I. HISTORISCHER THEIL.
Seltenheit stolz sein'240). Ob er ausser Carrey auch noch einen anderen Zeichner
beim Parthenon beschäftigte, ist mehr als zweifelhaft241).
>Ü Mit dem gewünschten Empfehlungsschreiben des Gesandten (15 Okt. 1675) ver-
sehen, verliessen Spon und Wheler Konstantinopel. Am 27 Januar 167 6 trafen sie in
Athen ein und blieben dort bis zum 15 Februar242). Auch sie fanden in Giraud, Spons
Landsmann, nicht bloss einen freundlichen Wirth, sondern auch einen kundigen und
unermüdlichen Führer, der ihnen um so erwünschter sein muste, je früher sie den
Charakter von Guillets Buch erkannten. Nach einiger Mühe — Randolph hatte durch
seine Messungen Aufsehen erregt und man fürchtete in ihnen Spione 24;!) — erlangten
sie, sei es durch Giraud, sei es durch Nointels Namen, Einlass in die Festung, ja
ein bescheidenes Trinkgeld an den begleitenden Türken erlaubte sogar eine recht
eingehende Prüfung und theilweise Vermessung der Burg und insbesondere des Par-
thenon. Während Wheler einige Einzelheiten richtiger als sein Genosse bemerkt
oder niedergeschrieben hat, ist es im ganzen Spon dem wir die werthvolle Be-
schreibung des damaligen Parthenon, mit beständigen kritischen Seitenblicken auf
Guillets Schwindeleien untermischt, verdanken244). Freilich auch manche, auf lange
Zeit schädlich wirkende Irrthümer. Spon hielt die innere Einrichtung der Kirche
für die ursprüngliche; er nahm die westliche Seite für die Hauptfront des Tempels,
und deutete danach, wie vor ihm Randolph und nach ihm alle bis in unser Jahrhun-
dert hinein, die dortige Giebelgruppe auf die Geburt Athenas; eine trügerische Aehn-
lichkeit liess ihn im Asklepios und in der Hygieia (Westg. BC) Hadrian und Sabina
erkennen und demgemäss die ganzen Giebelgruppen für einen späteren Zusatz er-
klären ; im Ostgiebel, behauptete er, sei nur noch ein Pferdekopf vorhanden, wäh-
rend noch beide Flügel voller Figuren standen; von einem Antheil des Phidias end-
lich an den Marmorskulpturen kam ihm nichts in den Sinn24s). Nichtsdestoweniger
ist Spon, wenn man von Ciriaco absieht, der erste durchgebildete, in der alten Lit-
teratur wie in den Kunstwerken wohl bewanderte Antiquar der den Parthenon er-
blickte, leider auch der letzte der ihn noch so vollständig sah! So finden wir denn
bei ihm eine ganz andere Behandlung als bei den früheren Mirabilienschreibern oder
dilettantischen Reisenden, auch Babin nicht ausgenommen. Den Westgiebel muste
Spon falsch deuten, aber er versucht doch eine ins einzelne gehende Erklärung. Vom
Fries und den Metopen gibt er in der Kürze die Gegenstände an, dort Opferzüge,
liier Kentaurenkampf (Südseite) und Rossebändigung (Westseite) ; zu genauerem Ein-
gehen reichte wohl kaum die Zeit, und Spon tröstete sich damit, dass Nointel ja
alles gezeichnet besitze. Seine eigene Ansicht des Tempels mit dem Giebelfelde
(Taf. VII, 4) ist freilich, wie auch die seines Gefährten (ebda 5) , höchst unzu-
reichend.
51 Spons Reisebeschreibung erschien bald darauf, im Jahre 1678, in zierlicher
'-'») Abschn. II § 20.
2*1) Abschn. II § 6.
-,2) Empfehlungsschreiben: Laborde I, 256. Ankunft: Wheler Journey S. 334. Abreise: Spon
voy. II, 275. Aus den Darstellungen der beiden Reisenden gibt Laborde II, 1 ff. einen Auszug,
die Stellen über den Parthenon s. Anh. III, 12. 13.
**) Spon voy. II, 133. 162 f.
2-«) Spon: Anh. III, 12, Wheler: ebda 13.
245) Vgl. 8. 145 über die Pferdegruppe des Westgiebels, qui ne l'auroit pns peut-stre cede h
Phidias, ni h Pmxitde, si renomme's paar les chevaux, wobei ihm natürlich die Gruppen von Monte
Cavallo im Sinne liegen.
