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abftöfsend, künftig eine lehr zutreffende Vorftellung
geben werden von der phyfifchen Degenerirung in den
grofsen Bevölkerungscentren, wo das Proletariat zu-
fammenflrömt. In diefer Beziehung ift ein junger belgifcher
Künftler, Armand Rassenfosse, welcher neben Berch-
mans und Donnay einer der intereffanteften Maler aus
Lüttich ift, befonders charakteriltifch. Seine Radirungen,
an diefer Stelle fchwer zu analyliren, lind erfüllt von
einer ftrengen, unnaehlichtlich realiftifchen Moralität Sie
zeigen das Lafter, dem von einem Entrulteten, der die
Kehrfeite an's Licht ziehen will, die Hüllen herabgeriffen
werden. Für ihn exiftiren die hübfehen, lügnerifchen, auf-
reizend verführerifchen Gazefchleier nicht, nicht die klug
berechnende falfche Prüderie mit ihrem nur fcheinbar
decenten Aufzuge. Immer find es Leiber, aufgewühlt und
durchfurcht, wie die Erdfcholle durch den Pflug. Man fühlt
des Künftlers ehrlichen Hafs gegen das Gemeine gerade in
diefer Darfteilung des Gemeinen, feine herbe Bitterkeit
gegen den Leib, der nicht mehr Weib ift, fondern weicher
Lehm in den Händen des Lafters. Man empfindet Ekel und
Verachtung vor dem Weibthier, das in Folge des Verluftes
feiner Menfchenwürde den wundervollen, ewigen Eva-
Typus, wie er in den großen Jahrhunderten des Indivi-
dualismus lebendig war, verloren und gefchändet hat.
Diefe Radirungen erfcheinen wie dazu berufen, mit
flammender Schrift den ganzen Tummelplatz des Lafters
darzuftellen, die ganze Laufbahn vom Abfinth zum
Vitriol, vom Tanzlocal bis zum Marmortifch der Morgue
und zum Amphitheater der Anatomie, in ihrer tiefen und
gleichwohl tragifchen Erbärmlichkeit.
Im Vergleiche mitRops, der feinerfeitsviel univerfaler
und zugleich cosmopolitifcher ilt und von dem Rassenfosse
unläugbar abftammt, befitzt diefer eine eigene Specialität
von ganz befonderer Art, die von Liebhabern fcharfer
Contrafte und überrafchender Abfondeiiichkeiten außer-
ordentlich gefchätzt wird- Die Perverlität des Meifters,
feine fardonifche Pfychologie find beim Schüler ver-
fchwunden. An ihre Stelle ilt die gründliche Anftändigkeit
eines jungen Mannes getreten, der gar nicht dazu geeignet
fcheint, das Leben diefer freudemüden Opfer käuflicher
Liebe zu fchildern. Fall gegen feinen Willen fühlt er (ich,
wie durch eine Art racheforderrider Nothwendigkeit zu
folcherDarftellung hingezogen. Inmitten diefer Brutalitäten
hie und da einige fehr fchöne Linien, weiche graziöl'e
Rundungen wie bei »La Lyre«, Interieurfcenen von echt
niederländifchem Reiz, wie Die Büglerin« mit ihrem
blühenden Geraniumftock am Fenfter oder das Titel-
blatt von »L'Emerveillee« mit den köftlichen Grimaffen
fpitzbübifcher Mädchen. Der flammend rothe Entwurf
eines Titelblattes für »Das Lob der Narrheit- von Erasmus
charakterifirt dagegen in wunderbarer Weife jenen Grad
von Fülle, bei dem mit gutem Vorbedacht gerade
noch fo viel Fleifch vorhanden ilt. um die Vorftellung der
Üppigkeit nicht aufkommen zu laffen.
Ebenfalls in Lüttich, einer rechten Künftlerftadt wie
man lieht, verflicht [Ich Emil Berehmans, ein junger
Maler, mit fehr viel Glück in farbigem Vernis mou, nach-
dem er früher fchon in Compofitionen von Placaten be-
merkenswerthes Talent bewiefen hat. Seine erften Proben
lind von einer jugendlichen Grazie und blumenhaften
Zartheit, die höchst beftechend wirkt. »Adolefcence-, ein
Mädchen, das mit jugendlich langen Armen nach einem
Zweige langt, hell- und dunkelgrün auf dunkelgrünem
Grunde, ift ein anmuthiges Gedicht voll Frühlingsfrifche,
deffen Reiz noch erhöht wird durch den Mangel an Routine,
den der Künftler im Gebrauch der ihm neuen technifchen
Mittel an denTag legt. »Die Nymphe«, die von einem Faun
am Arm gefafst wird, ilt weniger gelungen; die Zeichnung
ift nicht genügend ftramm; wie dagegen das lichte Roth
lieh vom dunklen Waldgrund abhebt, ift nicht ohne
ftimmungsvollen Reiz. »Eva- in Thränen aufgelöft, über-
wältigt von der Erkenntnis ihrer Schuld, wie fie den
angebiffenen Apfel von fieh wirft, macht, trotzdem die
Seelenftimmung nur zart angedeutet ift, einen ergreifenden
Eindruck. »Elend» ift wie im Fieber oder Alpdrücken
entftanden, und zeigt Einflüffe von Vallgren und Odilon-
Redon in friedlicher Mifchung.
Endlich ein Schwarzdruck voll tiefer Melancholie,
eine junge Frau in Stadttoilette, mit einer dunkelrothen
Blume am Hut; dies ift, neben »Adolefcence-, obwohl
mit diefem in grellern Contraft, das befte Blatt aus einer
Fülle neuer Compofitionen, die der intereffanten Gruppe
von Lütticher Malern and Radirern zur grofsen Ehre
gereichen. William Ritter.
iri cl Dicoration*