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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 5.1906

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Nr. 4
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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Will Bradley: ein amerikanischer Wohnungskünstler
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https://doi.org/10.11588/diglit.20726#0152
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113

Will Bradley, ein amerikanischer Wohnungskünstler ~

Charakteristik der Beardsleyschen Figuren, zumal nissen durcharbeiten zu müssen, die beim akade-

der weiblichen, ist seinen Erscheinungen nicht eigen, mischen Studium der Architektur jedem aufgehalst

in den Arbeiten seiner Erstlingszeit wenigstens werden. Als ob das nötig wäre! V

nicht. Er ist reich in dekorativem Fühlen, er weiss V Er hat alle Erscheinungen einem alles umfasssen-

unter Umständen, wie z. B. in dem famosen Plakat den Grundgedanken untergeordnet. Nicht „irgend

„The skirt danse" mit wenig Mitteln einen Treffer ein" Bibliotheksraum, nicht „irgend ein" Speise-,

zu machen, kurzum, am Zeug fehlt es ihm nicht, Wohn- oder Schlafzimmer, wie man sie häufig als

um sich seinen Platz zu sichern, indes muss sich Projekte abgebildet sieht, schwebte ihm dabei vor.

offenbar die Wirkung all jener Einflüsse erst noch Zuerst entwarf er das Haus und zog aus einem or-

klären, die er auch von Burne Jones, von Stuck ganischen Ganzen seine Schlüsse für die Ausge-

und andern als Maler empfangen hat. Sein Arbeits- staltung der einzelnen Räume. Sie gliedern sich
gebiet ist indes keineswegs an das rein malerische also nach einem bestimmten, klar vorgezeichneten
Schaffen gebunden. Er hat, wie viele seiner Kol- Gedankengange einer dem andern an. Er hat na-
legen, unberührt von architektonisch-akademischen türlicherweise dabei all jenen Gepflogenheiten, die
Traditionen, den Sprung auf ein ganz anderes Stoff- das amerikanisch-häusliche Leben in der Plan-
gebiet gewagt. Dass damit manches kräftig aufge- anläge des Wohnsitzes charakterisieren, Rechnung
gangene Samenkorn auf dem allmählich etwas steril getragen hinsichtlich des Verhältnisses der Wohn-
gewordenen Boden der angewandten, speziell der räume untereinander sowohl, als in bezug auf die
Wohnungskunst zur Entfaltung gebracht wurde, ist Eigenart jedes Raumes für sich genommen. Die
eine zu bekannte Sache, als dass sie hier des wei- „durchgehenden Achsen", jene conditio sine qua
teren erörtert zu werden braucht. Bradleys Debüt non eines akademisch einwandfreien Grundrisses
war kein zaghaftes Beginnen im kleinen. Er hat spielen ebensowenig eine Rolle, als in der Gestal-
es gleich mit einer umfangreichen Aufgabe probiert. tung des Aeusseren irgendwelche Rücksicht auf
Im Jahre 1890 erhielt er von der Redaktion von jene Art von schmückenden Zutaten genommen ist,
„The Ladies Home Journal" den Auftrag, eine ohne die es bei den meisten europäischen Villen-
grössere Reihe von Entwürfen herzustellen, die bauten — die englischen Landsitze und einer Reihe
dem Leserkreise des genannten Journals, haupt- verwandter Bauten europäisch-festländischer Archi-
sächlich der Frauenwelt, die im Grunde genommen tekten von fortgeschrittener Gesinnung ausge-
beim Bau und bei der Einrichtung des Wohnhauses nommen - - nicht abgeht. Dass dieser Grundriss
als tonangebende Kraft am berufensten erscheint, neben vielem Guten auch seine Schwächen hat, ist
zugänglich gemacht, dem gleichen Zwecke dienen nicht zu leugnen. Die Mündung der Kellertreppe
sollten, den dieses vortreffliche Blatt schon durch innerhalb des Hauses, die Verlegung des Water-
eine ganze Reihe von illustrierten Artikeln über closets im Parterre an einen Platz ohne direktes
das Wesen des gesunden, zweckdienlichen Haus- Licht, ohne direkte Lüftungsmöglichkeit müsste bei
baus früher verfolgte. Bradley hat sich bei Her- einem nach allen Seiten freistehenden Hause zu
Stellung dieser Entwürfe nicht von zusammen- vermeiden sein. V
hangslosen Einfällen leiten lassen, und dadurch ge- V Die schlicht behandelten Mauerflächen, durch-
zeigt, dass man baulich-logisch denken lernen kann, brochen von Fenstern, wie sie für den Innenraum,
ohne sich durch den ganzen Ballast von Kennt- nicht für die äussere Erscheinung wichtig sind,
 
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