Seltenheit stolz sein'240). Ob er ausser Carrey auch noch einen anderen Zeichner
beim Parthenon beschäftigte, ist mehr als zweifelhaft241).
>Ü Mit dem gewünschten Empfehlungsschreiben des Gesandten (15 Okt. 1675) ver-
sehen, verliessen Spon und Wheler Konstantinopel. Am 27 Januar 167 6 trafen sie in
Athen ein und blieben dort bis zum 15 Februar242). Auch sie fanden in Giraud, Spons
Landsmann, nicht bloss einen freundlichen Wirth, sondern auch einen kundigen und
unermüdlichen Führer, der ihnen um so erwünschter sein muste, je früher sie den
Charakter von Guillets Buch erkannten. Nach einiger Mühe — Randolph hatte durch
seine Messungen Aufsehen erregt und man fürchtete in ihnen Spione 24;!) — erlangten
sie, sei es durch Giraud, sei es durch Nointels Namen, Einlass in die Festung, ja
ein bescheidenes Trinkgeld an den begleitenden Türken erlaubte sogar eine recht
eingehende Prüfung und theilweise Vermessung der Burg und insbesondere des Par-
thenon. Während Wheler einige Einzelheiten richtiger als sein Genosse bemerkt
oder niedergeschrieben hat, ist es im ganzen Spon dem wir die werthvolle Be-
schreibung des damaligen Parthenon, mit beständigen kritischen Seitenblicken auf
Guillets Schwindeleien untermischt, verdanken244). Freilich auch manche, auf lange
Zeit schädlich wirkende Irrthümer. Spon hielt die innere Einrichtung der Kirche
für die ursprüngliche; er nahm die westliche Seite für die Hauptfront des Tempels,
und deutete danach, wie vor ihm Randolph und nach ihm alle bis in unser Jahrhun-
dert hinein, die dortige Giebelgruppe auf die Geburt Athenas; eine trügerische Aehn-
lichkeit liess ihn im Asklepios und in der Hygieia (Westg. BC) Hadrian und Sabina
erkennen und demgemäss die ganzen Giebelgruppen für einen späteren Zusatz er-
klären ; im Ostgiebel, behauptete er, sei nur noch ein Pferdekopf vorhanden, wäh-
rend noch beide Flügel voller Figuren standen; von einem Antheil des Phidias end-
lich an den Marmorskulpturen kam ihm nichts in den Sinn24s). Nichtsdestoweniger
ist Spon, wenn man von Ciriaco absieht, der erste durchgebildete, in der alten Lit-
teratur wie in den Kunstwerken wohl bewanderte Antiquar der den Parthenon er-
blickte, leider auch der letzte der ihn noch so vollständig sah! So finden wir denn
bei ihm eine ganz andere Behandlung als bei den früheren Mirabilienschreibern oder
dilettantischen Reisenden, auch Babin nicht ausgenommen. Den Westgiebel muste
Spon falsch deuten, aber er versucht doch eine ins einzelne gehende Erklärung. Vom
Fries und den Metopen gibt er in der Kürze die Gegenstände an, dort Opferzüge,
liier Kentaurenkampf (Südseite) und Rossebändigung (Westseite) ; zu genauerem Ein-
gehen reichte wohl kaum die Zeit, und Spon tröstete sich damit, dass Nointel ja
alles gezeichnet besitze. Seine eigene Ansicht des Tempels mit dem Giebelfelde
(Taf. VII, 4) ist freilich, wie auch die seines Gefährten (ebda 5) , höchst unzu-
reichend.
51 Spons Reisebeschreibung erschien bald darauf, im Jahre 1678, in zierlicher
'-'») Abschn. II § 20.
2*1) Abschn. II § 6.
-,2) Empfehlungsschreiben: Laborde I, 256. Ankunft: Wheler Journey S. 334. Abreise: Spon
voy. II, 275. Aus den Darstellungen der beiden Reisenden gibt Laborde II, 1 ff. einen Auszug,
die Stellen über den Parthenon s. Anh. III, 12. 13.
**) Spon voy. II, 133. 162 f.
2-«) Spon: Anh. III, 12, Wheler: ebda 13.
245) Vgl. 8. 145 über die Pferdegruppe des Westgiebels, qui ne l'auroit pns peut-stre cede h
Phidias, ni h Pmxitde, si renomme's paar les chevaux, wobei ihm natürlich die Gruppen von Monte
Cavallo im Sinne liegen.