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Moller, Georg; Gladbach, Ernst
Denkmähler der deutschen Baukunst (Band 1): Beiträge zur Kenntniss der deutschen Baukunst des Mittelalters: enthaltend eine chronologisch geordnete Reihe von Werken, aus dem Zeitraume vom achten bis zum sechszehnten Jahrhundert von Georg Moller — Darmstadt, 1821

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https://doi.org/10.11588/diglit.8366#0025
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das Bild, welches Tacitus von den Deutschen seiner Zeit macht, wie wenig die Künste
im Allgemeinen hei ihnen cultivirt waren. Die von den Römern beherrschten und
civilisirten Provinzen Süddeutschlands und die Rhein lande erhielten dagegen frühzeitig
gröfsere Bildung und sahen hei sich die römische Baukunst blühen, wie dieses die häu-
figen Reste von Gebäuden aus diesem Zeitraum bezeugen. Als das Christenthum im
römischen Reich herrschend wurde, bauete man, wie dieses durch Urkunden erhellet,
auch in Deutschland Kirchen; namentlich in Oesterreich, Baiern und am Rhein. Von
diesen älteren christlich römischen Gebäuden, deren wir in Italien so viele finden, ist
mir jedoch in Deutschland bisher noch kein Ueberrest bekannt geworden. Auf Jahrhun-
derte der Verwüstung beginnt zuerst mit der Regierung Karls des Grofsen eine feste Ge-
schichte unsers Vaterlandes, und von ihm, der kein Gallier, sondern der Abstammung
und Geburt nach ein Deutscher war, fängt die Reihe unserer architektonischen Urkun-
den an. An seinem Hofe, wie an dem der frühern fränkischen Könige war bekannt«
lich alles, was auf Wissenschaft und Kunst Bezug hatte, römischen Ursprungs. Die
Baukunst, welche mehr wie alle andere Künste durch den Einllufs der Religion be-
dingt ward, indem der Tempel bei vielen Nationen ihr einziger, bei allen aber ihr
höchster Gegenstand ist, wurde mit der Verbreitung der christlichen Religion ein noth-
wendiges Bedürfnifs, und so ausgeübt, wie dieselbe damals im griechisch römischen
Reiche seit den Zeiten Constantins, bei den zum Gottesdienst erforderlichen Gebäuden
üblich wrar. — Die Domkirche zu Achen und die Vorhalle des alten Klosters Lorsch (*)
unweit Worms an der Eergstrafse, sind die einzigen mir bekannten Gebäude, welche
in Deutschland von Kaiser Karls Zeiten übrig sind. Letzteres ist in ganz verdorbenem
römischen Styl, wie wir ihn nach dem Verfalle des Reichs an Gebäuden, Sarkophagen
und auf Gemälden sehen. (**)

Ein ähnliches Verhältnifs ungleicher Bildung, wie zwischen Italien und Deutsch-
land , fand aber auch unter den Theilen des letzteren statt. Am Rhein und in Süd-
deutschland halten sich Städte und in ihnen die Künste des Friedens und die christliche
Religion aus den Zeiten, als diese Gegenden zum römischen Reiche gehörten erhalten,
Während das nördliche und östliche Deutschland noch roh und dem Heidenthum erge-
hen war. Die Einführung des Christenthums und stufenweise Bildung gieng also mit

(*) S- (las erste Blatt der Denkmäliler.

(**) Diese Ansicht der ersieu Entwicklung der deutschen Baukunst, welche Herr Professor Fiorillo aus den Urkunden
schöpfte uud in der Einleitung zu seiner trefflichen Geschichte der zeichnenden Künste ausspricht , eihielt der Herausgeber
der Denhmähler durch die Untersuchung der alten Bauwerke selbst. Ein langer Aufenthalt desselben in ilalien wo er die
dort befindlichen Werke aus der Zeit de» Verfalls des römischen Reiches mit Sorgfalt betrachtete, setzte denselben in den
Stand, die in Deutschland befindlichen alleren Bauwerke mit jenen KU vergleichen uud eiu bestimmtes Resultat zu erhallen.
 
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