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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.4226#0006
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Abb. 1, Van Dyck, Vorstudie zu dem Bilde im Palazzo Rosso zu Genua

(Albertina).

Abb. 2. Van Dyck, Porträt eines genuesischen Edelmannes
(Genua, Palazzo Rosso).

Die ursprünglich rein theoretisch geführte Bestimmung war durch diesen Zusammenhang völlig erwiesen und
die vielen Veränderungen, welche die Ausführung des Bildes ergab, machten die Albertina-Studie umso wertvoller, weil
— abgesehen von dem Umstände, daß dadurch eine Kopie ganz und gar ausgeschlossen war — wir auch einen
Einblick in die Umformungstendenzen des Künstlers erhielten.

Im allgemeinen ist in Bild und Zeichnung die Haltung der überschlanken Figur des jungen genuesischen Edel-
mannes von ungefähr 16 bis 17 Jahren die gleiche. Die imponierende Körperlänge der ritterlichen Gestalt (lO'/j Kopf-
längen) im spanischen Kostüm beherrscht zunächst den Blick des Beschauers und läßt erst nach und nach die Details
aufkommen. Ein feiner interessanter Kopf, eingebettet in den großen und hochgefältelten Kragen, wendet sich mit
ruhigem Blick auf uns; die langen schmalen Hände bewahren eine ruhige Pose, eine mächtige Säule markiert den
Hintergrund. Und trotzdem' so viele Differenzen zwischen beiden!

Der etwas aufdringliche lichte Mantel in der Zeichnung, dessen Ende noch von der rechten Hand bis gegen den
Tisch gezogen wird, um den Körper massiger zu gestalten,muß fallen; an seine Stelle tritt im Bilde eine Alanteldraperie
von dunklem Kolorit, die den ganzen Leib frei läßt und nur die linke Schulter und den Oberarm bedeckt, als Kontra-
postlinie zum rechten Knie. Zu der nun frei gewordenen Rechten wird ein Hut gesetzt. Die nachlässige Stellung der
Beine mit harter Knieausladung wird gemildert. Und so wie der Künstler die Figur vornehmer und ruhiger umgestaltet,
so bearbeitet er auch den Hintergrund in folgerichtiger Weise. Die Säule wird mehr an die Achse der Figur gerückt, stark
belichtet, dafür aber, um den Linienfluß des Körpers gewissermaßen fortzusetzen, gewunden aufgebaut. Die linksseitige
unruhige Draperie, welche dem weißen Mantel zuliebe von oben bis unten angeordnet war, fällt ganz weg und dem nun
leeren dunklen Hintergrund kommt die Aufgabe zu, durch seine einfache Fläche allein beruhigend und vornehm zu wirken.
Die rechts gewonnene Ecke erhält einen landschaftlichen Ausblick. So erscheint die Gestalt mit einem Male künstlerisch
gehoben und verfeinert und bei aller Vereinfachung um so mächtiger; die zerfahrene Licht- und Schattenwirkung ist be-
seitigt, dafür aber eine Stimmungseinheit gegeben, welche als einzigen Kontrast nur Antlitz und Hände gelten läßt.

Eine zweite Zeichnung der »Albertina«, hier zum erstenmal van Dyck zugewiesen und gleichfalls in seine
italienischen Wanderjahre fallend, gehört der großen Gruppe von Feder- und Pinselstudien nach jenen Meistern an,
 
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