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Lorke, Ariane; Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg [Contr.]; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Kommunikation über Kirchenreform im 11. Jahrhundert (1030-1064): Themen, Personen, Strukturen — Mittelalter-Forschungen, Band 55: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2019

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.54853#0266
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III.3 Strukturelle Aspekte

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zunächst ausschließlich kaiserlich-päpstlicher Verantwortung, sondern wurden
teilweise selbst zum Einberufungsgrund. Die Synodalergebnisse und -dekrete
erhoben zudem Anspruch auf kirchenweite Akzeptanz. Um 1055 begann das
Papsttum mehr und mehr Verantwortung in die Hände von Legaten zu legen
und beschränkte gleichzeitig die eigene Präsenz auf die jährliche Generalsynode
in Rom. Parallel dazu diskutierten nun auch wieder Provinzialsynoden in bi-
schöflicher Verantwortung. Die Reformdiskussion wurde intensiviert, Be-
schlüsse gefasst, und deren Nicht-Umsetzung bzw. Fehlverhalten zeitnah ge-
ahndet.
Dabei ist zu bemerken, dass sich die Synoden nicht erst zu so genannten
„Gerichtssitzungen" (Gresser) wandelten, sondern auf ihnen schon in den 1020er
und 1030er Jahren Streitfälle zur Verhandlung kamen.1378 Die reformerische
Wirksamkeit der 36 Synoden ist mehrfach in Form von brieflichen Rekursen auf
dortige Treffen, urkundlichen Erwähnungen von dort Beschlossenem oder an-
derweitig belegter Umsetzung der Synodaldekrete nachweisbar.1379 In der Praxis
erwies sich die Umsetzung der in einem geschützten Diskussionsrahmen ent-
standenen Dekrete jedoch nicht selten als schwierig bis lebensbedrohlich.1380
Uber das Zustandekommen, die Art, Dauer und Verlauf von sonstigem
mündlichen Austausch sind wir lediglich durch briefliche Schlaglichter unter-
richtet. Zudem erschweren die Retrospektive und eine immer zu berücksichti-
gende Subjektivität des Briefschreibers verallgemeinernde Aussagen aus diesem
Material.
Augenscheinlich gab es verschiedene Arten der Gesprächsführung, deren
Aufeinandertreffen Irritationen verursachten. So stieß sich Petrus Damiani beim
Besuch in der Eremitenzelle Teuzos daran, schon zu Beginn und immer wieder
während des Gespräches, Fragen gestellt zu bekommen. Dieses schon bei So-
krates erfolgreiche rhetorische Mittel des steten Hinterfragens ließ selbst einen
rhetorisch erfahrenen Damiani verzweifeln. All seine biblischen und kirchlichen
Vorbilder griffen ins Leere, da deren Vorbildhaftigkeit immer wieder ange-
zweifelt wurde.1381

1378 Der Begriff bei Gresser, Synoden 2006, S. 568.
1379 Hier nur drei Beispiele: Laut Petrus Damiani, Briefe 1, Nr. 38 an Bischof Gisler von Osimo habe
Damiani die Rückkehr eines Mönchs in die Welt kürzlich bei einem römischen Konzil gegenüber
Leos angesprochen. Damiani kontaktierte Bischof Guido von Numana, der solches gutgeheißen
haben soll, auf dieser Synode - Guido konnte sich jedoch vor Ort rehabilitieren. - Eine Urkunde
Bischof Airards von Nantes zeigt ihn als Unterstützer laikaler Güterrestitutionen und Verkünder
der diesbezüglichen Beschlüsse der Lateransynode von 1050. S. unten Anm. 1719. - Erzbischof
Adalbert von Hamburg-Bremen kämpfte unter Bezug auf die Mainzer Synode 1049 gegen Ni-
kolaitismus. S. oben Anm. 297.
1380 Die in der vorigen Fußnote erwähnte Episode zu Airard von Nantes trug nicht zuletzt zur
Beschwerde des Klerus über Airard beim Papst bei. S. unten Anm. 1721.- Bischof Adelmann von
Brescia veröffentlichte als einziger lombardischer Bischof im Jahr 1060 die Dekrete Nikolaus' II.
gegen die Simonie, wurde dafür - laut Bonizo - von seinem Klerus fast zu Tode geschlagen und
verstarb ein Jahr später vermutlich an den Folgen. S. oben Anm. 760.
1381 Petrus Damini, Briefe 2, Nr. 44. Zu Teuzo s. unten Abschnitt VI.3.11.
 
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