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Moller, Georg; Gladbach, Ernst
Denkmähler der deutschen Baukunst (Band 1): Beiträge zur Kenntniss der deutschen Baukunst des Mittelalters: enthaltend eine chronologisch geordnete Reihe von Werken, aus dem Zeitraume vom achten bis zum sechszehnten Jahrhundert von Georg Moller — Darmstadt, 1821

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https://doi.org/10.11588/diglit.8366#0019
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Werken griechischer Kunst. Auch in Rom hlühete die Baukunst, aber so treff-
lich im Plan und in der Konstruktion die den Römern eigenthümlichen Gebäude,
ihre Basilisken, Amphitheater, Brücken, Wasserleitungen, Straften und Bäder sind,
so haben doch die römischen Tempel , Nachahmungen der griechischen, bei gröfserer
Pracht und Ausdehnung nicht die Einfachheit in den Formen und die Reinheit des StyLs,
welche die griechischen Werke auszeichnen. Die Hetrurier in Mittelitalien, nach ihren
Werken zu urtheilen, ein hochgebildetes Volk, übten die Baukunst mit dem gröftten
Erfolg am, und hatten nicht nur, wie die Egypter und Griechen, die Kunst mit grofsen
Werkstücken ohne Mörtel zu bauen, sondern sie führten auch die dauerhaftesten Ge-
wölbe auf. (*) Die Römer in der Mitte zwischen Grofsgriechenland und Hetrurien ge-
legen , selbst mehr kriegerisch, als die Künste ausübend, nahmen griechische und he-
trurische Baukunst bei sich auf, und bedienten sich sowohl der Gewölbe, als der Säu-
lenstellungen bei ihren Gebäuden. Die Reste der Villa des Mäcens zu Tivoli, das Pan-
theon und so manche ähnliche Werke setzen durch ihre Gröfse in Erstannen und er-
freuen durch die treffliche und sinnreiche Construction der grofsen Gewölbe, welche
sich unversehrt erhalten haben. Harmonisch mit der Form der Deckengewölbe mufsten,
da, wo diese wraren, auch Fenster und Thüröffnungen gewölbte Bedeckungen erhalten j
aber die Säulen, welche nicht im Stande waren, den Druck grofser Gewölbe zu ertra-
gen, verloren durch die Einführung der letztern ihre wesentliche Bestimmung. Als
Verzierungen in gewölbten Gebäuden beibehalten, wurden sie freistehend, wie im In-
nern des Pantheons; oder halbvorstehend an der Mauer, wie in der Villades Mäcens,
am Theater des Marcellus und dem Coliseum angewandt. — Diese Verbindung der Ge-
wölbe mit Säulen und horizontalen Architraven , Theile, welche ursprünglich ganz hete-
rogen sind , ist meines Erachtens der einfache Schlüssel des Riithsels, welches die spätere
römische und byzantinische Baukunst, so wie die Bauart des ganzen Mittelalters bis zur
letzten Hälfte des 1 2 Jahrhunderts in allen Ländern von Europa durch häufige Dishar-
monie der angewandten Formen und Constructionsweise darbietet, und zu dessen
Auflösung so viele Hypothesen erdacht sind. Konnte mau, wie im Friedenstempel, un-
geheuere Kreuzgewölbe, wenn auch nur scheinbar, auf Säulen ulid ihr Gebälke setzen
so war kein Grund vorhanden, bei kleinern Entfernungen dieselben nicht ebenfalls durch
Bogen, anstatt durch horizontale Architrave zu verbinden. Eben so wenig konnte
man Anstand nehmen, die Säulen, die man in den meisten Fällen schon gewohnt war,
als blofse nur dem Schein nach wesentliche Zierden anzusehen , welche ohne Nachlheil

(*) Der bewundernswürdige Kanal zur Ableitung der Unreinigkdten in Rom, die Cloaca maxima , wurde von den Tar-
quimeru erbaut, und kann all ein Werk hetrurincher Baumeister angesehen werden.
 
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