Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 22.1923

DOI Heft:
Nr. II
DOI Artikel:
Mauritz, R.: Arbeiten von Architekt Philipp Schäfer, Hamburg
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.61847#0097

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
55

ARBEITEN VON ARCHITEKT PHILIPP SCHÄFER, HAMBURG

Es gibt noch genug Leute, selbst unter den Fach-
gelehrten, die der Architektur den Rang als Kunst
— ebenbürtig mit der Malerei und Plastik — ab-
sprechen. Baukunst und Kunstgewerbe sind ihnen
vor allen Dingen Zweckbetätigungen, zu denen die
künstlerische Gestaltung nur als äußeres,dekoratives
Moment hinzutritt. — Nun,über diese Frage brauchen
wir uns hier wohl nicht zu streiten. Der Beweis für
die künstlerische Sendung der Architektur und des
Kunstgewerbes ist schon oft genug geführt worden.
Aber daß derartige Zweifel am Künstlerberuf des
Architekten immer wieder laut werden, muß uns
doch nachdenklich stimmen. Ein großer Teil des
Publikums sieht in der Aufgabe des Baumeisters
viel zu sehr oder fast nur die Lösung der technischen
Aufgabe des Baues und erwartet vom Bau selbst nur
die nüchterne Erfüllung des praktischen Zweckes,
wobei man mit dem Begriff „praktisch“ sich noch
dazu oft in den Fesseln überkommener Vorurteile
befindet. Und auch viele Architekten stellen eben
die technisch-praktische Frage durchaus in den
Vordergrund ihres Interesses-—statt die künstlerische
Idee. Das Problem des Baues als Kunstwerk quält
sie wenig.

Gewiß ist dieBetonungderpraktischenBestimmung
durchaus berechtigt und notwendig, vor allem bei
reinen Nutzbauten. Dieser Gedanke leitet den größten
Teil unserer Architekten. Für sie entsteht nach
Lösung der technischen Frage die Notwendigkeit,
die künstlerische Gestalt des Zweckbaues zu finden.
Auch für den Architekten Philipp Schäfer scheint
die Zweckbestimmung im Vordergrund des Interesses
zu stehen, doch macht sich bei ihm das Ringen um
die künstlerische Form daneben stark bemerkbar.
Am besten gelungen ist ihm die kraftvolle Gestaltung
des Verwaltungsgebäudes. Hier fällt m. E. nur die Be-
krönung des Risalits mit den drei Rundfenstern
etwas aus dem geschlossenen Ganzen heraus. Straffe
Gliederung weist auch das Geschäftshaus Ganz in
Mainz auf, wobei sich allerdings leichte klassizisti-
sche Neigungen einschleichen. Durch das kraftvolle
Kranzgesims werden die beiden unteren Stockwerke
beherrschend zusammengefaßt, das Kellergeschoß
als Sockel betont. Organisch fügt sich auch das dritte
Stockwerk dem Ganzen ein. Vortrefflich ist die
Gliederung der beiden seitlichen Gedenksteine des
Calmerschen Grabes. Das Streben nach neuen
Formen ist nicht zu verkennen. Dr. R. Mauritz.

Architekt Philipp Schäfer, Hamburg
Geschäftshaus L. Ganz, Mainz: Grundrisse des Keller- und Erdgeschosses
 
Annotationen