Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 5.1906

DOI Heft:
Nr. 9
DOI Artikel:
Unsere Bilder
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.20726#0409
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
328

UNSERE BILDER

Von der Dresdener Ausstellung bringen wir heute
noch ein paar Abbildungen: ein Speisezimmer
von Wilhelm Thiele-Frankfurt a/M., in dem
die Konstruktionsteile aus Makassar-Ebenholz, die
Füllungen in deutschem Nussbaum gearbeitet sind.
Der Fries über der Täfelung, sowie die tragenden
Pilaster haben ausserdem noch eingelegte Schar-
vogelfliesen erhalten. Neben diesem Zimmer hat
Bernhard Wenig-Hanau einen Wohnraum aus-
gestattet. Hier bildet dunkles Kirschbaumholz den
Grundton, dem sich sparsam verteilte Intarsien und
Stäbe aus Ebenholz und Ahorn einfügen. Das Schlaf-
zimmer, das A. Bembe-Mainz zur Ausstellung
brachte, zeigt jene typisch neuenglische Art, die in
ihrer Sauberkeit und Farbenfreude ebenso sehr an-
mutet, wie sie durch die praktische Art der Möb-
lierung verlockt. V
V Wir dürfen wohl voraussetzen, dass die Ziele,
die Prof. S c h u 1 tz e - N a u m b u rg bei seinen Ar-
beiten verfolgt, allen unseren Lesern durch seine
Schriften hinreichend bekannt sind; daher können
wir uns mit dem Abdruck einiger erklärender Worte
begnügen. Das Haus Kehrl, ein Einfamilienhaus
in Brandenburg liegt an dem Havelkanal, wo ihn
die Potsdamerstrasse auf der Annenbrücke über-
steigt. Diese bevorzugte Lage ergab von selbst, die
Hauptfront nach dem Kanal, die Seitenfront und
die Einfahrt nach der Strasse zu legen. Ein halb-
runder Laubgang trennt den Hof vom Garten, der
gegen das Wasser durch eine hohe Ufermauer mit
Terrasse und Pavillon abgeschlossen ist. Das Haus
ist ein verputzter Ziegelbau; nur die Fenster-
gewände, die Verdachungen, Pilaster und Kapitäle,
das Haupt- und Giebelgesims sind aus Sandstein.
Die Anordnung der Räume fügte sich den ausdrück-
lichen Wünschen des Bauherrn, der die Küche und
das Schlafzimmer unbedingt im Hauptgeschosse
haben wollte. Dem entspricht die geringe Höhen-
entwicklung des Gebäudes, die durch das Hoch-
ziehen des Giebelrisalits ausgeglichen werden sollte.
An der Bearbeitung der Pläne waren Herr Archi-
tekt Pfisterer und Herr Regierungsbauführer Dröne-
wolf beteiligt, während Architekt Kindermann die
Bauführung innehatte. Auf Seite 311—315 geben wir
einige Bilder des von Edward S. Prior-London
erbauten „Kelling-Place" in Holt, England, dessen
Baugeschichte interessant genug ist, um darüber
ein paar Worte zu sagen. Denn die Bauarbeiten
wurden nicht wie gewöhnlich auf Grund eines
Kostenvoranschlages an einen Unternehmer ver-
geben, sondern man kaufte je nach Bedarf das
notwendige Material und stellte die Arbeiter ein, wie

sie eben gebraucht wurden. Man arbeitete also aus
freier Hand. Ausgenommen hievon waren die In-
stallationsarbeiten, Fensterstöcke, Glaserarbeiten
u. s. w. Gewisse Umstände rechtfertigten dieses
ungewohnte Verfahren. Da nämlich das Material
für die Mauern aus dem Boden gewonnen werden
sollte, und es sich vorher nicht feststellen Hess, bis
zu welchem Grade es verwendbar war, wurde vor
allem ein Morgen Land sechs Fuss tief ausgegraben.
Der Aushub ergab Findlinge, Mischmaterial für den
Beton, Bausand und Gartenkies. Mit den ausgehobe-
nen Baumitteln wurde zuerst das Gärtnerhaus und die
Gartenmauern aufgeführt, um auf Grund der hiebei
gewonnenen Erfahrungen die richtige Verwendung
des Materials und die Kosten der ganzen Anlage
festzulegen. Es zeigte sich, dass die Ausführung
in dieser Weise den Voranschlag (ca. 160 000 Mk.)
nicht überschreiten werde. Der Vorteil des ein-
geschlagenen Weges lag auf der Hand; wäre es
doch sonst unmöglich gewesen, Maurern zu zeigen,
wie sie die übliche Baumethode verlassen müssen,
um die beabsichtigte und durch das Material be-
dingte Mauerung zu erreichen. Die Mauern des
Hauptgebäudes wurden ohne Plankenverschalung in
Beton hochgeführt, wobei die Kanten im Inneren aus
Backsteinen gemauert, aussen jedoch aus einem am
Platze gebrochenem gelbem Sandstein versetzt wur-
den. Fensterstürze, Kamine und Einfassungen sind
aus braungelb und rosa gebrannten Norfolker Back-
steinen konstruiert, die Betonmauerflächen mit
Findlingen gespickt und das Dach mit roten
Pfannenziegeln eingedeckt. Um eiserne Durch-
züge zu vermeiden, wurden die Böden auf gespann-
ten eisernen Ketten betoniert. Und zu den sicht-
baren inneren Holzkonstruktionen diente das am
Orte ebenfalls und zu billigem Preise verfügbare
Eichenholz, während die Decken und Wände bis zu
späterer dekorativer Ausschmückung weiss verputzt
worden sind. Hand in Hand mit dem Bau des
Wohnhauses ging die Fertigstellung der Garten-
anlage. Schon vor Anbeginn aller Arbeiten wurden
die vorhandenen Baumbestände ergänzt, 1904 zu-
gleich mit dem Beginn des Hauptbaues der Obst-
garten bepflanzt und die eben ausgehobene Mate-
rialgrube in einen tiefliegenden Blumengarten
verwandelt. Dem schon erwähnten Bau des Gärtner-
hauses folgten die Gewächshäuser, die Ställe u. s. w.,
die Anlage der Terrassen und des ummauerten
Gemüsegartens, so dass heute nach kaum zwei Jahren
das Anwesen bewohnbar ist und infolge einer sorg-
samen Behandlung der Gartenanlagen einen voll-
ständig fertigen Eindruck macht. V

Verantwortlicher Herausgeber: M. J. GRADL-Stuttgart, Rotenwaldstrasse 23.
Verlag: JULIUS HOFFMANN-Stuttgart. Druck: Hoffmannsche Buchdruckerei Felix Krais- Stuttgart.

(Der Nachdruck aller in dieser Nummer enthaltenen Artikel und Bilder ist verboten).
 
Annotationen