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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.4208#0032
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— 28 —

Abb. 5. Zeichnung des Meisters

Leipziger Kabinetts im Königl.

Kupferstichkabinett zu Berlin.

Personen gewesen sind. Ich weise nur darauf hin, wie stark
die von Beets publizierten Glasscheiben in Amsterdam von
der (Vorzeichnung des Pieter Cornelisz abweichen. Der
Wiener Steinigung müßte eine frühe noch recht unbeholfene
Vorzeichnung zugrunde liegen, die aber in Typik und Falten-
gebung, in der Gesichtszeichnung und der starken Betonung
der Kniee bereits stark den Leipziger Blättern geähnelt
haben mag. Die zweite Scheibe schließt sich im Technischen
völlig an die erste an, ist nur etwas ärmer im landschaft-
lichen Detail, dafür aber vorgeschrittenerin der Aktdarstellung.

Ist dieser Versuch von Beets, Frühwerke des Pieter
Cornelisz aus seinem gezeichneten Werk herauszuschälen,
als mißglückt zu betrachten, so muß die Aufgabe, die nicht
datierten Zeichnungen des Meisters chronologisch einzu-
reihen, als ziemlich undankbar bezeichnet werden. So zeigen
die 1532 datierten Blätter der Berliner Wrerke der Barm-
herzigkeit kaum wesentliche Stilverschiedenheiten von denen
von 1524. Überhaupt kann bei den rein figuralen Blättern
von einem wesentlichen Fortschritt in der zwanzigjährigen
Tätigkeit des Meisters nicht gesprochen werden. Sicher ans
Ende der Entwicklung sind die zwei Blätter mit der Ver-
suchung Christi im Berliner (Abb. 4) und mit dem heiligen
Christopherus im Londoner Kabinett zu setzen. Die handelnden biblischen Figürchen sind bereits stark zur Staffage herab-
gedrückt worden. In der entschieden freieren Auffassung des Gesamtbildes und der viel leichteren und übersichtlicheren
Anordnung der landschaftlichen Gründe bedeuten sie eine Weiterentwicklung über den Wiener Samariter und die
Enthauptung der Sammlung Guidi hinaus.

Was uns an Pieter Cornelisz vor allem interessiert, ist sein Verhältnis zur gleichzeitigen holländischen Kunst.
Karel van Mander (ed.Floerke, I, p. 98) berichtet uns in seiner Biographie des Cornelisz Engebrechtsz auch von diesem
seinem ältesten Sohn, Pieter dem Glasmaler. Lucas van Leyden sei während seiner Lehrzeit bei Engebrechtsz viel mit

ihm gemeinsam tätig gewesen im Ausüben der Zeichenkunst
und so wäre es gekommen, daß er (Lucas) mit hervor-
ragte in der Glasmalerei. Dieses von van Mander aufgestellte
Abhängigkeitsverhältnis dürfte sich in Wirklichkeit eher
umkehren lassen. Von dem großen Leydener Meister können
wir wohl kaum behaupten, daß er seinerseits dem Sohne
seines Lehrers viel abgesehen hätte, dagegen finden sich bei
Pieter manche an Lucas anklingende Motive, die es recht-
fertigen, daß bisher Zeichnungen des Pieter Cornelisz seinem
bedeutenden Mitbürger zugeschrieben wurden. Die relief-
artige Anordnung der handelnden Personen im Vordergrund,
das Auftauchen mit halbem Leib von Figuren im Mittel-
grund aus der ersten Bodenwelle, die einer hohen Seiten-
kulisse entlang geführte Tiefenentwicklung der Landschaft
sind Kompositionshilfen, die Pieter aus Kupferstichen des
großen Leydener Meisters (vgl. zum Beispiel B. 21, 24, 33)
entlehnt haben mag. Von den drei großen Einflußsphären,
die die Kunst des Lucas erfahren hat, haben zwei, die
Marcantonio Raimondis und die Dürers, auf Pieter Cornelisz
überhaupt nicht weitergewirkt. So erklärt es sich, daß
viele der größten Errungenschaften des Lucas, seine freie
und abgerundete Komposition, seine klare und weite Dar-
stellung des Raumes, seine auf gründlicher Kenntnis der
Gliederfunktionen beruhende Darstellung des menschlichen
"Va-w- . ■' '. vi-"-~ :•' r Ä'I^lj^ Körpers auch im Gewände, seinem Zeitgenossen ver-

... „ „ . , „. . r ,. . , ■ , ,-.,•,„ schlössen geblieben sind. Dagegen läßt sich der Einfluß des

Abb. 6. Zeichnung von Pieter Cornelisz in der Konigl. Graphischen ° 00

Sammlung zu München. Cornelisz Engebrechtsz, des beiden gemeinsamen Lehrers,
 
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