nach nur widerwillig zugelassenen Originallithographen
waren u. A. gut vertreten: Herr und Frau Poseier, Aubin,
Fernand Peyre, Fräulein Charlet und Willette, dem
sogar eine ganze Wand eingeräumt war. Die reprodu-
zierende Lithographie wies prachtvolle Blätter auf, so von
Maurou, dem man das Wiederaufleben der französischen
Lithographie um 1882 verdankt, von Broquelet,
Trupheine, Lerendu, Herb inier u. A. Vor einem
aber mögen sich diese Ausstellungen reproduzierender
Graphiker doch mehr hüten, wir meinen vor der ewigen
Wiederholung derselben abgegriffenen Themen: immer
wieder dieselben Köpfe von Rembrandt und Hals, immer
wieder der Demokrit von Coypel, die Trinker von Velasquez
usw.; so schön die Blätter und ihre Vorlagen sein mögen,
man wird ihrer auf die Dauer doch etwas müde. Zwei
Rückblick-Ausstellungen waren noch mit der besprochenen
Ausstellung verbunden, die H e r v i e r s, der ein Kleinmeister
war, auf halbem Wege stehend zwischen Isabey und
Rousseau, und die Daumiers, der ein großer Meister
war. Niemand lacht heute mehr vor seinen Arbeiten, das
einzige Gefühl, das sie erregen, ist Bewunderung.
Clement-Janin.
Besprechungen neuer Erscheinungen.
Paul Heitz. Unbekannte Ausgaben geistlicher und
weltlicher Lieder, Volksbücher und eines alten ABC-Büch-
leins, gedruckt von Thiebold Berger. Straßburg, 1911. 4°.
Dem Straßburger Verleger Paul Heitz gelang es, in der Konsi-
storialbibliothek zu Colmar einen alten Sammelband aufzustöbern, in
dem der 1551 —1584 in Straßburg tälige Drucker Thiebold Berger zu
seinem Handgebrauche 76 Stück seiner volkstümlichen Verlagsartikel
vereinigt hatte. In der schönen Begeisterung, die Heitz für alles hegt,
was das alte Straßburger Buchgewerbe angeht, entschloß er sich, seinen
Fund dadurch weiteren Kreisen zugänglich zu machen, daß er die faksi-
milierten Titelblätter der Bergerschen Drucke in einem gefälligen Bande
zusammenfaßte. Kunstgeschichtlich gewährt die Publikation, deren Haupt-
wert auf literarischem und bibliographischem Gebiete liegt, einen
belehrenden Einblick in die Art, wie Berger — und sein Fall dürfte für
die kleineren Verleger seiner Zeit typisch sein — mit seinem Illustrations-
materiale umgeht. Obwohl er durch mannigfache Kombinationen zer-
sägter Stöcke die Ausdrucksfähigkeit seines wahllos zusammengerafften
Vorrates zu erhöhen versucht, ist der Bezug der Titelschnitte zu den
Texten nicht immer enge. Gegenständlich dominieren religiöse Bildchen,
daneben verwendet er Planeten- und Kalenderschnitte und kriegerische
Darstellungen. Das Meiste ist altes Gut, vieles reicht noch ins 15. Jahr-
hundert zurück. Das Beste unter Bergers Illustrationen ist eine Anzahl
der kleinen Postillenschnitte Urs Grafs, die der von His im 6. Bande
von Zahns Jahrbüchern beschriebenen Reihe entstammen, darin jedoch
nicht aufgeführt erscheinen. Die große zeitgenössische Kunst Tobias
Stimmers hat sich in Bergers Offizin nicht bemerklich gemacht. Eine
Anzahl seiner Holzstöcke belindet sich heute in Heitz' Sammlung.
H. Rötlinger.
Reproductions of Woodcuts by F. Sandys,
1860— 1866. Published for Mrs. Sandys by Carl Hentschel,
London.
Es wird wohl wenige Kunstfreunde außerhalb Englands geben,
welche die in dem vorliegenden Buche gesammelten Illustrationen des
Malers Frederick Sandys vollzählig kennen oder gar besitzen. In den
zum Teil auch ins Deutsche übersetzten Schriften Walter Cranes und
Josef Pennells über die Buchillustration sind zwar einige dieser Holz-
schnitte abgebildet und haben durch ihre eigenartige Schönheit und
Größe gewiß das lebhafteste Interesse manches Lesers erregt. Eine be-
trächtliche Anzahl brachte dann auch Gleeson Whites Buch »English
Illustration, The Sixties« (1897 u. 1900; vgl. Mitteilungen d. G. f. v. K.
1897, S. 69). Jetzt nun erscheinen alle diese fünfundzwanzig Blätter,
auf denen der Hauptruhm des Künstlers beruht, zu einem schmucken
Hefte vereinigt.
