen Sohn offenbar zur Krönung mitnahm, urkundlich
belegt ist (vgl. RI VI,2 Nr. 1006, wo jedoch die Ordnungszahl der Grafen um eins zu niedrig an-
gesetzt ist). Hierfür spricht außerdem die Tatsache, dass Ruprecht zugibt, von den späteren Krö-
nungen keine Kenntnis zu haben, wawf wir wif daNi erdwarer; (Fahne [Hg.], Codex Diplomaticus
Salmo-Reifferscheidanus, Nr. 424, S. 308). Zur Entstehung der Aufzeichnungen siehe unten,
Anm. 1120.
341 Denkbar wäre natürlich, dass der König nach seinem Einritt sofort die Kirche besuchte, aber
erst einige Zeit später gekrönt wurde, wie es von späteren Krönungen überliefert ist (vgl. unten,
Kapitel 6.7.1), doch fehlen diesbezügliche Anhaltspunkte. Vincenz Samanek spricht demnach
nur allgemein von den »Begleitumständen der Ankunft« (RI VI,2 Nr. 1006). Andererseits ist erst
in den Zeugenaussagen zur Ankunft Heinrichs VII. nicht mehr explizit von der Kirche die Rede
(siehe unten, Anm. 588).
342 Quix (Hg.), Codex Diplomaticus Aquensis, Nr. 166. Bei dem genannten Markgrafen von Bran-
denburg dürfte es sich um den Kurfürsten Otto IV. gehandelt haben (vgl. Regesten der Mark-
grafen von Brandenburg aus askanischem Hause, Nr. 1547-1549). Hierfür spricht auch die Be-
zeichnung als Ak'cGs przweeps wosfer, die Adolf in der Urkunde auch für die drei geistlichen
Kurfürsten gebraucht.
 
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