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Lorke, Ariane; Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Kommunikation über Kirchenreform im 11. Jahrhundert (1030-1064): Themen, Personen, Strukturen — Mittelalter-Forschungen, Band 55: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.54853#0111
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110

II Charakteristika der Kirchenreform des 11. Jahrhunderts

Bürger ohne Sakrament gestorben.572 Aufgrund dieser negativen Auswirkungen
eines eigentlich wohlmeinenden Ansinnens - im Grunde stritt auch Damiani für
die Bekämpfung der Simonie573 - tadelte der Kardinalbischof das aufrührerische
Treiben der Vallombrosaner außerhalb ihres Klosters.
Petrus Damiani engagierte sich jedoch nicht nur als Friedensstifter, sondern
ist auch als Verfechter urkirchlicher Ideale für die Weltkleriker bekannt gewor-
den: In Briefen und Predigten kritisierte er deren Privateigentum und man-
gelndes Gemeinschaftsleben. Dem Eremitentum romualdinischer Prägung si-
cherte indes vor allem seine 1042 abgefasste Vita Romualdi weiteren Zulauf.574
Romuald selbst hatte bei seinem Tod 1027 nämlich weder eine Regel hinterlassen
noch die von ihm geleiteten Gemeinschaften organisatorisch zusammengefasst,
so dass viele von ihnen rasch verfielen. Damianis Lebensbeschreibung zeichnete
den Spannungsbogen von cura animarum und eremitischer Weltflucht in der
Person Romualds nach, der die Verbindung von vita contemplativa und vita activa
angestrebt hatte. So schuf Damiani ein hagiographisches Leitbild575, das durch
Leitlinien für die Eremiten von Fonte Avellana576 ergänzt und breit rezipiert577
wurde: statt einsamen Umherstreifens vita communis, persönliche Besitzlosigkeit,
klösterlicher Gehorsam, Keuschheit, Fasten, dürftige Kleidung, regelmäßiger
Gottesdienst und körperliche Zucht.578 Trotz dieser inhaltlich schärferen Tren-
nung von Eremiten- und Mönchtum blieben die Übergänge zwischen beiden
Lebensformen weiterhin fließend, wie ein Brief Damianis zeigt: Darin tadelte er
einen von ihm selbst eingesetzten und von den Eremiten einer seiner Grün-
dungen gewählten Vorsteher, weil dieser ohne Weiteres die Leitung eines
Mönchsklosters übernommen habe.579 Damianis Bemühungen um einen regu-
lierten Eremitismus überschnitten sich dabei teilweise mit der Kirchenreform.
Den antisimonistischen Predigten des Florentiner Stadteremiten Teuzo bei-
spielsweise suchte er durch Briefe und persönliches Gespräch einen Riegel vor-
zuschieben und so die Qualität des Reformwerks zu sichern: Teuzo stütze den
Kampf gegen Simonie nicht, vielmehr gefährde er ihn durch irreführende Pre-
digten, die auf mangelhaften Kenntnissen beruhten.580

572 Petrus Damiani, Briefe 3, Nr. 146 an Klerus und Volk von Florenz, datiert auf die Fastenzeit 1067;
vgL dazu Zumhagen, Konflikte 2002, S. 189, Anm. 94 und S. 197 sowie Vasaturo, Espansione
1962, S. 461.
573 S. oben Abschnitt II.2.3.
574 So Kempf, Kirche 1966, S. 377.
575 Zu Romuald als Modell-Eremit vgl. Phipps, Romuald 1985.
576 Dieser von Romuald gegründeten Einsiedelei stand Damiani seit 1043 als Prior vor.
577 Die Leitlinien sind in Damianis Briefen (Petrus Damiani, Briefe 1, Nr. 18; Briefe 2, Nr. 50; Briefe 4,
Nr. 153) überliefert und hätten nach Freund, Studien 1995, S. 127f. frühe und breite Überlieferung
auf der italischen Halbinsel erfahren, woraus auf ein reges Interesse an ihnen zu schließen sei.
578 Laudage, Reform 1993, S. 121. Die Ähnlichkeiten zwischen den Lebensregeln von Fonte Avell-
ana und Camaldoli seien nach Freund, Studien 1995, S. 126-150 weitreichend.
579 Weder über das Kloster, noch über den mit Gebizo bezeichneten Leiter der Einsiedelei oder das
Brief da tum sei nach Reindel, Studien 1959, S. 65 etwas Genaueres herauszufinden. Reindel
vermutete allerdings, es könnte sich um S. Lorenzo in Campo gehandelt haben. Vgl. Petrus
Damiani, Briefe 4, Nr. 176, S. 279f., Anm. 1.
580 Petrus Damiani, Briefe 2, Nr. 44, ausführlicher unten Abschnitt VI.3.11.
 
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