■■■■MB
aber allzusehr als Zimmerschmuck, beinahe als Mappen-
blätter gedachten Brangwyns ausnimmt, die englischen
wohl unstreitig die zweckmäßigsten, aber künstlerisch
entschieden die schlechtesten. Die französischen Plakate
zeigten dasselbe, was schon die Abteilung der französi-
schen Graphik auf der »Bugra« in Leipzig verraten hatte:
den Mangel an Nachwuchs, an neuem Leben; die als gut
auffallenden Arbeiten rührten auch auf der Ausstellung
im Österreichischen Museum fast durchwegs von längst
bewährten Künstlern her, z. B. von Leandre, Willette,
Steinlen und Forain. Gut waren die Holländer durch
farbige Witzblattillustrationen, die sich inhaltlich und
künstlerisch etwa den Bildern des »Simplicissimus« an
die Seite stellen ließen und von Jan Braekensieck,
Pieter van der Hern und Jan Sluyters geschaffen
waren, vertreten. Ein fanatischer Deutschenhaß entströmte
den auf die Farbe verzichtenden, gut, aber in einer ver-
alteten Manier gezeichneten und auch etwas trockenen
Blättern des Brüsselers Louis Raemackers. Die drei
nordischen Königreiche und die Schweiz fehlten leider.
Gleichfalls wie auf der »Bugra« fiel auch hier an den
Deutschen der Überschuß an junger Kraft, der sich aller-
dings dann und wann auch in ungeschlachten und wenig
geschmackvollen Schöpfungen Luft macht, das frische,
unermüdliche Vorwärtsdrängen der mannigfaltigsten und
vielseitigsten Bestrebungen, eine schöne Zukunft ver-
heißend, auf. Von den beiden deutschen Kunstzentren
ist Berlin entschieden ausschließlicher modern, radikal-fort-
schrittlich als München, das auch noch gute konservative
Kunst hervorbringt. Einpaar Lithographien Otto Hettners
schienen mir selbst über Blätter Liebermanns, Slevogts
und Orliks den Sieg davonzutragen. Ein neuer Stil
prägte sich vielleicht am deutlichsten in den vorzüglichen
deutschen Plakaten aus; die Ludwig Hohlweins und
Julius Klingers waren wohl die besten.
Unter den österreichischen Arbeiten ragten die für
unsere Gesellschaft geschaffenen Blätter von Albin
Egger-Lienz, Ferdinand Andri und Oskar Laske
hervor. Alois Kolb und Ferdinand Staeger hatten
große Kollektionen ausgestellt. Kolbs Naturstudien vom
Kriegsschauplatz scheinen mir, so tüchtig sie sind, hinter
seinen Arbeiten, bei denen er die Phantasie mitwirken
läßt, zurückzustehen. Mit Ehren müssen Rudolf Jett-
mars Vivatbänder, ein paar Lithographien mit naturalisti-
schen Vorwürfen von Josef von Diveky, die echt
empfundene poetische Lithographie, die Karl Sterrer
fürdasWandtafelwerk der Staatsdruckerei beigesteuert hat,
und Viktor Hammers treffliche Porträtzeichnungen,
von denen unseren Lesern bereits ein Aufsatz in den
»Graphischen Künsten« eine Vorstellung vermittelt hat,
genannt werden. Luigi Kasimir und Heinrich Hönich
zeigen in ihren verschiedenen Folgen von Kriegsblättern,
obwohl der eine radiert und die Landschaft bevorzugt und
der andere auf Stein zeichnet und im Figuralen stärker ist,
doch darin eine unleugbare Verwandtschaft, daß beiden
die Arbeit allzu rasch aus den Händen fliegt und allzu
leicht in Oberflächlichkeit übergeht. Während des Krieges
trat Ludwig Heßhaimer vor die Öffentlichkeit; seine
zahlreichen Arbeiten sind des Beifalls des großen Publi-
kums sicher. Oskar Larsen, von dem die Albertina
etliche Kriegsaquarelle ausgestellt hatte, verblüfft durch
seinen ungewöhnlichen Geschmack, kann damit aber nicht
über alle Unzulänglichkeiten hinwegtäuschen. Seit Jahren
ist an seinen Blättern keine Entwicklung mehr wahrzu-
nehmen. Unter den österreichischen Plakaten sind die von
R. Geyer, A. Karpellus, Heinrich Lefler, Erwin
Puchinger und A. H. Schräm, unter den ungarischen
die von Michael Birö und Michael Vadäsz rühmend
zu nennen.
