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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 6.1877-1878

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https://doi.org/10.11588/diglit.5788#0012
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VI. Jahrgang.
F- 2.

Beiträge
u. Zuschristen Bind an die
Kanzlei der „Gesellschaft
slir vervielf. Kunst",Wien
VI., MagdalenenstraßBe2si
zu richten.

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3o. Januar.
1878.

Inserate
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den von der Expedition
der „Zeitschrist sür bild.
Kunst" (E. A. Seemann)
in Leipzig angenommen.

Gesellschaft für vervielfältigende Kunst.
}3eilage zur „Zeitschrift för bildende Kunst. "

Dir „Mittheilungen" erscheinen je nach Bedars in zwanglosen Fristen undwerden den Mitgliedern der „Gesellschaft
sür vervielsältigende Kunst" sowie den Abonnenten der ,,Zeitschrist sür bildende Kunst" gratis geliesert.

Inhalt: Ordentliche Publikationen. — Zwei Cartona vun Kaulbach.
— Original-Radirungen. — Kleine Mittheilungen. — Inserate.

Ordentliche Publikationen.
Galeriewerk älterer Meister. Lieferung IX.
„Violante" von Palma Vecchio, gestochen von
/. Burger.
Wie die kunsthistorische Forschung das böse
Weib Dürer's aus der Geschichte verbannt
hat, so hat sie auch mit rauher Hand die
schöne Mythe zerstört, welche den Venezianer
Jacopo Palma umspann und ihn zum glück-
lichen Vater der weltberühmten drei Grazien
machte, die zu den kostbarsten Besitzthümern
der Dresdener Galerie gehören. Die ganze
Reihe der herrlichen Frauenbilder, unter
denen die «Violante» des Wiener Belvedere
wohl den Preis verdient, ist für uns eine
ebenso lange Kette ungelöster Räthiel. Wir
wiss'en nicht, in welchen Beziehungen der
Maler zu ihnen stand, wir wiss'en nicht, ob
wir Portraits vornehmer Damen oder nur
idealisirte Modellschönheiten vor uns haben
— nur so viel ist sür uns sicher, dass die
Frauen des Palma Vecchio typisch sür
ihre Zeit sind und uns das zuverlälsigste cul-
turhistorische Material zur Beurtheilung der-
zeitiger Damenmoden und des herrschenden
üppigen Geschmacks an die Hand geben.
Ift doch das goldig schimmernde, seiden-
glatte Haar, welches all die schönen Frauen-
köpse des Malers schmückt, ein Product ras-
sinirter Toilettenkunst, der arte biondeggiante,
die von den venezianischen Frauen gleichwie

von den Damen des kaiserlichen Roms mit
vollendeter Meisterschast geübt wurde. Vittore
Carpaccio zeigt uns aus einem lieblichen
Genrebilde des Museo Correr in Venedig
zwei Frauen aus einen Balkon sitzend, das
Haupt mit der Solana, einem breitkrämpigen
Hute ohne Boden, bedeckt, um die lang
herabwallenden, mit dem geheimnissvollen
Färbemittel gesalbten Haare an der Sonne
schneller zu trocknen. Carpaccio war aus
der Schule des Bellini hervorgegangen, und
schon er machte die ersten Versuche, die
Schönheit des Weibes aus der transcenden-
talen, schwärmerischen Verklärung, die sie
durch Giovanni Bellini ersahren, in die
linnliche Wirklichkeit hinabzuziehen. Er be-
kleidete die Heiligen der Kirche mit pracht-
vollen Gewändern, die sich in breiten, ma-
jestätischen Falten ergossen. Als der junge
Giacomo Palma aus der Heimath — er
war um das Jahr i48o in dem Flecken Seri-
nalta bei Bergamo geboren — nach Ve-
nedig kam, stand Carpaccio aus der Höhe
seines Ruhms. An ihn, welcher dem jungen
Bergamasken im Vergleich zu dem ehrwür-
digen Bellini als der Modernere erscheinen
mochte, scheint sich Palma angeschloffen
zu haben. Daneben blieb auch der ernftere
Cima da Conegliano nicht ohne Einssuss
aus ihn. Im Allgemeinen verleugnet er nir-
gends seine Herkunst aus dem bellinesken
Kreife, wiewohl sich ein beftimmtes Ver-
hältnifs zu einem der tonangebenden Meister
Venedigs nicht nachweifen lässt.
Wenn Palma der Aeltere unter den
venezianischen Malern der reissten Blüthe
 
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