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Lorke, Ariane; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]; Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg [Contr.]
Kommunikation über Kirchenreform im 11. Jahrhundert (1030-1064): Themen, Personen, Strukturen — Mittelalter-Forschungen, Band 55: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.54853#0378
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VI.3 Religiöse

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die Jahre 1031 bis 1045 angenommen und das Schreiben im Zusammenhang mit
Erzbischof Aribert II. von Mailand2036 (reg. 1018-1045) gesehen, doch plädierte
Samaritani im Jahre 2000 für eine Entstehung weit in der zweiten Hälfte des 11.
Jahrhunderts.2037 Ich schließe mich der Sicht Rusconis an, der jüngst eine neue
Ausgabe der Werke Guido besorgte, die Argumente Samaritanis für nicht
überzeugend hielt und der älteren Interpretation den Vorzug gab.2038 Mit 29
nachweisbaren Handschriften des 11. und 12. Jahrhunderts2039 entfaltete die
Epistola Widonis jedenfalls eine beachtliche Wirkung, denn sie wurde fälschli-
cherweise Papst Paschalis zugeschrieben.2040 Eine Identität mit dem Guido
Aretinus von Fonte Avellana, der zu 1030 als Koadjutor, ab 1047 als Prior belegt
ist und am 17. Mai des Jahres 1050 starb, ist nicht ausgeschlossen,2041 so dass ein
näherer Kontakt zu Petrus Damiani möglich wäre. Samaritani andererseits
glaubte „quasi certamente" an eine Rückkehr nach Pomposa, wo Guido zwi-
schen 1037 und 1046 als abbas suffectus amtiert haben sollte und wo ein Mönch
und Priester Guido bis 1081 urkundlich fassbar ist.2042 Da Damiani zwei Jahre in
Pomposa predigte, könnte auch auf diese Weise ein Kontakt entstanden sein,
doch ist darüber nichts Näheres bekannt - ausnahmsweise schweigen Damianis
Briefe in dieser Hinsicht. Vorher könnte Guido, wie eine Notiz Adams von
Bremen nahe legt, Erzbischof Hermann über die Alpen nach Bremen begleitet
haben, woraus Samaritani wiederum schloss, er könnte dort „esercitato mini-
stero di riforma ecclesiale, con animo immutabilmente eremitico".2043

(mit Varianten der Kurzversion) bei Gilchrist, Epistola 1981, S. 594-604. Zu diesem Brief vgl.
zuletzt Rusconi, Opere 2005, S. XLIV, LXXIIIf. Zu früheren Datierungsversuchen wie auch einer
möglichen Autorschaft Humberts von Silva Candida vgl. Dischner, Humbert 1996, S. 86-89.
2036 Zu Ariberts sonstigem Engagement für die Wiederherstellung des Gemeinschaftslebens an der
Kirche S. Ambrogio wie auch an der Kathedrale S. Maria Maggiore vgl. Lucioni, Arcivescovo
2007, S. 355; Cowdrey, Archbishop 1966 und s. oben Anm. 687. Violante, Societä 1981, S. 294f. sah
in Ariberts Verhalten zumindest eine Milderung, weil er dem Wucher durch feste Beiträge
Grenzen setzte, damit diese Zahlungen der Kirche nicht verloren gingen.
2037 Samaritani, Contributi 2000, S. 114.
2038 Rusconi, Opere 2005, S. XLIV. Die Argumente von Dischner, Humbert 1996, S. 86-89 können
keinesfalls überzeugen, denn die Ähnlichkeit der Argumente und die Identität mit Beispielen
sowie Quellen des Humbertinischen Hauptwerkes gegen die Simonie können nicht nur für eine
Autorschaft Humberts von Brief und Libri tres sprechen. Ebensogut könnte Humbert die Ar-
gumente eines fremden Briefes zu seinen eigenen gemacht und diesen als Vorlage benutzt haben.
Auch eine Umdatierung, insbesondere in die Jahre 1054f. wie von Michel vorgeschlagen, wäre
damit hinfällig.
2039 Gilchrist, Epistola 1981, S. 585-591.
2040 Ebd., S. 582, 585-593. Vgl. zuletzt Deutinger, Simonisten 2009, S. 147f.
2041 Sachs, Guido 1989, Sp. 1772. Er starb nach 1033.
2042 Samaritani, Contributi 2000, S. 120,122-125. Ob es sich stets um denselben Guido handelte, kann
an dieser Stelle nicht nach verfolgt werden. Dass der Musiktheoretiker die Nachfolge des heiligen
Guido von Pomposa antrat, hielt hingegen auch Samaritani (S. 123) für eine zu gewagte Ver-
mutung.
2043 Adam Bremensis, Gesta Hammaburg. II 66, S. 310, Z. 4-6: „quidem musicum Guidonem adduxit
Bremam, cuius instantia correxit melodiam et claustralem disciplinam“. Vgl. Samaritani, Contributi
2000, S. 116,120 (hier das Zitat).
 
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