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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.6491#0024
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Formvorstellung nicht zugrunde liegt, und andererseits der plastisch eindeutigen Faltenzeichnung bei s 3 r ist jener
allgemeine Unterschied einer plastischen und einer unplastischen Anschauung der beiden Schneider erkennbar.

Was die Gruppe 2, der Ritter vom Turn L 4 v und Narrenschiff h 3 v angehören, von Gruppe 1, zu der Ritter vom
Turn B 6 r und Narrenschiff s 3 r rechnen, trennt, gilt auch für den Hieronymus; denn die Stilanalyse hat für den
Hieronymus und die Gruppe 2 die gleichen Merkmale ergeben. So bedürfte es nicht erst der Einzelvergleichung, um zu
erweisen, daß der Schneider von Gruppe 2 den Hieronymus-Stock geschnitten hat. Das Hieronymus-Blatt hat dieselbe
trocken-splitterige Behandlung des Holzes wie Ritter vom Turn L 4 v gegenüber der saftig-weichen von Ritter vom Turn
B 6 r. Die Schraffurplatten sind in derselben typischen Weise scharf abgeschnitten. Ist das Lineament der Betthimmel bei
Hieronymus und L 4 v völlig identisch, so ist auch der Gegensatz, wie die Franse beim Hieronymus unplastisch und
gekratzt ist, bei B 6 r voll und locker, wie ein Buch dort und beim Endchrist gegeben ist, ganz bezeichnend. Das Ab-
brechen der unbiegsamen Linie findet sich beim Hieronymus immer wieder ebenso wie bei Gruppe 2 und so die
schneiderische Gepflogenheit der Faltenpunkte; und wiederum ist der Hieronymus gefaßt durch die feine Rahmenlinie,
die den Schnitten von Gruppe 2 eigen ist.

Wenn Dürer an der Schnittausführung dieses Basler Komplexes überhaupt teil hat, so kommt für ihn allenfalls
Gruppe 1 in Frage. Denn sie enthält starke Anklänge an die voraufgehenden und folgenden Dürerschen Holzschnitte1,
Anklänge, die der Gruppe 2 fehlen, und nur sie zeigt im Gegensatz zur Gruppe 2 überhaupt plastisches Verständnis.
Man hat zwar eben beim Hieronymus Züge nürnbergischen Holzschnittstiles erkennen wollen; aber selbst bei
einem in seiner trockenen und gleichmäßig feinen Strichführung besonders vergleichbaren Holzschnitt, wie der
»anderen Figur« des Schatzbehalters2, ist das Primäre die plastische Ausdruckskraft der Linie. Kontur und Schraffur
wachsen zusammen und sind von einer grundsätzlich anderen Zähigkeit des Duktus. Jene metallische Feinheit der
Basler Schnitte findet sich in Nürnberg nirgends. Umgekehrt läßt sich vielmehr dieser Schnittstil der Gruppe 2 und
des Hieronymus schon vor Dürers Ankunft in Basel am Augustin von 14893 feststellen. Man könnte etwa einwenden,
die Gruppe 2 sei im Unterschied von 1 von einem ungeübten Schneider geschnitten, und gerade das spreche für den
jungen Dürer. Auch dann würden diese Schnitte aber gegenüber 1 nur einen minderen Originalitätswert haben wegen
ihres, eben an Gruppe 1 zu kontrollierenden, Abstandes von den Entwürfen. Dem ist aber entgegenzuhalten, daß der
Schneider der feinen und zarten Gruppe 2 ausgesprochen geschickt ist, ja daß gewisse schneiderische Gewohnheiten, wie
die Faltenpunkte, auf Routine schließen lassen. Hat das Stoßende und Detaillierte gerade der Gruppe 1 etwas Jugendliches,
so ist vielmehr die Flüssigkeit, das Zusammenweben zu bildgemäßer Einheit bei Gruppe 2 Merkmal eines fertigen Stiles;
dieser Stil besitzt eine ausgesprochene, eigene, nämlich malerische Schönheit, die ganz undürerisch ist. Der Dürersche
Holzschnitt bedeutet die Überwindung des alten Konturschnittes, diesem gehört aber die Gruppe 2 noch durchaus an,
während gerade 1 die neue Art zeigt. Dieser Eigencharakter des Schneiders des Hieronymus kann um so weniger
verkannt werden, als auch seine besondere geistige Haltung deutlich wird. Nichts ist für diese bezeichnender als sein
Narrentyp, der etwas Spitz-Ironisches hat, das gut paßt zu dem beweglichen Stil der Darstellung, das aber Dürer ganz
fremd ist; ist der Narr hier als der Schalk gegeben, so bei 1 als der derbe Tölpel.

Damit ist auch über den Ambrosius4 entschieden. Was ihn mit dem Hieronymus verbindet, ist die gemeinsame
Schnittart; was ihn trennt — und die Unterschiede sind sehr groß —, muß also eine nichtdürerische Vorzeichnung sein,
und damit ist Dürers unmittelbarer Anteil hier überhaupt zu verneinen. Ernst Holzinger.

i Holzinger, a. a. O. — - Schatzbehalter, Nürnberg, 1491. Sehr. 5202, H* 14507—6236. — 3 Augustinus, De civititate dei, Basel 1489.
Sehr. 3393. H 2064. — * Ambrosius, opera, Basel, 1492. Sehr. 3264, H 896.

Die Fliege auf dem Rosenkranzfest.

Gemeint ist natürlich Dürers Bild, und die Fliege ist eine gemalte. Dort, wo sich der gewissenhafte Forscher seinen
Dürer vor allem zu betrachten pflegt, im entsprechenden Bande der »Klassiker der Kunst«, was immer für einer Auf läge,
ist sie freilich nicht zu finden. Aber auch auf dem zum größeren Teil jämmerlich zugerichteten, zum kleineren aber noch
in wunderbarer Erhaltung strahlenden Original im Prämonstratenserstift Strahov bei Prag kann sie nicht wahrgenommen
werden. Von den vielen Forschern, die sich mit dem berühmten Bilde befaßt haben, hat ihr bisher nur ein einziger
Beachtung geschenkt. Eye (1869), Ephrussi (1882), Thausing (1884), Neuwirth (1885), Springer (1892), Zucker (1900),
Wölfflin (1905), Waldmann (1916), Friedländer (1921), Gümbel (1926) und Flechsig (1928), sie alle haben über sie
hinweggesehen. Nur Dodgson, der ja auch sonst manches bemerkte, was anderen entgangen ist, hat sie auf der noch vor der
Erwerbung des Originals durch Rudolf II. (zwischen 1593 und 1603) wahrscheinlich von Johann Rottenhammer ange-
fertigten Kopie, einst im Palazzo Spago-Grimani in Venedig, jetzt bei Herrn A. W. Miller in Woodlands, Sevenoaks, in
England, entdeckt und hat mit dem ihm eigenen Scharfsinn vermutet, daß sie auch auf Dürers Original vorkommen
müsse. Natürlich, dergleichen getraut sich iein Kopist nicht erfindend hinzuzutun. Dabei kümmerte sich aber Dodgson,

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