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Moller, Georg; Gladbach, Ernst
Denkmähler der deutschen Baukunst (Band 1): Beiträge zur Kenntniss der deutschen Baukunst des Mittelalters: enthaltend eine chronologisch geordnete Reihe von Werken, aus dem Zeitraume vom achten bis zum sechszehnten Jahrhundert von Georg Moller — Darmstadt, 1821

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https://doi.org/10.11588/diglit.8366#0020
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der Festigkeit fehlen konnten, auch da anzubringen, wo sie selbst ohne scheinbaren
Zweck nur zur Verschönerung dienen sollten.

So ausgeartet sehen wir die römische Baukunst vor dem Einfall der Barbaren unter
Diokletian, dem letzten Kaiser vor der Einführung des Christenthums. In seinen Bä-
dern zu Rom finden wir grofse Kreuzgewölhe auf Säulen, und ausserhalb auf dem
Dache die schiefen Strebepfeiler mit' Durchgängen, welche in der Folge an den gröfsern
Kirchen so zierlich ausgebildet wurden. In seinem Pallast zu Spolatro sind die Säulen-
gange der Höfe durch Bögen verbunden, welche unmittelbar auf den Säulen aufsitzen,
und über dem Haupteingang des Pallastes, der Porta aurea, sind kleine Säulen-
stellungen ebenfalls mit Bögen verbunden, als Zierrath angebracht. Alles dieses
zeigt, wie mit dem Verfall des Reichs auch der, der Künste verbunden war, und
dafs dieser lange vor dem Einfall fremder Völker durch Römer seihst herbeigeführt
wurde.

Als Constantin den Sitz des römischen Reichs nach Byzanz verlegte, und das Chri-
stenthum alleinige Staatsreligion wurde, da schien es hätte die Baukunst durch die grofsen
Werke, welche die Kaiser zur Verschönerung ihrer neuen Residenz aufführten (*) einen
frischen Glanz erhalten müssen. Ob von den zu Byzanz damals ausgeführten Werken,
etwas bis auf unsere Zeiten gekommen, ist mir nicht bekannt, wenn man aber sie-
het, wie die Gebäude zu Rom: namentlich der Triumphbogen des Constantin in so
weit er damals neu gemacht wurde, gearbeitet sind, so überzeigt man sich, wie sehr
das unglückliche Rom bereits gesunken war. Der Verfall der Künste sowohl, als die
Ahnahme des allgemeinen Wohlstandes veranlafsten seit Constantins Zeiten die Sitte ,
alte Gebäude abzubrechen und mit den Materialien neue aufzuführen. Begreiflich
konnten die so angewandten Säulen und andere Theile der alten Gebäude unmöglich
zu den neuen passen. Eine grofse Vernachlässigung aller richtigen Verhältnisse war die
natürliche Folge dieses verderblichen Gebrauchs. Die Bauart der Häuser und die Fe-
stungsbaukunst , von welcher damals mehr als jetzt die Existenz der R.eiche abhing,
blieben wahrscheinlich am meisten unverändert. Die Mauern und Thürme des Pallastes
zu Spolatro so wie viele andere Werke jener Welt zeigen noch jetzt eine grofse Festig-
keit und das oft wankende morgenländische Kaiserthum hatte mehrmals seine Erhal-
tung während eilf Jahrhunderten nur der Festigkeit und Höhe der Mauern und Thürme
von Byzanz zu verdanken. Um so mehr änderte sich aber die Bauart der gottesdienst-
lichen Gebäude. — Die Tempel ursprünglich nie zur Aufnahme grofser Versammlungen
in ihrem Innern bestimmt, waren entweder nicht grofs genug, um als Kirchen dienen

(*) Siehe Gibbons Geschieht« des Verfalls des romischen Reichs.
 
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