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Österreichische und schlesische Abhängigkeiten (Heiligenkreuz und Heinrichsau) erklären
die Verwendung deutscher Stilrichtungen bei einigen Bauten der Zisterzienser. Vielleicht
ist der Entwerfer der Abteikirche Zirc in Georg Kalkbrenners Kunstkreis zu suchen, dessen
Fassadenplan an die Stirnfront der Klosterkirche in Leobus erinnert, auch die Grundrisse
scheinen schlesischen Stiftskirchen verwandt zu sein. Und im Zusammenhang mit dem Bern-
hardinerorden tritt zuerst jenseits der Donau jener Meister in den Vordergrund, der die Kunst
der österreichischen Klosterbauer am reinsten und bis zu einer gewissen Stufe weiterentwickelt
nach Ungarn übermittelt hat, Anton Pilgram. Der Entwerfer der Abteikirche St. Gotthard ist
in jenem Kunstkreis herangewachsen, der auch beim Klosterkirchturm Dürnstein, und den
Stiftskirchen in Zwettl und Altenberg künstlerische Spuren hinterlassen hat. Diese zunft-
mäßige Kunst setzt Pilgram fort; so ist eben Dürnstein der Vorgänger des dicken, hohl-
flächigen Kirchturmes in St. Gotthard, und das Innere dieser Kirche in allernächster Ver-
wandtschaft mit Joseph Mungenasts späteren klassisierenden Barockstil, sowie dem seines
Bruders Franz. Auch hier blieb die ungarische Kunstentwicklung im Vergleich mit der öster-
reichischen nicht zurück, Franz Mungenasts Kircheninneres in Herzogenburg, die Chorge-
staltung, die in der Mitte erhobene und auf kräftig erhöhten Zwickeln ruhende Kuppel, die
Säulenanlage und die Pfeiler entstanden in einem rokokomäßigen Klassizismus an beiden
Bauwerken fast zu gleicher Zeit (Herzogenburg 1743ff, St. Gotthard Klosterbaubeginn 1740,
zu welcher Zeit die Planungen bereits voll und ganz abgeschlossen gewesen sein dürften).
Vermöge seiner Ordensbeziehungen ist es Pilgram anläßlich seiner Wiener Bautätigkeit für
die Elisabetherinnen gelungen auch nach Preßburg zu kommen, wo er ihnen die dortige
Nonnenkirche erbaut hat. Dieses Bauwerk ist mit seiner hohlbiegenden und keilartig ge-
brochenen Fassade eine Abart der Kirchen von St. Gotthard und Jäszo, Fäden dieser gleichen
Art führen nach St. Pölten (einstige Karmeliterkirche 1757/68), Dürnstein (Kirchentor 1725),
St. Andrea an der Traisen (1725), sogar nach Würzburg (Neumünster, von 1711 an)*.
Pilgrams einzigartiges, großangelegtes Prachtwerk in Ungarn, das mit seinem mächtigen
Umfang zugleich ohnegleichen sein dürfte, ist allerdings das Kloster in Jäszo. In seinem
blendenden, heimisch-anmutigen Äußeren zeigt es etwas von Hildebrandts System: die
turmartig gegliederten Eckrisaliten, die gebrochenen Giebelfelder und die hohlgerundete
Vorderseite tragen das Gepräge von seinen Nutzanwendungen. Hildebrandts ausführender
Baumeister in Klosterbrück brachte auf ungarischem Boden den Stil der österreichischen
Kirchen und Klöster in Jäszo im Donauraum (und vielleicht überhaupt) am weitesten nach
Osten. Mit der Beihilfe von Antonius Krauss, dem "statuarius jäszöiensis" und J. L. Kracker
verwirklichte sich ein mit einzigartiger Baulust durchgeführtes "Gesamtkunstwerk" öster-
reichischer Gesinnung, welches ebenso auch dort den schönsten seiner Art standzuhalten
vermöchte. Bis zu diesem Hauptwerk, zu diesem klassizistisierend malerischen Rokoko-
System konnte Pilgram nur über seine vorhergehenden Werke stufenweise und nach Preßburg
und St. Gotthard kommen; immer mehr und mehr durchdringt seine Werke ein "Schein-
klassizismus" (Sedlmayr) oder gewissermaßen dekorativer Klassizismus, und entfernt ihn
von dem Kreis, welchem er entstammte. Kein einziger seiner Zunftgenossen in Ungarn ent-
wickelt sich so weit, denn was diese von Pilgrams Schöpfungen (besonders bei den Turm-
bauten) meistens zu übernehmen scheinen, ist noch immer und wieder die ältere, barok-
kisierende Form, wie zum Beispiel beim Turm in Jäszberöny von Jänos Mayerhoffer und
den Türmen der Bartholomäuskirche in Gyöngyös von Käroly Räbel. Die von Pester Bau-
meistern erbaute Kirche in Jäszberöny ist ein auffallender Beweis dafür, wie weit sich Pilgrams
Erbe (wenn auch wesentlich abgeändert) entfaltet: in den hohlgerundeten Wänden und den
Baufiguren des erwähnten Turmes, und in dem etwas später von Jung erbauten Schiff. Diese
* Balthasar Neumann war 1 718 als Kriegsingenieur in Ungarn und beteiligte sich vermutlich
an den Fortifikationsarbeiten in Belgrad, ferner fertigte er Risse für die Bauten auf dem
Landgut Schönborn in Munkäcs (Munkadevo) an. Vgl. Andor Sass: Szazadok, 1931, Nos
1 bis 3 (mit weiterer Bibliographie).
