Gemälde aus der Sammlung Dr. Hofstede de Groot
im Haag
Von Kurt Preise (Haag)
Der Initiative des Direktors des Museum Boymans in Rotterdam, des Herrn
F. Schmidt-Degener ist es zu danken, daß während der Monate September und
Oktober die Gemälde-Sammlung von Herrn Dr. Hofstede de Groot (Haag) im Museum
Boymans leihweise ausgestellt war. So konnten sich auch weitere Kreise von Kunst-
freunden an der schönen Sammlung erfreuen. Der Kunsthistoriker, dem die meisten Bilder
Dr. Hofstede de Groots noch besonderes Interesse bieten, hatte Gelegenheit, an dieser
Stelle mit Muße die Sammlung zu studieren. Damals neigte sich aber die Reisezeit
bereits sehr ihrem Ende zu. Die Zahl der ausländischen Besucher wird somit wohl
doch nicht besonders groß gewesen sein, sodaß ich glaube, durch die photographische
Wiedergabe der einzelnen Gemälde manchen Wünschen nachzukommen. Für die mir
hierzu freundlichst erteilte Erlaubnis spreche ich Herrn Dr. Hofstede de Groot auch
an dieser Stelle meinen Dank aus.
In der Sammlung Dr. Hofstede de Groots erwartet man wohl zunächst Bilder
von den drei ganz Großen: Rembrandt, Fabritius und Vermeer, mit denen der Name
Hofstede de Groot eng verknüpft ist. Wenn nun auch nicht alle drei Meister in
seinem Hause mit Originalen anzutreffen sind, so sind doch Rembrandt — durch ungefähr
achtzig Handzeichnungen und ein kleines Gemälde der Saskia — sowie Carel Fabritius
vertreten. Dieser äußerst seltene Maler dazu mit einer ganz hervorragenden Porträt-
studie eines alten bärtigen Mannes (Abb. 1), die fraglos das wertvollste Stück der
Sammlung ist. Mit diesem Bild will ich deshalb auch meine Anmerkungen zu den
Reproduktionen beginnen. Erst vor nicht allzulanger Zeit tauchte dies Gemälde im
Londoner Kunsthandel auf, um eine unerwartete, wertvolle Bereicherung des nur zu
kleinen noch erhaltenen CEuvre von Carel Fabritius zu bilden. Die erste Nachricht von
dem „neuen Fabritius" traf hier im Haag Anfang 1907 ein und kam von den Kunst-
händlern Dowdeswell & Dowdeswells. Wie gewöhnlich stand man auch in diesem
Falle dem nackten Berichte eines plötzlich wieder aufgefundenen Gemäldes von einem
Meister wie Fabritius etwas skeptisch gegenüber, verhielt sich zum mindestens erst
abwartend. Die bald danach eingetroffene Photographie rief jedoch rasch eine
Änderung hervor. Denn schon aus ihr konnte man erkennen, daß hier eine wirkliche
Künstlerhand am Werke gewesen war. Äußerst flott und dabei mit sicheren Strichen
waren die Züge des alten Herrn auf dem Malbrett festgehalten. Die Modellierung des
Kopfes war ausgezeichnet; klar und deutlich. Die Stoffbehandlung trotz des geringen
Aufwandes an technischen Mitteln vorzüglich. Eigentümlich berührte die Art des Bild-
ausschnittes: daß die Hutkrämpe rechts und links vom Bildrahmen überschnitten war,
und daß der Hut oben bis hart an den Rand des Bildes hinanreicht. Der Kopf füllt
so ganz die Fläche, strebt gewissermaßen über die Begrenzungslinien hinaus und wirk!
dadurch größer. Der ziemlich gleichmäßig helle Hintergrund war für Fabritius ebenso
im Haag
Von Kurt Preise (Haag)
Der Initiative des Direktors des Museum Boymans in Rotterdam, des Herrn
F. Schmidt-Degener ist es zu danken, daß während der Monate September und
Oktober die Gemälde-Sammlung von Herrn Dr. Hofstede de Groot (Haag) im Museum
Boymans leihweise ausgestellt war. So konnten sich auch weitere Kreise von Kunst-
freunden an der schönen Sammlung erfreuen. Der Kunsthistoriker, dem die meisten Bilder
Dr. Hofstede de Groots noch besonderes Interesse bieten, hatte Gelegenheit, an dieser
Stelle mit Muße die Sammlung zu studieren. Damals neigte sich aber die Reisezeit
bereits sehr ihrem Ende zu. Die Zahl der ausländischen Besucher wird somit wohl
doch nicht besonders groß gewesen sein, sodaß ich glaube, durch die photographische
Wiedergabe der einzelnen Gemälde manchen Wünschen nachzukommen. Für die mir
hierzu freundlichst erteilte Erlaubnis spreche ich Herrn Dr. Hofstede de Groot auch
an dieser Stelle meinen Dank aus.
In der Sammlung Dr. Hofstede de Groots erwartet man wohl zunächst Bilder
von den drei ganz Großen: Rembrandt, Fabritius und Vermeer, mit denen der Name
Hofstede de Groot eng verknüpft ist. Wenn nun auch nicht alle drei Meister in
seinem Hause mit Originalen anzutreffen sind, so sind doch Rembrandt — durch ungefähr
achtzig Handzeichnungen und ein kleines Gemälde der Saskia — sowie Carel Fabritius
vertreten. Dieser äußerst seltene Maler dazu mit einer ganz hervorragenden Porträt-
studie eines alten bärtigen Mannes (Abb. 1), die fraglos das wertvollste Stück der
Sammlung ist. Mit diesem Bild will ich deshalb auch meine Anmerkungen zu den
Reproduktionen beginnen. Erst vor nicht allzulanger Zeit tauchte dies Gemälde im
Londoner Kunsthandel auf, um eine unerwartete, wertvolle Bereicherung des nur zu
kleinen noch erhaltenen CEuvre von Carel Fabritius zu bilden. Die erste Nachricht von
dem „neuen Fabritius" traf hier im Haag Anfang 1907 ein und kam von den Kunst-
händlern Dowdeswell & Dowdeswells. Wie gewöhnlich stand man auch in diesem
Falle dem nackten Berichte eines plötzlich wieder aufgefundenen Gemäldes von einem
Meister wie Fabritius etwas skeptisch gegenüber, verhielt sich zum mindestens erst
abwartend. Die bald danach eingetroffene Photographie rief jedoch rasch eine
Änderung hervor. Denn schon aus ihr konnte man erkennen, daß hier eine wirkliche
Künstlerhand am Werke gewesen war. Äußerst flott und dabei mit sicheren Strichen
waren die Züge des alten Herrn auf dem Malbrett festgehalten. Die Modellierung des
Kopfes war ausgezeichnet; klar und deutlich. Die Stoffbehandlung trotz des geringen
Aufwandes an technischen Mitteln vorzüglich. Eigentümlich berührte die Art des Bild-
ausschnittes: daß die Hutkrämpe rechts und links vom Bildrahmen überschnitten war,
und daß der Hut oben bis hart an den Rand des Bildes hinanreicht. Der Kopf füllt
so ganz die Fläche, strebt gewissermaßen über die Begrenzungslinien hinaus und wirk!
dadurch größer. Der ziemlich gleichmäßig helle Hintergrund war für Fabritius ebenso