Neben dieser großen Kunstschau waren folgende
von Kunsthändlern veranstaltete kleine Sonderausstellun-
gen für den Freund der modernen Graphik besonders
anziehend und aufschlußreich: die Ausstellung vieler vor-
züglicher Kriegszeichnungen und auch einiger technisch
noch nicht ganz einwandfreier Kriegsradierungen des
Polen Leopold Gottlieb, dessen große Begabung man
bisher nur von originellen Ölbildnissen her kannte, bei
Hugo Heller, die Ausstellung neuer Lithographien und
Radierungen August Brömses, von dessen herber,
eigenwilliger Kunst in Wien seit langem nichts mehr zu
sehen gewesen war, bei Halm & Goldmann und die
Ausstellungen von Arbeiten Egon Schieies und Lud-
wig Heinrich Jungnickels, die beide einen Nachhall
in Aufsätzen der »Graphischen Künste« gefunden haben,
bei Arno/.
Im folgenden sind die einzelnen Ausstellungen des
Zeitabschnittes kursorisch aufgezählt.
Künstlerhaus: XXIX. Ausstellung des AquareUisten-
Mubs (Februar und März 1915).
Selbstbildnis Viktor Stauffers (Zeichnung); Lud-
wig Michaleks in den »Graphischen Künsten« wieder-
gegebenes Porträt der Baronin Ebner-Eschenbach (Silber-
stiftzeichnung); Zeichnungen Karl Pippichs, die ersten
Skizzen vom Kriegsschauplatz, die öffentlich zu sehen waren.
Künstlerhaus: Polnische KunstausstellungyApril und
Mai 1915).
Artur Grottgers Zyklus »Polonia« aus dem Jahre
1863 (Kreidezeichnungen), Jan Matejkos Selbstbildnis
(Bleistiftzeichnung) u. a.
Künstlerhaus: Kriegsbilderausstellung des k. u. k.
Kriegspressequartiers (Oktober 1915).
Zeichnungen von Oswald Roux, Johann Va-
szary, Vadäsz u. a. Bezeichnenderweise war die eigent-
liche Graphik nur durch drei Lithographien von Max
Bucherer und drei Monotypien von Julius Pogäny
vertreten.
Künstlerhaus: Herbstausstelhmg (November 1915).
U. a. Radierungen Wilhelm Wörnles nach den
kürzlich vom Hofmuseum erworbenen beiden kleinen
Bildern von Francesco Guardi.
Künstlerhans: XXX. Ausstellung des Aquarellisten-
klubs (Februar und März 1916).
22
WmM
aber allzusehr als Zimmerschmuck, beinahe als Mappen-
blätter gedachten Brangwyns ausnimmt, die englischen
wohl unstreitig die zweckmäßigsten, aber künstlerisch
entschieden die schlechtesten. Die französischen Plakate
zeigten dasselbe, was schon die Abteilung der französi-
schen Graphik auf der »Bugra« in Leipzig verraten hatte:
den Mangel an Nachwuchs, an neuem Leben; die als gut
auffallenden Arbeiten rührten auch auf der Ausstellung
im Österreichischen Museum fast durchwegs von längst
bewährten Künstlern her, z. B. von Leandre, Willette,
Steinlen und Forain. Gut waren die Holländer durch
farbige Witzblattillustrationen, die sich inhaltlich und
künstlerisch etwa den Bildern des »Simplicissimus« an
die Seite stellen ließen und von Jan Braekensieck,
Pieter van der Hern und Jan Sluyters geschaffen
waren, vertreten. Ein fanatischer Deutschenhaß entströmte
den auf die Farbe verzichtenden, gut, aber in einer ver-
alteten Manier gezeichneten und auch etwas trockenen
Blättern des Brüsselers Louis Raemackers. Die drei
nordischen Königreiche und die Schweiz fehlten leider.
Gleichfalls wie auf der »Bugra« fiel auch hier an den
Deutschen der Überschuß an junger Kraft, der sich aller-
dings dann und wann auch in ungeschlachten und wenig
geschmackvollen Schöpfungen Luft macht, das frische,
unermüdliche Vorwärtsdrängen der mannigfaltigsten und
vielseitigsten Bestrebungen, eine schöne Zukunft ver-
heißend, auf. Von den beiden deutschen Kunstzentren
ist Berlin entschieden ausschließlicher modern, radikal-fort-
schrittlich als München, das auch noch gute konservative
Kunst hervorbringt. Einpaar Lithographien Otto Hettners
schienen mir selbst über Blätter Liebermanns, Slevogts
und Orliks den Sieg davonzutragen. Ein neuer Stil
prägte sich vielleicht am deutlichsten in den vorzüglichen
deutschen Plakaten aus; die Ludwig Hohlweins und
Julius Klingers waren wohl die besten.
