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Lorke, Ariane; Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Kommunikation über Kirchenreform im 11. Jahrhundert (1030-1064): Themen, Personen, Strukturen — Mittelalter-Forschungen, Band 55: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.54853#0113
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II Charakteristika der Kirchenreform des 11. Jahrhunderts

massiver aus und erlebte zur Zeit Papst Gregors VII. ihre Blüte. Einen exklusiven
Einblick in die Verhältnisse des Loiretales erlaubt die Dissertation von Foulon,
doch sind auch hier kaum relevante Kontakte nachzuweisen.588 Ebenso verhält es
sich für „England, das nächst Italien eremitenreichste Land im damaligen Eu-
ropa" so Jakobs mit Bezug auf das 12. Jahrhundert - das 11. Jahrhundert kenne
nach Dauphin indes keine Äquivalente zu Petrus Damiani oder Romuald von
Camaldoli.589
Abgesehen von der Nähe zum Mönchtum weisen einige der Formen des
Eremitentums in Italien und Frankreich paradoxerweise enge Verbindungen zur
Gesellschaft wie auch zum Kanonikertum auf und waren in diesem Zusam-
menhang „incredibilmente mobili"590. Dies liegt sowohl im seelsorgerischen
Anspruch wie auch im sich durchsetzenden Armutsideal von Eremiten und
Kanonikern begründet.591 Gerade für den italischen Reichsteil ist zudem ein
frühes Interesse Ottos III. und Heinrichs II. an der inhaltlichen Entwicklung
religiöser Gemeinschaften zu konstatieren, während der lokale Adel vorrangig
dynastisch motiviert war.592
Im Rahmen der Kirchenreform engagierten sich demnach Eremiten wie
Dominicus von Sora, Johannes Gualbertus, Teuzo und insbesondere Petrus
Damiani für die Entwicklung des Eremitentums auf organisatorischer und
normativer Ebene sowie zugleich für die Reform des monastischen und kleri-
kalen Lebens hinsichtlich Nikolaitismus und Simonie. Johannes und Petrus
griffen zudem in die patarenischen Bewegungen Oberitaliens ein: Sei es als
Anführer der Simoniekritiker, sei es als Vermittler zwischen Traditionalisten und
Neuerem.
II.3.2 Mönche
Mit den Bestimmungen des Aachener Konzils aus dem Jahr 816 wollte Ludwig
der Fromme der großen Heterogenität an religiösen Lebensformen Einhalt ge-
bieten, wie sie im Verlauf des Frühmittelalters im Frankenreich entstanden
war.593 Seither war das abendländische Mönchtum den Regeln Benedikts von
Nursia verpflichtet und strebte grundlegend danach, den einzelnen Mönch
möglichst als Bild Gottes wieder herzustellen.594 Zu diesem Zweck zeigte es sich

588 Foulon, Eglise 2008.
589 Jakobs, Rezension 1967, S. 647, Dauphin, Eremitisme 1965, S. 271.
590 Violante, Eremitismo 1972, S. 138.
591 Vgl. Miccoli, Pier 1999; Boesch, Giovanni 1962. Einerseits beobachte man einen „processo di
clericalizzazione, con il passaggio di chierici alla vita eremitica e di eremiti allo stato chiericale
fino alla costituzione di comunitä canonicali d'origine eremitica, e si delinea la tendenza di
parecchi gruppi di eremiti a trasformarsi in cenobi"; andererseits „eremiti laici accentuano
l'impegno di predicazione e la vocazione di apostolato" so Violante, Eremitismo 1972, S. 142.
592 Zusammenfassend für Otto III. vgl. D'Acunto, Monachesimo 2006, S. 292.
593 Vgl. Semmler, Mönche 1980; ders., Beschlüsse 1963.
594 Vgl. K. A. Frech, Reform 1992, S. 91.
 
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