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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.4226#0032
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28 —

Fast alle seine Stiche und Radierungen tragen das Zeichen, ein auf verschiedene Art um den rechten Schenkel
des V geschlungenes S (¥). in unbestimmter Größe. Manchmal stehen die beiden Buchstaben nebeneinander, seltener
ist der Name ausgeschrieben, wie zum Beispiel auf einem jener Ornamentstiche, auf dem sich der Name des Künstlers
mit zwei / geschrieben findet (Virgilli Sollis). Bartsch zählt an 550 Kupferstiche und Radierungen, es dürften aber
über 600 sein.

Obwohl nun diese Tätigkeit des Solis nicht in den Bereich dieser Arbeit gehört, die sich im speziellen mit den

, Grad«

Holzschnittillustratio-
nen beschäftigt, so
glauben wir doch —
um das Bild dieser
Persönlichkeit abge-
rundet zu bekommen
— auch dies Gebiet
flüchtig streifen zu
sollen, nicht so sehr,
um die Fülle der Phan-
tasie und des Wissens
und die Weite des Ge-
sichtskreises des Solis
darzutun — wozu
schließlich ja auch die
Holzschnitte genügt
hätten —, sondern um
auch hier den Eklekti-
zismus des Künstlers
nachzuweisen. Viel
stärker tritt uns der
allerdings im Holz-
schnitt entgegen, bei
dessen Betrachtung
wir sehen werden, daß
es bei Solis nichts Ab-
getanes und Überwun-
denes gibt, sondern
daß er sich, wie es Zeit
und Not erfordert, dem-
selben, das er einmal
verlassen hat, wieder
zuwendet. Die Dürer-
Kopien von 1553,1562
und 1572 sprechen zu
deutlich. Der geschick-
te Arbeiter war eine
rezeptive Natur, er
nahm auf, wo er konn-
te, aber nicht geistlos,
sondern, wie wir im
folgenden bei einer ge-
nauen Analyse derlllu-
strationen erkennen
werden,mit Persönlich-

keit und Geschmack.
Er war einer jener
Nachdichter, wie sie
Epigonenzeiten in nur
zu großer Zahl hervor-
bringen.

Das älteste uns
bekannte, von Virgil
Solis mitHolzschnitten
illustrierte Buch ist die
1543 bei Petreius in
Nürnberg erschienene

» Kirchenordnung«.
Von den drei Blättern
gehören zwei dem
Solisan: dasTitelblatt,
das außerdem Zeichen
noch die Jahreszahl
1542 trägt, und das
gleichfalls signierte
»Abendmahl«, woge-
gen das dritte, mit dem
Monogramm »M. G.«
bezeichnete, von Mat-
thias Geron herrühren
dürfte. Beide Illustra-
tionen sind von korin-
thischen Säulen, die
einen Giebel tragen,
umrahmt. Das erste
Blatt enthält die Dar-
stellungen des Kruzi-
fixus und der ehernen
Schlange, die — Fi-
guration und Präfigu-
ration — ohne von-
einander geschieden
zu sein, als zusammen-
gehörig in derselben
Landschaft angebracht
sind. Das Giebelfeld
des Abendmahlblattes
zeigt die Ölbergszene.
Beide Blätter sind in

240 mm) gehalten, was bei Solis sonst fast nur bei Titeln vorkommt. Die

Virgil Solis, Das Abendmahl. Holzschnitt aus der 1543 bei Petreius in Nürnberg
erschienenen Kirchenordnung.

außerordentlich großen Dimensionen (140
Erfindung des ersten geht auf keine bekannte Vorlage zurück, das »Abendmahl« jedoch weist bereits deutlich auf
Dürers Darstellung in der kleinen Holzschnittpassion (B. 23) hin, die Solis weniger in der Komposition benutzt hat
als in den Typen, und aus der er die Gestalt des Judas für den sitzenden Apostel rechts vorn geradezu kopierte.
Auch verschiedene geringfügige Einzelheiten, wie die Falte im Tischtuch, finden sich wieder; Solis war damals
 
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