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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.4233#0052
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48

Eine übersehene Dürer-Zeichnung-.

[m Kupferstichkabinett des
Museums der schönen Künste zu
Budapest befindet sich eine Zeich-
nung, die in der Literatur über
Dürer zwar noch nicht als Werk
seiner Hand bezweifelt, als solches
aber auch noch nicht anerkannt
ward. Sie wurde bisher einfach
ignoriert, was wohl aus ihrem leider
sehr schlechten Erhaltungszustand
zu erklären ist. Es ist die Halbfigur
einer heiligen Magdalena, an dem
Salbgefäß links unten kenntlich, auf
dessen Deckel die finget- ihrer
rechten Hand ruhen. Über dem auf-
gelösten Haar, das ihr in w eichen
Wellen über die Schultern fällt, trägt
sie ein feinfälteliges Kopftuch. Der
Ausschnitt des Kleides läßt Hals
und Halsansatz sehen, ein Gürtel,
der mit einem Rautenmuster ge-
schmückt ist, umschließt die Mitte.
Das Gesicht ist im Dreiviertelprofil
nach links gekehrt, beide Augen-
sterne aber sind soweit als möglich
nach rechts gedreht. Was die linke
Hand tut, ist nicht mehr deutlich zu
erkennen, am wahrscheinlichsten
ist wohl, daß sie das Salbgefäß am
Boden hält. Die Zeichnungist rechts
oben datiert und monogrammiert.
Unter der deutlich lesbaren Jahres-
zahl 1523 sind noch der Querbalken
des A, dessen linker Schenkel und
der Fuß des rechten erkennbar.
Während Monogramm und Jahres-
zahl wie absichtlich mit dem Finger
ausgewischt erscheinen, ist die
Zeichnung selbst infolge unacht-
samer Aufbewahrung abgewetzt,
was bei ihrem heikein Knochen-
mehlgrund (ich danke die Auf-
klärung darüber Josef Meder) auch wenig verwunderlich ist. Der Grund wird ungefähr in der Mitte des Blattes
und dessen ganzer Breite nach von Sprüngen durchzogen, die darauf schließen lassen, daß man es hier einmal
einzubiegen versucht hat. Das Papier, das 194 : 134 mm mißt, ist dick, von einem Wasserzeichen ist nichts zu
sehen. Auf der Rückseite ist von einer Hand des XIX. Jahrhunderts mit Bleistift »AI Durer« geschrieben. Herr
Hofrat von Terey, der gütigst die Publikation der Zeichnung gestattet hat, meint, daß sie von Karl von Pulszky im
Ausland erworben wurde, Zoltän Takäcs fügt freundlichst hinzu: vor 1888. Der Silberstift, mit dem die ganze
Zeichnung ausgeführt ist und der eine graue, bald ins Grünliche, bald ins Bräunliche spielende Farbe zeigt, hat sich

Albrecht Dürer, »Heilige Magdalena«

Zeichnung im Museum zu Budapest.
 
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