Antony Frederick Augustus Sandys, geboren als der Sohn eines
Landschafts- und Bildnismalers zu Norwich am 1. Mai 1832, starb zu
London am 25. Juni 1904. In den Jahren 1860 bis 1866 zeichnete er die
F. Sandys, Die Orgel. Holzschnitt von Swain.
vorliegenden Holzschnitte für Thackerays Cornhill Magazine, für Once a
week, das Shilling Magazine und andere Zeitschriften als Illustrationen
zu Dichtungen von George Macdonald, Frau Craik, Christina Rossetti,
Swinburne, Meredith, Borrow i u. A. Deutsche Leser werden mit be-
sonderem Anteil das Blatt betrachten, zu dem den Künstler eine Über-
setzung von Unlands »Orgel« (aus den »Sterbeklängen«) angeregt hat;
dabei ist übrigens, vermutlich infolge der Zwiegeschlechtigkeit des
englischen friend, aus der kranken »Freundin« des deutschen Gedichtes
ein Mann geworden.
Wer bisher nur einen oder den andern dieser wundervollen
Holzschnitte gekannt hat, wird gerne nach der vorliegenden Sammlung
greifen und der Witwe des Künstlers Dank wissen für die schöne Gabe.
A. Trost.
i »with whom Frederick Sandys«, wie wir in der von Borough
Johnson verfaßten Einleitung des Buches lesen, »had become acquainted
in early boyhood, under the roof of one of the Miss Gurneys, of Earlham.
It was here he heard the MS. of »Lavengro« read by the author and was
powerfully impressed by the personality of Borrow, whose black eyes
had a glow of lire in their depths, their effect being enhanced by a tossing
mane of prematurely whitened hair«. Für »Borrovians«, wenn es solche
unter den deutschen Lesern gibt, stehe hier noch eine Angabe über die
Beziehungen des Malers zu dem berühmten Verfasser der »Bibel in
Spanien«: »Frederick Sandys, a Norfolk man who knew himwell, rarely
spoke of Borrow save as a master in the noble art of self-defence«. (1h.
Watts-Dunton in der Einleitung zu der Ausgabe von »Wild-Wales« in
Everyman's Library, 1906.) — Ein Bildnis der zweiten Frau Merediths
von Sandys aus dem Jahre 1864 wird erwähnt bei C. Photiadcs, George
Meredith. Paris, A. Colin, 1910, S. 56.
waren u. A. gut vertreten: Herr und Frau Poseier, Aubin,
Fernand Peyre, Fräulein Charlet und Willette, dem
sogar eine ganze Wand eingeräumt war. Die reprodu-
zierende Lithographie wies prachtvolle Blätter auf, so von
Maurou, dem man das Wiederaufleben der französischen
Lithographie um 1882 verdankt, von Broquelet,
Trupheine, Lerendu, Herb inier u. A. Vor einem
aber mögen sich diese Ausstellungen reproduzierender
Graphiker doch mehr hüten, wir meinen vor der ewigen
Wiederholung derselben abgegriffenen Themen: immer
wieder dieselben Köpfe von Rembrandt und Hals, immer
wieder der Demokrit von Coypel, die Trinker von Velasquez
usw.; so schön die Blätter und ihre Vorlagen sein mögen,
man wird ihrer auf die Dauer doch etwas müde. Zwei
Rückblick-Ausstellungen waren noch mit der besprochenen
Ausstellung verbunden, die H e r v i e r s, der ein Kleinmeister
war, auf halbem Wege stehend zwischen Isabey und
Rousseau, und die Daumiers, der ein großer Meister
war. Niemand lacht heute mehr vor seinen Arbeiten, das
einzige Gefühl, das sie erregen, ist Bewunderung.
Clement-Janin.
Besprechungen neuer Erscheinungen.
Paul Heitz. Unbekannte Ausgaben geistlicher und
weltlicher Lieder, Volksbücher und eines alten ABC-Büch-
leins, gedruckt von Thiebold Berger. Straßburg, 1911. 4°.