Österreichische und schlesische Abhängigkeiten (Heiligenkreuz und Heinrichsau) erklären
die Verwendung deutscher Stilrichtungen bei einigen Bauten der Zisterzienser. Vielleicht
ist der Entwerfer der Abteikirche Zirc in Georg Kalkbrenners Kunstkreis zu suchen, dessen
Fassadenplan an die Stirnfront der Klosterkirche in Leobus erinnert, auch die Grundrisse
scheinen schlesischen Stiftskirchen verwandt zu sein. Und im Zusammenhang mit dem Bern-
hardinerorden tritt zuerst jenseits der Donau jener Meister in den Vordergrund, der die Kunst
der österreichischen Klosterbauer am reinsten und bis zu einer gewissen Stufe weiterentwickelt
nach Ungarn übermittelt hat, Anton Pilgram. Der Entwerfer der Abteikirche St. Gotthard ist
in jenem Kunstkreis herangewachsen, der auch beim Klosterkirchturm Dürnstein, und den
Stiftskirchen in Zwettl und Altenberg künstlerische Spuren hinterlassen hat. Diese zunft-
mäßige Kunst setzt Pilgram fort; so ist eben Dürnstein der Vorgänger des dicken, hohl-
flächigen Kirchturmes in St. Gotthard, und das Innere dieser Kirche in allernächster Ver-
wandtschaft mit Joseph Mungenasts späteren klassisierenden Barockstil, sowie dem seines
Bruders Franz. Auch hier blieb die ungarische Kunstentwicklung im Vergleich mit der öster-
reichischen nicht zurück, Franz Mungenasts Kircheninneres in Herzogenburg, die Chorge-
staltung, die in der Mitte erhobene und auf kräftig erhöhten Zwickeln ruhende Kuppel, die
Säulenanlage und die Pfeiler entstanden in einem rokokomäßigen Klassizismus an beiden
Bauwerken fast zu gleicher Zeit (Herzogenburg 1743ff, St. Gotthard Klosterbaubeginn 1740,
zu welcher Zeit die Planungen bereits voll und ganz abgeschlossen gewesen sein dürften).
Vermöge seiner Ordensbeziehungen ist es Pilgram anläßlich seiner Wiener Bautätigkeit für
die Elisabetherinnen gelungen auch nach Preßburg zu kommen, wo er ihnen die dortige
Nonnenkirche erbaut hat. Dieses Bauwerk ist mit seiner hohlbiegenden und keilartig ge-
brochenen Fassade eine Abart der Kirchen von St. Gotthard und Jäszo, Fäden dieser gleichen
Art führen nach St. Pölten (einstige Karmeliterkirche 1757/68), Dürnstein (Kirchentor 1725),
St. Andrea an der Traisen (1725), sogar nach Würzburg (Neumünster, von 1711 an)*.
Pilgrams einzigartiges, großangelegtes Prachtwerk in Ungarn, das mit seinem mächtigen
Umfang zugleich ohnegleichen sein dürfte, ist allerdings das Kloster in Jäszo. In seinem
blendenden, heimisch-anmutigen Äußeren zeigt es etwas von Hildebrandts System: die
turmartig gegliederten Eckrisaliten, die gebrochenen Giebelfelder und die hohlgerundete
Vorderseite tragen das Gepräge von seinen Nutzanwendungen. Hildebrandts ausführender
Baumeister in Klosterbrück brachte auf ungarischem Boden den Stil der österreichischen
Kirchen und Klöster in Jäszo im Donauraum (und vielleicht überhaupt) am weitesten nach
Osten. Mit der Beihilfe von Antonius Krauss, dem "statuarius jäszöiensis" und J. L. Kracker
verwirklichte sich ein mit einzigartiger Baulust durchgeführtes "Gesamtkunstwerk" öster-
reichischer Gesinnung, welches ebenso auch dort den schönsten seiner Art standzuhalten
vermöchte. Bis zu diesem Hauptwerk, zu diesem klassizistisierend malerischen Rokoko-
System konnte Pilgram nur über seine vorhergehenden Werke stufenweise und nach Preßburg
und St. Gotthard kommen; immer mehr und mehr durchdringt seine Werke ein "Schein-
klassizismus" (Sedlmayr) oder gewissermaßen dekorativer Klassizismus, und entfernt ihn
von dem Kreis, welchem er entstammte. Kein einziger seiner Zunftgenossen in Ungarn ent-
wickelt sich so weit, denn was diese von Pilgrams Schöpfungen (besonders bei den Turm-
bauten) meistens zu übernehmen scheinen, ist noch immer und wieder die ältere, barok-
kisierende Form, wie zum Beispiel beim Turm in Jäszberöny von Jänos Mayerhoffer und
den Türmen der Bartholomäuskirche in Gyöngyös von Käroly Räbel. Die von Pester Bau-
meistern erbaute Kirche in Jäszberöny ist ein auffallender Beweis dafür, wie weit sich Pilgrams
Erbe (wenn auch wesentlich abgeändert) entfaltet: in den hohlgerundeten Wänden und den
Baufiguren des erwähnten Turmes, und in dem etwas später von Jung erbauten Schiff. Diese
* Balthasar Neumann war 1 718 als Kriegsingenieur in Ungarn und beteiligte sich vermutlich
an den Fortifikationsarbeiten in Belgrad, ferner fertigte er Risse für die Bauten auf dem
Landgut Schönborn in Munkäcs (Munkadevo) an. Vgl. Andor Sass: Szazadok, 1931, Nos
1 bis 3 (mit weiterer Bibliographie).