Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1897

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4069#0012
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext


Correspondenz.

Aus De flau. Eine vollmundige Sammlung der Kupferfliche und
Karbendrucke der ehemaligen Furltlieh Deffauifchen Chalko-
graphifchen Gefellfchaft« ift jetzt zum eilten Male in Deffau
zufammengebracht und durch den Anhaltinifchen Kundverein öffentlich
ausgeftellt. Erft hierdurch iftes möglich geworden, den rechten Oberblick
über die Thatigkeit der Gefellfchaft zu gewinnen Nach einer zehnjährigen
Wirkfamkeit von 1796—1S0G ift während der nachfolgenden Kriegsjahrc
und in Folge des damit verbundenen Niederganges der Kunftpflege die
Erinnerung an die Wirkfamkeit der Chalkographifchcn Gefellfchaft fafi
verwifcht worden. Doch die Thatigkeit von Künftlern wie Johann Peter
Pichler, Johann J ose f Frei d ho ff und J ohann Gerhardt Hu ck,
welche die bedeutendftenMeifterdes damals in Deffau angefiedeltenKupfer-
fteeherkreifes waren, bildet eine Epifode in der Gefchichte des deutfehen
Kupferftiches, die in mehr als einer Hinlicht intereffant ift. Der Vcrfuch,
die Kupferftecherkunft durch die Begründung der Chalkographifehen
Gefellfchaft in Deffau heimifch zu machen, ift gefcheitert trotz der hoch-
herzigften Förderung eines Landesfürften, der auf anderen Gebieten der
Kunftpflege, namentlich durch feine berühmten Parkfehöpfungen in
Worlitz fowie durch feine Schlofsbauten, feine Sammlungen von
Sculpturen der griechifch-römifchen Epoche und Gemälden des Mittel-
alters und der RenailTancc in fo hervorragender Weife gewirkt hat. Dies
Alles fällt umfo mehr ins Gewicht, wenn man bedenkt, dafs Deffau
Jamals nur die Hauptltadt eines kleinen Theiles der unter vier ver-
fchiedene Fürftenhäufer gctheiltcn Anhaltinifchen Lander bildete. Den
eilten Anftofs zur Gründung der Chalkographifehen Gefellfchaft gab
Freiherr v. Brabeck, der in Söder bei Hildesheim eine ehemak viel-
genannte Gemäldegalerie befafs. Brabeck war auf dem Therefianum in
Wien erzogen worden, trat dann zum geiftlichen Stande über, wurde
Domherr in Hildesheim und Paderborn, zog lieh indeffen fpäter ins
Privatleben zurück und widmete lieh vorzugsweife feinen künfllenfehen
Neigungen. So hatte er es unternommen, in Verbindung mit feiner in
Söder befindlichen Gemäldegalerie ein Kupferftich-Inftitut zu begründen,
welches die Werke diefer Galerie vervielfältigen follte. Er hatte zu diefem
Zwecke die Kupferftecher Huck und Freidhoff engagirt, Zeichnungen
nach Gemälden anfertigen laffen, Kupferdruckpreffen angefchafft und
bereits mehrere Blätter auf eigene Rechnung ausführen laffen. Doch
im Verlaufe diefer Arbeiten fcheint Brabeck eingefchen zu haben, dafs
das Unternehmen über feine Kräfte hinausging Der Fürft Franz von
Anhalt-Deffau war mehrfach auf feinen Reifen nach England als Galt des
Freiherrn im Schlöffe zu Söder gewefen Brabeck kannte die hoch-
herzigen künftlerifchen Gelinnungen des Fürflen und es gelang ihm, den
Fürften dafür zu gewinnen, das Kupferftich-Inftitut unter der Protection
des Fürften nach Deffau zu verlegen. In einer Denkfchrift, die Brabeck
zu diefem Zwecke verfafst hatte, entwickelte derfelbe die phantaftifchften
Plane. Das Inftitut werde fortan den Import der engfifchen und fran-
zolifchen Kupferfliche in Deutfchland erietzen und dadurch einen fo
reichen Ertrag abwerfen, dafs von dem Gewinn eine Akademie für alle
Kunlte in Deffau unterhalten werden könne. Die gefammte deutfehe Kunft
werde durch diefes Inftitut höheren Zielen entgegengeführt werden. Die
Chalkographifche Gefellfchaft wurde im Jahre 1796 als Aeüengefellfchaft
gegründet, bei der der Fürft und einige dem Hofe naheftehendeKunftfreunde
die Haupttheilnehmer waren. Die Kupferftecher, welche nach Deffau
berufen wurden, waren aufser Huck und Freidhoff folgende: Johann
Peter Pichler, Michelis, W. Arndt, Haldenwang, Schlotter-
heck, Oltermey er, Höffel, Dietrich, Jügel, K arl Kunz, Ludwig
B u ch h or n und L ange n h o f f e I. Der Letztgenannte wurde mit der
Direction der Gefellfchaft betraut. Ebenfalls für die Gefellfchaft arbeiteten
Johann Friedric h Baufe und Franz Xaver Gebhardt, die indeffen
nicht nach Deffau überfiedelten. Als Kupferdrucker wurde der ausge-
zeichnete Karl Senn berufen, welcher nachmals in Wien eine hervor-
ragende Thatigkeit entfaltet hat. Bei einem Überblick über die Kupferftiche
der Gefellfchaft zeigt lich,dafsder Schwerpunkt ihrerLeistungsfähigkeit in
der Schabkunft lag. Die Blätter, welche Pichler, Freidhoff und Huck für
die Gefellfchaft gefchabt haben, gehören mit zu dem Bellen, was der
deutfehe Kupferftich in jener Zeit auf dem Gebiete der Schabkunft