Dem Straßburger Verleger Paul Heitz gelang es, in der Konsi-
storialbibliothek zu Colmar einen alten Sammelband aufzustöbern, in
dem der 1551 —1584 in Straßburg tälige Drucker Thiebold Berger zu
seinem Handgebrauche 76 Stück seiner volkstümlichen Verlagsartikel
vereinigt hatte. In der schönen Begeisterung, die Heitz für alles hegt,
was das alte Straßburger Buchgewerbe angeht, entschloß er sich, seinen
Fund dadurch weiteren Kreisen zugänglich zu machen, daß er die faksi-
milierten Titelblätter der Bergerschen Drucke in einem gefälligen Bande
zusammenfaßte. Kunstgeschichtlich gewährt die Publikation, deren Haupt-
wert auf literarischem und bibliographischem Gebiete liegt, einen
belehrenden Einblick in die Art, wie Berger — und sein Fall dürfte für
die kleineren Verleger seiner Zeit typisch sein — mit seinem Illustrations-
materiale umgeht. Obwohl er durch mannigfache Kombinationen zer-
sägter Stöcke die Ausdrucksfähigkeit seines wahllos zusammengerafften
Vorrates zu erhöhen versucht, ist der Bezug der Titelschnitte zu den
Texten nicht immer enge. Gegenständlich dominieren religiöse Bildchen,
daneben verwendet er Planeten- und Kalenderschnitte und kriegerische
Darstellungen. Das Meiste ist altes Gut, vieles reicht noch ins 15. Jahr-
hundert zurück. Das Beste unter Bergers Illustrationen ist eine Anzahl
der kleinen Postillenschnitte Urs Grafs, die der von His im 6. Bande
von Zahns Jahrbüchern beschriebenen Reihe entstammen, darin jedoch
nicht aufgeführt erscheinen. Die große zeitgenössische Kunst Tobias
Stimmers hat sich in Bergers Offizin nicht bemerklich gemacht. Eine
Anzahl seiner Holzstöcke belindet sich heute in Heitz' Sammlung.
H. Rötlinger.
Reproductions of Woodcuts by F. Sandys,
1860— 1866. Published for Mrs. Sandys by Carl Hentschel,
London.
Es wird wohl wenige Kunstfreunde außerhalb Englands geben,
welche die in dem vorliegenden Buche gesammelten Illustrationen des
Malers Frederick Sandys vollzählig kennen oder gar besitzen. In den
zum Teil auch ins Deutsche übersetzten Schriften Walter Cranes und
Josef Pennells über die Buchillustration sind zwar einige dieser Holz-
schnitte abgebildet und haben durch ihre eigenartige Schönheit und
Größe gewiß das lebhafteste Interesse manches Lesers erregt. Eine be-
trächtliche Anzahl brachte dann auch Gleeson Whites Buch »English
Illustration, The Sixties« (1897 u. 1900; vgl. Mitteilungen d. G. f. v. K.
1897, S. 69). Jetzt nun erscheinen alle diese fünfundzwanzig Blätter,
auf denen der Hauptruhm des Künstlers beruht, zu einem schmucken
Hefte vereinigt.
Antony Frederick Augustus Sandys, geboren als der Sohn eines
Landschafts- und Bildnismalers zu Norwich am 1. Mai 1832, starb zu
London am 25. Juni 1904. In den Jahren 1860 bis 1866 zeichnete er die
F. Sandys, Die Orgel. Holzschnitt von Swain.
vorliegenden Holzschnitte für Thackerays Cornhill Magazine, für Once a
week, das Shilling Magazine und andere Zeitschriften als Illustrationen
zu Dichtungen von George Macdonald, Frau Craik, Christina Rossetti,
Swinburne, Meredith, Borrow i u. A. Deutsche Leser werden mit be-
sonderem Anteil das Blatt betrachten, zu dem den Künstler eine Über-
setzung von Unlands »Orgel« (aus den »Sterbeklängen«) angeregt hat;
dabei ist übrigens, vermutlich infolge der Zwiegeschlechtigkeit des
englischen friend, aus der kranken »Freundin« des deutschen Gedichtes
ein Mann geworden.
Wer bisher nur einen oder den andern dieser wundervollen
Holzschnitte gekannt hat, wird gerne nach der vorliegenden Sammlung
greifen und der Witwe des Künstlers Dank wissen für die schöne Gabe.
A. Trost.
i »with whom Frederick Sandys«, wie wir in der von Borough
Johnson verfaßten Einleitung des Buches lesen, »had become acquainted
in early boyhood, under the roof of one of the Miss Gurneys, of Earlham.
It was here he heard the MS. of »Lavengro« read by the author and was
powerfully impressed by the personality of Borrow, whose black eyes
had a glow of lire in their depths, their effect being enhanced by a tossing
mane of prematurely whitened hair«. Für »Borrovians«, wenn es solche
unter den deutschen Lesern gibt, stehe hier noch eine Angabe über die
Beziehungen des Malers zu dem berühmten Verfasser der »Bibel in
Spanien«: »Frederick Sandys, a Norfolk man who knew himwell, rarely
spoke of Borrow save as a master in the noble art of self-defence«. (1h.
Watts-Dunton in der Einleitung zu der Ausgabe von »Wild-Wales« in
Everyman's Library, 1906.) — Ein Bildnis der zweiten Frau Merediths
von Sandys aus dem Jahre 1864 wird erwähnt bei C. Photiadcs, George
Meredith. Paris, A. Colin, 1910, S. 56.