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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.4234#0032
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— 28 —

geweht waren. An eine planvolle Sammlung und
Auswahl denkt hier seit Jahren niemand mehr. Unter
Einheimischen und Fremden war Luigi Kasimir, der
hier — wenn man von seinen bei Artaria ausgestellten
Blättern absieht — zum erstenmal an die Öffentlichkeit
trat, die interessanteste Erscheinung. Es waren von ihm
radierte Landschaften und Architekturen da, kleine und
große, farbige und nichtfarbige Blätter; auch ein farbiger
Holzschnitt schloß sich ihnen an. Aus allem ließ sich er-
kennen, daß Kasimir ein großes Talent ist und das, was
ihm an Sicherheit der Zeichnung manchmal noch abgeht,
reichlich durch eine eminent malerische Auffassung und
Behandlung ersetzt. Innerhalb der Grenzen ihres Könnens
waren, um die Inländer zuerst zu nennen, Max Sup-
pantschitsch und Fritz Pontini sehr gut vertreten;
von Alfred Wesemann und Gottlieb v. Kempf, der
ein etwas an die Manier Heinrich Wolffs erinnerndes,
aber dessen flotte Sicherheit lang nicht erreichendes
Doppelbildnis ausgestellt hatte, war schon Besseres zu
sehen gewesen. Von Richard Kratkys zweifarbigen
Radierungen war der Franz Josefs-Kai besser als die
Nußdorfer Schleuse, von Otto Trainier die Radierung
besser als die Algraphie. Josef Stoitzners farbige
Holzschnitte überstiegen nur um ein Geringes den Durch-
schnitt. Auch zwei Damen hatten ausgestellt, die eine,
Stephanie Glax, den nicht übel ausgedachten, aber in
der Form etwas leeren, in der Farbe etwas flauen Zyklus
farbiger Lithographien »Abbazia«, die andere, Lili
Schüller, einen kleinen, ganz netten farbigen Holzschnitt.
Ehrlich, nur ein bischen kleinlich waren die Radierungen
des Breslauers Otto Ferdinand Probst, achtenswert
die Radierungen und die Algraphie Christian Emil
Rosenstauds aus Berlin, weich und malerisch die beiden
Lithographien des Müncheners Hans Volkert. Der
Leipziger Bruno Heroux war durch Blättchen in ver-
schiedenen Techniken (farbige Radierung, Aquatinta,
Stichradierung und Schabkunst) vertreten; ihnen allen
haftete nicht nur die allgemeine sächsische, sondern auch
Heroux' spezielle harte Trockenheit an, nur das geschabte
Köpfchen einer Venezianerin sprach etwas mehr an,
wirkte dafür aber wieder süßlich. Nichts Besonderes oder
nichts Günstiges wäre von Doris am Ende und Walter
Witting aus Dresden, Alexander Hoffmann (Lauen-
stein im Erzgebirge) und Ettore Cosomati (Frankfurt
a. M.) zu sagen. Des Engländers Edmund Sullivan
unklare Lithographien mit mythologischen und alle-
gorischen Akten machten einen weit weniger erfreulichen
Eindruck als seine flotten, saftigen Aquarelle. Zum
Schlüsse sei auch noch des hübschen Plakates von
Adolf Karpellus gedacht, das einen auf einem Dreifuß
die Opferflamme anzündenden Jüngling darstellte.

Trotz der vielen Namen, die zu nennen sind, spielte
die Graphik auf der XXXIV. Jahresausstellung des Künstler-
hauses eine recht unbedeutende Rolle. Die Österreicher
waren durch LudwigHeinrich Jungnickels originelle
Spritzzeichnungen, Karl Fahringers tüchtige Feder-

zeichnungen zu Hauffs Märchen und Goethes Reineke
Fuchs, Kasimirs flotte Architekturstücke, Alfred Coß-
manns zugleich sorgfältige und kraftvolle Radierungen,
Woernles mit allem Fleiße radierte Reproduktionen von
Gemälden Rumpiers, Fritz August Kaulbachs und Thomas
und Thomas HrnciP gleich einem Revenant wirkenden
sauberen und sicheren Porträtstich vertreten. Zwei von dem
damals in München lebenden Ungarn Karl Jözsa beige-
steuerte farbige Holzschnitte waren ohne Belang. Alles Lob
verdiente die groß aufgefaßte Beethoven-Lithographie des
nach Düsseldorf übersiedelten Wieners Josef Adolf
Lang. Von bodenständigen Düsseldorfern mögen die
Radierer Richard Bloos, August Kaul und Ernst
Forberg (Porträt Professor v. Gebhardts) und die Litho-
graphen Ernst Hardt und Erich Nikutowski genannt
werden. Von Probsts Radierungen gilt das anläßlich
der Aquarellausstellung Gesagte. Rudolf Stumpf aus
Weimar erinnerte an Oskar Graf. Des in Dachau weilenden
Alexander Liebmann farbige Aquatintablätter ahmten
allzu sehr die Franzosen nach. München war durch den
begabten Hans Neumann jun., dessen Holzschnitte
diesmal aber in den Farben wenig angenehm waren,
Albert Aichinger und Maximilian Dasio vertreten;
zeigte sich des ersteren »Ansicht von München vom
Maximilianeum aus« als eine höchst respektable Leistung,
so wirkte des letzteren Radierung »Dodona« gesucht. Des
Dresdeners Georg Jahn großes Schabblatt »Mutterglück«
und seine Radierung »Polnische Juden« wiesen all die ihm
eigentümliche maschinenmäßige Naturtreue auf. Die eine
Radierung Otto Ubbelohdes aus Goßfelden bei Mar-
burg brachte wieder seine großzügige Luft. Der Berliner
Meinhard Jacoby und Hans Schmidt Radierung,
Aluminiumdruck und Schabblatt seien gleich der Radie-
rung des Darmstädters Leo Kayser nur erwähnt.

Auf der Herbstausstellung gebührte den Arbeiten
Tomislav Krizmanns unstreitig der erste Platz. Er-
freute an seinen Monotypien und an seiner Radierung
»Aus Bosnien« vor allem die Farbengebung, so fesselte an
seiner lebensgroßen Porträtradierung »Marya Delvard«
die kraftvolle Charakteristik. An Kasimirs »Karlskirche«
frappierte die virtuose Behandlung der Reliefbänder der
beiden Säulen, das Fuhrwerk vorn ließ dagegen einiges
zu wünschen übrig. Von Otto Trauners Lithographie,
Karl Jözsas farbigem Holzschnitt und Luigi Bonazzos
Stahlstich ist nichts weiter zu sagen.

Die merkwürdigste Erscheinung auf dem Gebiet
der graphischen Künste, mit der die Münchener Sezession,
als sie auf der XXVIII. Ausstellung der Wiener Sezession
zu Gaste war, bekannt machte, war jedenfalls Olaf Lange.
Auf seinen farbigen, wohl vielfach mit der Hand be-
malten Radierungen klingen die exotischen Themen (das
Meerweib, Urvasi, Salammbo, die Königin von Saba) mit
den schweren und satten Farben zu einem mächtigen
Akkord schwüler orientalischer Pracht zusammen. Oskar
Grafs schöne Blätter waren zum größten Teil bekannt.
Karl Theodor Meyer-Basel wirkte durch kleine
 
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