Unter den österreichischen Arbeiten ragten die für
unsere Gesellschaft geschaffenen Blätter von Albin
Egger-Lienz, Ferdinand Andri und Oskar Laske
hervor. Alois Kolb und Ferdinand Staeger hatten
große Kollektionen ausgestellt. Kolbs Naturstudien vom
Kriegsschauplatz scheinen mir, so tüchtig sie sind, hinter
seinen Arbeiten, bei denen er die Phantasie mitwirken
läßt, zurückzustehen. Mit Ehren müssen Rudolf Jett-
mars Vivatbänder, ein paar Lithographien mit naturalisti-
schen Vorwürfen von Josef von Diveky, die echt
empfundene poetische Lithographie, die Karl Sterrer
fürdasWandtafelwerk der Staatsdruckerei beigesteuert hat,
und Viktor Hammers treffliche Porträtzeichnungen,
von denen unseren Lesern bereits ein Aufsatz in den
»Graphischen Künsten« eine Vorstellung vermittelt hat,
genannt werden. Luigi Kasimir und Heinrich Hönich
zeigen in ihren verschiedenen Folgen von Kriegsblättern,
obwohl der eine radiert und die Landschaft bevorzugt und
der andere auf Stein zeichnet und im Figuralen stärker ist,
doch darin eine unleugbare Verwandtschaft, daß beiden
die Arbeit allzu rasch aus den Händen fliegt und allzu
leicht in Oberflächlichkeit übergeht. Während des Krieges
trat Ludwig Heßhaimer vor die Öffentlichkeit; seine
zahlreichen Arbeiten sind des Beifalls des großen Publi-
kums sicher. Oskar Larsen, von dem die Albertina
etliche Kriegsaquarelle ausgestellt hatte, verblüfft durch
seinen ungewöhnlichen Geschmack, kann damit aber nicht
über alle Unzulänglichkeiten hinwegtäuschen. Seit Jahren
ist an seinen Blättern keine Entwicklung mehr wahrzu-
nehmen. Unter den österreichischen Plakaten sind die von
R. Geyer, A. Karpellus, Heinrich Lefler, Erwin
Puchinger und A. H. Schräm, unter den ungarischen
die von Michael Birö und Michael Vadäsz rühmend
zu nennen.
Neben dieser großen Kunstschau waren folgende
von Kunsthändlern veranstaltete kleine Sonderausstellun-
gen für den Freund der modernen Graphik besonders
anziehend und aufschlußreich: die Ausstellung vieler vor-
züglicher Kriegszeichnungen und auch einiger technisch
noch nicht ganz einwandfreier Kriegsradierungen des
Polen Leopold Gottlieb, dessen große Begabung man
bisher nur von originellen Ölbildnissen her kannte, bei
Hugo Heller, die Ausstellung neuer Lithographien und
Radierungen August Brömses, von dessen herber,
eigenwilliger Kunst in Wien seit langem nichts mehr zu
sehen gewesen war, bei Halm & Goldmann und die
Ausstellungen von Arbeiten Egon Schieies und Lud-
wig Heinrich Jungnickels, die beide einen Nachhall
in Aufsätzen der »Graphischen Künste« gefunden haben,
bei Arno/.
Im folgenden sind die einzelnen Ausstellungen des
Zeitabschnittes kursorisch aufgezählt.
Künstlerhaus: XXIX. Ausstellung des AquareUisten-
Mubs (Februar und März 1915).
Selbstbildnis Viktor Stauffers (Zeichnung); Lud-
wig Michaleks in den »Graphischen Künsten« wieder-
gegebenes Porträt der Baronin Ebner-Eschenbach (Silber-
stiftzeichnung); Zeichnungen Karl Pippichs, die ersten
Skizzen vom Kriegsschauplatz, die öffentlich zu sehen waren.
Künstlerhaus: Polnische KunstausstellungyApril und
Mai 1915).
Artur Grottgers Zyklus »Polonia« aus dem Jahre
1863 (Kreidezeichnungen), Jan Matejkos Selbstbildnis
(Bleistiftzeichnung) u. a.
Künstlerhaus: Kriegsbilderausstellung des k. u. k.
Kriegspressequartiers (Oktober 1915).
Zeichnungen von Oswald Roux, Johann Va-
szary, Vadäsz u. a. Bezeichnenderweise war die eigent-
liche Graphik nur durch drei Lithographien von Max
Bucherer und drei Monotypien von Julius Pogäny
vertreten.
Künstlerhaus: Herbstausstelhmg (November 1915).
U. a. Radierungen Wilhelm Wörnles nach den
kürzlich vom Hofmuseum erworbenen beiden kleinen
Bildern von Francesco Guardi.
Künstlerhans: XXX. Ausstellung des Aquarellisten-
klubs (Februar und März 1916).
22
WmM