Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1907

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4249#0041
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext



Hans Weiditz, Schlittenpartie.

Zeichnunp

niicheti



Mitteilung, Friedrich Dörnhöffer habe in einer Zeichnung der Bibliotheque Nationale in Paris ein Werk Weiditz'
festgestellt, ist gegenstandslos geworden, da Dörnhösfer von seiner Anschauung inzwischen selbst wieder zurück-
kam.1 Die Zeichnung 400 in Lippmanns Dürer-Corpus (Chatsworth, männliches Porträt), für welche L. Kaemmerer
(Mitteilungen des österr. Vereins für Bibliothekswesen, IX, 42) die Benennung Schäufelin oder Weiditz vorschlägt,
ist ein sicheres Werk Schäufelins, und Blatt 83 in Woermanns Handzeichnungen alter Meister in Dresden, von der
Kaemmerer meint, sie stehe Weiditz sehr nahe, hat mit ihm gewiß nichts zu tun. Auch betresfs der der ehemaligen
Weigelschen Miniaturensammlung entstammenden illustrierten Handschrift (vergleiche Woermanns Beschreibung in
Fickers Katalog Nummer 71), aufweiche gleichfalls Kaemmerer verweist, machten sich in Fachkreisen bald Bedenken
geltend, die ich, als ich das nun in München bei Jacques Rosenthal befindliche Manuskript zu Gesicht bekam, nur zu
begründet fand. Neuestens endlich teilte M. J. Binder (Frimmels Blätter für Gemäldekunde, III, 62) die Berliner Zeich-
nung Lippmann 28 insofern Wreiditz zu, als er sie Dürer absprach, das danach gefertigte Ansbacher Kelterbild aber
für ein Werk des Augsburgers erklärte. Daß die Zeichnung von Dürer herrührt, ist aber nicht zu bezweifeln. Für
diese Nieten hoffe ich einigen Ersatz durch den Hinweis auf die beiden hier wiedergegebenen Zeichnungen zu bieten,
welchen die Marke Hans Weiditz' in einer jeden Zweifel ausschließenden Deutlichkeit aufgeprägt ist.
Die beiden Blätter befinden sich in der Handzeichnungensammlung des Städelschen Instituts und erscheinen
schon im Inventar von 1862 verzeichnet. Das eine, die Schlittenpartie (59 : 206 mm), liegt unter Burgkmair und war
in Paris um 20 Franken erworben worden. Für das zweite, den Zweikampf oder die Fechtübung zweier Landsknechte
(61 : 234 mm) — es liegt unter Holbein — fehlen die Angaben über die Provenienz; es ist aber wahrscheinlich von
derselben Herkunft wie die Schlittenpartie. Die Zeichnungen, deren Papiere keinerlei Wasserzeichen zeigen, sind in
Bister ausgeführt und grau laviert. Die Schlittenpartie ist von vorzüglicher Erhaltung; das Landsknechtblatt, oben und
unten etwas verschnitten, war offenbar im Wasser gelegen und hatte dabei durch Auflösung des Bisters sein Aus-
sehen so sehr verändert, daß später die Gemeinsamkeit der Hand übersehen werden konnte.
Stofflich fallen die Blätter ganz in die Weiditz geläufigen Gebiete, kompositionell entspricht das Abschneiden der
Bildsläche knapp ober dem Scheitel der Personen wie das Überwiegen der Breitendimension durchaus seiner Art.
Besonders bezeichnend für ihn ist auf dem Landsknechtblatt einerseits die Mauerösfnung, ein Mittelding zwischen
Türe, Fenster und Loggia (Glücksbuch I, 94 v, 135 v, II, 121 v, 137, 138 v, 155 v, etc.), andrerseits der darin erscheinende
Hügel des Mittelgrundes, zum Beispiel Blatt I, 98, das für das Gesträuch darauf gute Belege auch in formaler Beziehung
bietet. Hierin scheinen mir die Pferde der Schlittenpartie schlechthin beweisend (I, 1, 13 v, 73 etc.). Den Typus des
ersten Schlittenlenkers zeigt etwa der Mann mit der Gans II, 46, den des zweiten (Nase und Lippe) der Mann mit den
Schwingen der Gans desselben Blattes oder die Schnitte I, 10 v, 30 v, die Nase mit den niederen Flügeln des
stoßenden Kämpfers I, 8, II, 10 v etc. Ferner beachte man den Daumen der rechten Hand des ersten Schlittenführers
(I, 8), die Stellung seines rechtes Beines (I, 3v, 82), die gekerbten Waden der Landsknechte (I, 32, 34 v), diese beiden
Blätter und etwa noch I, 116 v und II, 81 für Bewaffnung und Tracht der Knechte, die Schenkelbildung des stoßenden
(II, 4), die starke Ferse des parierenden (I, 141 v, II, 51 v). Von den Faltenbildungen weise ich auf die Röhrenfalten
des zweiten Schlittenlenkers (I, 3 v, 82, 93) und auf die Faltenabfolge am Knie des ersten und am Mantel des Zusehers
beim Zweikampf (I, 3 v, 45,82 etc.). Die Andeutung des Faltentales daselbst durch einen vertikalen Pinselstrich und quer-
gelegte Federschraffen müßte in der Übersetzung in die Technik des Holzschnittes etwa wie die Faltentäler der
Schnitte I, 104v oder 128v ausgesehen haben. Auch die am wagrecht gehaltenen Arme sich nicht senkenden Falten
des Bauschärmels, wie ihn der erste Kutscher trägt, finden sich im Glücksbuche wiederholt, zum Beispiel I, 29.

i Dagegen freue ich mich, Dörnhöffer als Eideshelfer für die unten von mir versuchte Bestimmung der Schlittenpartie führen zu können, die
auch er als Arbeit Weiditz' erkannt hatte.
 
Annotationen