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Kamenzin, Manuel; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0440
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A 1.1. Grablegen

439

dass das Herz seines Sohns ebenfalls dort liege. Das Grabmal samt Inschrift
wurde im 16. Jahrhundert errichtet, im Dreißigjährigen Krieg jedoch zerstört und
danach in neuer Gestaltung wieder auf geb aut.2549 Die Inschrift ist heute nicht
mehr erhalten. Sie ist lediglich durch eine Abschrift aus dem 17. Jahrhundert
bekannt.2550 Die zeitgenössische Überlieferung berichtet nichts über eine solche
Herzbestattung. Vergleichsfälle zeigen, dass einige Klöster in Spätmittelalter
und Früher Neuzeit das Grab eines Königherzens in ihren Mauern herbei-
schrieben.2551
Die Beisetzungen Ludwigs IV. und seiner Frau wenige Jahre zuvor waren die
Startpunkte einer dynastischen Grablegetradition der Wittelsbacher im Chor der
Marienkapelle.2552 Der zeitnah schreibende Michael de Leone gibt dabei aus-
drücklich an, dass der Kaiser bei seiner Frau bestattet worden sei.25531468 wurde
mit dem Bau der neuen Frauenkirche begonnen und eine Gruft angelegt, in
welche alle bis dahin Beigesetzten überführt wurden.2554 Wohl zu diesem Zeit-
punkt wurde auch die berühmte Grabplatte für Ludwig IV. von dem Bildhauer
Hans Haldner geschaffen.2555 Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde die Gruft
auf Wunsch Herzog Maximilians I. nochmals umgestaltet. Im Zuge dieser Ar-
beiten wurden sämtliche Knochen in der Gruft in einer großen Truhe gesammelt,
da eine Zuordnung nicht mehr möglich war.2556 Die Gruft wurde 1823 nochmals
umgearbeitet und ist auch bei der Domrestaurierung 1859 geringfügig verändert
worden.2557 Die Gebeine Kaiser Ludwigs IV. sind heute nicht mehr erhalten,
beziehungsweise sie sind nicht bestimmbar.2558 Naturwissenschaftliche Unter-
suchungen sind daher nicht möglich.
Die Beisetzung Ludwigs IV. zeigt in erster Linie, wie gesichert seine Herr-
schaft als bayerischer Landesherr war. Kaum eine zeitgenössische Quelle be-
richtet von Hindernissen bei der Bestattung des Exkommunizierten.2559 Dies
erscheint verständlich, befand sich das Herzogtum doch bereits seit Jahren unter

2549 Siehe Czerny, Tod, S. 647-653.
2550 Siehe hierzu Schmid, Inschrift; Czerny, Tod, S. 52 f. äußert sich hierzu zunächst noch skeptisch,
dies., Memoria, S. 694 dann auf unveränderter Grundlage: „Sehr wahrscheinlich, aber nicht
endgültig bewiesen ist, dass das Herz Kaiser Ludwigs IV. [...] in Fürstenfeld bestattet wurde."
2551 Siehe Kapitel A 1.4., A 1.1.9. und A 1.1.7.
2552 Einen Überblick über die hier bestatteten Wittelsbacher gibt List, Grablegen, S. 529-534.
2553 Michael de Leone, De cronicis temporum hominum modernorum, S. 473: [...] in sepulchro prioris
sue conthoralis sepultus. - Bei Ausgrabungen 1949 im Dom wurden Reste der Grabkammer
gefunden, die für zwei Personen Platz bot, Horn, Ausgrabungen, S. 63.
2554 Mayer, Domkirche, S. 430 f.
2555 Hierzu Gröber, Grabplatte; Karnehm, Frauenkirche, S. 54-64.
2556 Siehe hierzu Mayer, Domkirche, S. 431 f.; neuer Karnehm, Frauenkirche, S. 148-152.
2557 Diese Veränderungen von 1823 sind dokumentiert durch Baumgartner, Beschreibung. Dazu
Mayer, Domkirche, S. 432 f. - Zu 1859, ebd., S. 433.
2558 Anderer Ansicht war Joachim Faßl, der aufgrund der oben aufgeführten Überlieferung (S. 438
Anm. 2543) 1877 in der Augustinerkirche in München Grabungen anstellte und der festen
Überzeugung war, die Gebeine des Kaisers gefunden zu haben, Faßl, Grabstätte. Der Fundort
widerspricht dabei der gesamten Überlieferung, weshalb Faßls Ansicht kaum rezipiert wurde.
An den vom ihm gefundenen Gebeinen wurden keine näheren Untersuchungen vorgenommen.
2559 Siehe Kapitel 4.3.3., Abschnitt „Sterbebrauchtum".
 
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