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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 5.1906

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Nr. 6
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Gräbner, Julius; Schilling, Rudolf: Dresdener Künstlerheft, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20726#0213
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den er im vollen Bewusstsein von dessen Kunstauffassung gewählt hat. Die Gewöhnung an
das Gute, das so entsteht, wird ihm den Verzicht auf sein künstlerisches Einspruchsrecht
bald ebenso selbstverständlich erscheinen lassen, als früher seine Einwirkung. V

V Aehnlich wie in Strehlen war auch unser Zusammenwirken mit dem Kirchenvorstande in
Zwickau. Dort waren wir aber durch die Verhältnisse insoweit gebunden, als der Grundplan
der Kirche im Jahre 1897 aufgestellt wurde und eine deutsche Renaissance mit gotischer
Struktur zeigte. Der Bau wurde erst im Jahre 1902 begonnen. Wir mussten uns im Grund-
gedanken an die alte Planung halten. Mit der grössten Bereitwilligkeit aber ging der Kirchen-
vorstand darauf ein, die alten Baugedanken, soweit wir es für möglich hielten, in neue Formen
zu kleiden. Obschon hiedurch manches Gute entstanden ist, glauben wir die Kirche doch nicht
ausführlich hier vorführen zu sollen, weil sie gegenüber dem Strehlener Gotteshaus keine
Steigerung bedeutet. Deshalb bringen wir nur das Innere, wo wir in der Einzelauffassung von
Altar, Kanzel und Orgel nicht an die Struktur gebunden waren und daher ähnlich frei wie
in Strehlen arbeiten konnten. V

V In Wiesa wurde uns für unsere Arbeit insoweit eine bestimmte Richtung gegeben, als die
Kirche ausgemalt werden sollte. Es war dies unser erster Versuch, das Innere derartig zu
behandeln, denn bis jetzt leitete uns der Gedanke, dass für die protestantischen Kirchen die
Raumwirkung rein als solche den bestimmenden künstlerischen Ausdruck abgeben sollte. Die
Malerei betrachteten wir dabei nur als begleitend, nicht als tonangebend. Aber gerade der
bestimmte auf Ausmalung gerichtete Wunsch der Gemeinde machte uns die Arbeit interessant.

V Geben wir neben diesen ausführlichen Arbeiten noch zwei Konkurrenzen, so wollen wir hier-
mit nur zeigen, auf welche Weise wir den Charakter der Strehlener Kirche einer weiteren
Entwickelung für fähig halten. Wie bei den meisten Konkurrenzarbeiten, bei denen die Urheber
nicht nach der Stilrichtung der Preisrichter fragen, teilten wir mit diesen Projekten das Los so
vieler, die bei solchen Arbeiten ihr persönliches Empfinden zeigen: wir waren erfolglos. Bei
der Mannheimer Konkurrenz, die übrigens eine engere mit 2 Gotikern und einem Romanisten
war, tröstete uns ein Preisrichter in einem Briefe wenigstens damit, dass er uns auf die nächste
Generation verwies, die vielleicht für unsere Auffassung reif sei. V

V Zu der Strehlener Kirche möchten wir noch kurz folgendes sagen: Die Kirche steht auf
einem leichten Hügel des linken Elbufers, sodass sie von vielen Punkten der weiteren Um-
gebung Dresdens gesehen wird. Die Kirchengemeinde bildete früher den Vorort Strehlen,
der auch jetzt noch vielfach seinen ländlichen Charakter zeigt. Deshalb geben wir für später
auch das Bild von heute, denn bald wird auch das letzte, was gegenwärtig noch eine dörf-
liche Anlage zeigt, der modernen Baulust zum Opfer gefallen sein. V

Schilling & Graebner- Dresden.
 
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