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die er das humorvolle Bildchen gefetzt hat. Die Sammlung
umfafst 96 Seiten, mit Vollbildern, Textilluftrationen, Ini-
tialen und Zierftückcn. Orient und Occident, Allegorie und
Symbolik, Märchen- und Fabelwelt ziehen an uns vorüber
und vereinigen (ich unter dem Gefichtspunkte lyrifcher
Romantik zu einem einheitlichen Ganzen, für deffen all-
gemeine Werthfchätzung die Thatfache einer zweiten
Auflage deutliches Zeugnifs gibt.
Die künftlerifchen Qualitäten, die wir bereits bei
Befprechung der beiden vorher erwähnten Publicationen
zur Genüge charakterifirt haben, bilden auch die Vorzüge
diefes Bandes.
Hinfichtlich derCompolltion Iteckt Vogel noch durch-
wegs in der alten Schule des überkünftelten Arrangements.
Um moderne Naturbeobachtung, die uns deshalb fo ergötzt,
weil ße den feinften Zügen nachfpürt und mit Entdecker-
genie den Reichthum der Natur enthüllt, kümmert er lieh
wenig. Ihm ift vielmehr jene ältere und kritiklofere Art der
Naturauffaffung eigen, welche allgemein menfehliche
Empfindung in die Natur verpflanzt, unbekümmert, ob fie
für das herangezogene Naturobject gerade befonders
charakteriftifch ift oder nicht. Etwas Schematifches ift bei
folehem Vorgang wohl unvermeidlich und tritt befonders
dann mit grofser Deutlichkeit zu Tage, wenn der Stoff dem
Künftler nicht ganz zufagt. Ähnliches ift ja fchon bei feinem
grofsen Vorbilde Ludwig Richter anzutreffen. Nur ift es
bei diefem feinerzeit nicht fo aufgefallen, weil damals die
gefammte Kunft noch auf ein paar Dutzend Hauptregeln
eingefchworen war und das Typifche allgemein dem
Individuellen vorgezogen wurde.
Eine andere Seite, mit der wir uns nicht ganz
befreunden können, ift formeller Natur. Die Münchner
Xylographen-Schule hat ihre unleugbaren Vorzüge.
Männer wie Schempp, Schlumprecht, Kreffe, Strobel, dann
die in Leipzig und Berlin lebenden Höhnemann, Gedan,
Käfeberg und Andere find nicht umfonft zu Verdienft und
Anfehen gelangt, aber fie pflegen den malerifchen Holz-
fchnitt, eine Abart, der wir heute im Illuftrationswefen
ihre Berechtigung zum mindeftens nicht mehr in dem
Mafse zuzuerkennen vermögen, wie dies vor Erfindung
der photomechanifchen Reproductionsverfahren der Fall
war. Unfer Gefchmaek neigt von neuem der italienifchen
und deutfehen Holzfchnittmanier des 16. Jahrhunderts zu,
weil fie die einzige ift, die lieh mit dem Typendruek zu
einem harmonifchen Ganzen vereinigt und weil die Linie,
auf die fie ihr Hauptgewicht legt, das kräftiglte und natur-
gemäfsefte Ausdrucksmittel der Holzfchneidekunft ift. Es
ift fehade, dafs der wohlverdiente Ruhm der genannten
Künftler Einbufse erleidet, weil ihre Technik einem ver-
alteten Ziele zufteuert. Den Einzelnen dafür verantwortlich
zu machen wäre grundfalfch, die ganze Richtung ift reform-
bedürftig und die Erfolge der englifchen Illuftratoren-
Schule mit der Wiederbelebung der Claffiker des Holz-
fchnittes zeigen, auf welchem Wege dem modernen
Xylographen neue Lorbeern blühn.
Folnefics.
Aus dem Hermann Vogel Album
die er das humorvolle Bildchen gefetzt hat. Die Sammlung
umfafst 96 Seiten, mit Vollbildern, Textilluftrationen, Ini-
tialen und Zierftückcn. Orient und Occident, Allegorie und
Symbolik, Märchen- und Fabelwelt ziehen an uns vorüber
und vereinigen (ich unter dem Gefichtspunkte lyrifcher
Romantik zu einem einheitlichen Ganzen, für deffen all-
gemeine Werthfchätzung die Thatfache einer zweiten
Auflage deutliches Zeugnifs gibt.
Die künftlerifchen Qualitäten, die wir bereits bei
Befprechung der beiden vorher erwähnten Publicationen
zur Genüge charakterifirt haben, bilden auch die Vorzüge
diefes Bandes.
Hinfichtlich derCompolltion Iteckt Vogel noch durch-
wegs in der alten Schule des überkünftelten Arrangements.
Um moderne Naturbeobachtung, die uns deshalb fo ergötzt,
weil ße den feinften Zügen nachfpürt und mit Entdecker-
genie den Reichthum der Natur enthüllt, kümmert er lieh
wenig. Ihm ift vielmehr jene ältere und kritiklofere Art der
Naturauffaffung eigen, welche allgemein menfehliche
Empfindung in die Natur verpflanzt, unbekümmert, ob fie
für das herangezogene Naturobject gerade befonders
charakteriftifch ift oder nicht. Etwas Schematifches ift bei
folehem Vorgang wohl unvermeidlich und tritt befonders
dann mit grofser Deutlichkeit zu Tage, wenn der Stoff dem
Künftler nicht ganz zufagt. Ähnliches ift ja fchon bei feinem
grofsen Vorbilde Ludwig Richter anzutreffen. Nur ift es
bei diefem feinerzeit nicht fo aufgefallen, weil damals die
gefammte Kunft noch auf ein paar Dutzend Hauptregeln
eingefchworen war und das Typifche allgemein dem
Individuellen vorgezogen wurde.
Eine andere Seite, mit der wir uns nicht ganz
befreunden können, ift formeller Natur. Die Münchner
Xylographen-Schule hat ihre unleugbaren Vorzüge.
Männer wie Schempp, Schlumprecht, Kreffe, Strobel, dann
die in Leipzig und Berlin lebenden Höhnemann, Gedan,
Käfeberg und Andere find nicht umfonft zu Verdienft und
Anfehen gelangt, aber fie pflegen den malerifchen Holz-
fchnitt, eine Abart, der wir heute im Illuftrationswefen
ihre Berechtigung zum mindeftens nicht mehr in dem
Mafse zuzuerkennen vermögen, wie dies vor Erfindung
der photomechanifchen Reproductionsverfahren der Fall
war. Unfer Gefchmaek neigt von neuem der italienifchen
und deutfehen Holzfchnittmanier des 16. Jahrhunderts zu,
weil fie die einzige ift, die lieh mit dem Typendruek zu
einem harmonifchen Ganzen vereinigt und weil die Linie,
auf die fie ihr Hauptgewicht legt, das kräftiglte und natur-
gemäfsefte Ausdrucksmittel der Holzfchneidekunft ift. Es
ift fehade, dafs der wohlverdiente Ruhm der genannten
Künftler Einbufse erleidet, weil ihre Technik einem ver-
alteten Ziele zufteuert. Den Einzelnen dafür verantwortlich
zu machen wäre grundfalfch, die ganze Richtung ift reform-
bedürftig und die Erfolge der englifchen Illuftratoren-
Schule mit der Wiederbelebung der Claffiker des Holz-
fchnittes zeigen, auf welchem Wege dem modernen
Xylographen neue Lorbeern blühn.
Folnefics.
Aus dem Hermann Vogel Album