8 —

geleiftet hat. Allerdings, der Verfuch, auf diefem Gebiete die Leiftung
Englands und Frankreichs zu übertreffen, ift mifslungen. Befonders gilt
dies von den farbigen Abdrücken der Schabkunftplatten, welche in
Deffau einen grofsen Thcil der Production bildeten. Die einzelnen
Abdrucke wurden durch Retouchen mit Deckfarbe in fo ausgedehnter
Weife übermalt, dafs dadurch der Reiz des farbigen Kupferdrucks viel-
fach verloren gegangen ift. Noch mehr gilt dies von den Verfuchen, mit
Aquatinta-PIatten farbige Abdrücke herzustellen. Zu einem nennens-
werthen künftlerifchen Ergebnifs haben diefe Verfuche trotz der aus-
gedehnten Production nicht geführt. Das Verzeichnifs fämmtlicher
Blatter der Chalkographifehen Gefellfchaft hat jetzt der Befitzer der
ausgeftellten Sammlung, Hofbaurath Georg Böttger, nach den Acten
der Gefellfchaft neu herausgegeben. Hoffentlich wird diefe Ausftellung
der Stadt Deffau die Veranlaffung dazu geben, nunmehr fyftematifch die
Kupferfliche der Chalkographifehen Gefellfchaft zu fammeln, damit auf
diefe Weife das Andenken an die Bestrebungen der Gefellfchaft in einer
öffentlichen Kunftfammlung für die Nachwelt bewahrt wird.

G. V.

Der claffifche Bil derfchatz, herausgegeben von F. v.
Reber und A. Bayersdorfer, München, F. Bruckmann, ift fo
bekannt, dafs es kaum nothwendig erfcheint, dem Sculpturen-
fchatz, den jene beiden Autoren jetzt hinzufügen, empfehlende
Geleitworte zu geben. Er wird feinen Weg finden, wie ihn der »Bilder-
febatz« gefunden. Seine Billigkeit fiebert ihm weite Verbreitung, und
durch diefe wird er Kunftintereffe und Sammeleifer in Kreifen anregen,
die der Kunft mit mehr Theilnahme als Verftändnifs gegenuberflanden.
Die vorliegenden erften Hefte des Sculpturenfchatzes zeichnen fieh vor
den erften des Bilderfchatzes aus durch klarere und gefälligere Blätter.
Die Autotypie hat fich feitdem fichtlich vervollkommnet, und für die
Wiedergabe farblofer Sculpturen ift das Verfahren ja auch weit geeig-
neter, als für die Reproduktion von Gemälden, deren Nuancenreichthum
und deren zarte Einzelheiten z. B. im Bildhintergrunde naturgemäfs
nicht immer völlig zur Wiedergabe in Autotypie gelangen. Die Auswahl
der Originalvorbilder ift fehr gefchickt. Der Statue König Arthurs vom
Innsbrucker Maximiliansgrabmal liegt eine brillante Aufnahme zu Grunde,
ebenfo der Neapeler Bronceftatue des fitzenden Hermes, dem Brunnen-
putto des Verrochio, der Brutusbufte des Michelangelo. Erfreulich ift,
dafs Aufnahmen nach Originalen, nicht nach Gipsabgüffen zu Grunde
gelegt werden. Hoffentlich wird diefes Princip aufrecht erhalten. Möchte
doch das Unternehmen fo viel Beifall finden, dafs monatlich nicht nur
ein, fondern zwei Hefte erfcheinen können. Denn da die gefammte
Gefchichte der Plafiik von dem grauelten Alterthum bis zum Beginn
unferes Jahrhunderts berückfichtigt wird, durfte man fonft allzulange
warten, bis nur ein Grundftock gebildet ift. Die gefchichtlichen Notizen
auf den einzelnen Blättern und weiteren Zufätze auf dem Umfchlage find
fehr gewiffenhaft angefertigt. Den originellen Entwurf für den Umfchlag
lieferte der talentvolle Greiner, der im Klingerftile eine Darftellung des
menfehenfehäffenden Prometheus gab, wahrend in der Tiefe fich ein
Ausblick in Michelangelo's Werkftatt eröffnet. Wer diefes Umfchlagbtatt
mit dem des Bilderfchatzes vergleicht, der kann fich derThatfache nicht
verfchliefsen, dafs die neuere, den Gedanken betonende Kunftrichtung
einen flarken Fortfehritt in der decorativen Kunft bedeutet. Seh.

Berichtigung. Auf p. 108 des verlloffenen Jahrganges, bei der
Befprechung des 2. Bandes des Theaterwerkes ift die Reproduction des
Porträts der Schaufpielerin Peche irrthümlich als ein Dreifarbendruck
bezeichnet worden, während fie im Inhaltsverzeichnifie richtig als
Facfimile-Rcprod uetion angeführt wird. Wir wollen bei diefer
Gelegenheit erwähnen, dafs die Reproduction aus der Kunftanllalt von
Angerer & Göfchl flammt.

Manuscripte und Correspondenzen für die „Mittheilungen"
sind an die Redaction der „Graphischen Künste4' Wien, VI., Luft-
badgasse 17 zu richten.
 
Annotationen